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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality
Autoren: Jennifer Benkau
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wunden Punkt mit dem ersten Schuss getroffen.
    „Es ist besser für ihn.“ Seine Stimme klang, als glaubte er tatsächlich daran. „Ich bevormunde ihn und lasse ihn nicht erwachsen werden. Außerdem bin ich schon zu lange geblieben, nur weil ich mich nicht getraut habe, ihn zu verlassen.“
    „Du hast recht , er ist gewachsen.“ Manchmal glaubte sie, Junias war inzwischen erwachsener als sein Bruder. „Das Mädchen, diese Amy, sie scheint ihm gutzutun .“
    „Ja.“ Er presste die Lippen kurz und heftig aufeinander. „Sinead, bitte hab ein Auge auf ihn. Pass ein wenig auf ihn auf. Er ist ein Hitzkopf und er … Pass einfach auf, dass es ihm gut geht, okay? Und sag mir Bescheid, wenn etwas sein sollte.“
    „Ich weiß nicht, warum du nicht noch ein oder zwei Jahre wartest. Ich verstehe deinen Schmerz, aber meinst du nicht, du übertreibst ein wenig? Du hast diese Vampirin bloß so kurz gekannt.“
    Er schwieg. Schließlich schluckte er, nickte dann und schwieg erneut.
    „Ich habe sie überhaupt nicht gekannt“, flüsterte er endlich wie zu sich selbst. „Und doch habe ich sie besser gekannt als jeder andere auf der Welt. Ich bin der Letzte, der noch weiß, wie sie wirklich war.“
    „Ich glaube, du tust dir einfach gern selbst leid.“
    Er ließ sich nicht aus der Reserve locken, sondern blieb gelassen. „Irgendwem muss ich ja leidtun. Und da dich alles kalt lässt …“
    „Ach, Jamie!“ Sinead lächelte, aber es war ein gequältes Lächeln. „Versink nicht zu sehr in der Sache. Du kommst darüber hinweg.“
    „Ja, tu ich. Klar. Aber jetzt noch nicht. Ich will es noch gar nicht. Lass mir noch ein bisschen Zeit.“ Er warf ihr ein plötzlich sehr spitzbübisch gewordenes Grinsen zu. „Zeit hab ich doch im Überfluss, oder?“
    „Wenn du darauf bestehst, dann genieß dein Elend. Du stehst auf Schmerzen, hm?“
    „Wie kommst du darauf?“
    Sinead griff nach seiner linken Hand, schob den Ärmel seiner Jacke ein Stück zurück und entblößte die Tätowierung, die die Haut darunter zierte: Eine Schlange, in hauchfeinen schwarzen und roten Linien filigran geschuppt, wand sich um die Hälfte seines Unterarms und bildete einen seltsamen Kontrast auf der im Mondlicht silbrig blassen Haut. Ihr Kopf lag an der Innenseite seines Handgelenks, genau über dem empfindlichen Puls.
    „Was ist das?“
    „Nichts.“ Seine Stimme ließ unausgesprochen sehr deutlich durchhängen, dass er lieber Das geht dich nichts an! gesagt hätte.
    „Sie beißt dich?“ Sinead verzog auf sein Nicken abfällig den Mund. „Masochist, ich sagte es ja. Das tut doch weh.“
    „Nicht nur“, entgegnete Jamian, schob den Stoff behutsam wieder über seinen Arm und sah in den fließenden Bach unter ihnen. Wie kleine, kenternde Boote wurden Blätter und Ästchen von der Strömung mitgerissen. „Sie beißt mich. Und sie passt auf, dass es niemand anders tut. Sie tut mir weh und das tröstet mich, verstehst du?“
    Sinead wollte das gar nicht verstehen. Sie stellte die Füße auf der schmalen Mauer ab, legte sich auf den Rücken, verschränkte die Arme vor der Brust und sah in den Himmel.
    „Verrate mir mal, wie man sich als Kienshi überhaupt tätowieren lassen kann. Das ist eigentlich nicht möglich. Warum stößt deine Haut die Farbe nicht ab?“
    „Hat sie.“ Ein Seufzen. „Dann bin ich auf die Idee gekommen, vor dem zweiten Versuch eine Weile enthaltsam zu leben. Ich habe die Woche zuvor keinen Menschen angerührt und danach eine weitere gute Woche nicht, bis die Haut von allein halbwegs verheilt war. Dadurch blieb die Farbe drin, mein Körper hatte nicht die Kraft, sie abzustoßen.“
    Ungläubig schnaubte Sinead. „Zwei Wochen? Bist du lebensmüde oder einfach bescheuert? Der Mensch, der dir danach unter die Finger kam, kann froh sein, dass du ihn nicht umgebracht hast.“
    „Wer sagt dir, dass ich es nicht getan habe?“
    Sinead schoss hoch und starrte ihn entgeistert an, doch er grinste nur.
    „Erwischt. Nein, keine Sorge, ich hab ihn nicht getötet. Aber es war knapp, du hast recht.“
    „Vollidiot!“, murmelte Sinead und ließ sich wieder auf den Rücken sinken.
    „Weißt du, was ich mich immer frage?“, sinnierte er, die Beleidigung ignorierend. „Warum hat sie mir nicht ein bisschen mehr vertraut? Wir haben diesen Vampir erledigt. Warum hat sie mir das nicht zugetraut? Hätte sie mehr in mir gesehen als einen wehrlosen Jungen, dann würde sie heute noch leben.“
    Sie war es vermutlich gewohnt, die Dinge allein
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