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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality
Autoren: Jennifer Benkau
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hoch.
    „Du ziehst zurück zu deiner Tante?“ Sinead sprach leise, obwohl ihr klar war, dass diese Tante dennoch lauschen würde.
    Junias verzog den Mund. „Muss ich wohl. Ich darf hier nicht allein wohnen bleiben. Bis ich volljährig bin , steht Glen Mertha unter dem Schutz des Senats, sobald Jamian weg ist. Was soll ich also noch hier?“
    „Das stinkt dir, was? Aber dir sollte doch klar sein, dass du kaum allein über Glen Mertha wachen kannst. Wir wissen schließlich immer noch nicht, warum diese Rachel verschwunden ist. Und die Vampirin, die damals vor dem Kampf geflüchtet ist, könnte auch Rachegedanken hegen. Höchstwahrscheinlich war einer der Toten ihr Partner. Die Zeiten sind zu kritisch, als dass du allein in Glen bleiben könntest.“
    „Ach, wenn’s nur das wär!“ Junias pfefferte ein paar CDs in einen Karton. Er schien mehr sagen zu wollen, doch er schwieg.
    Sinead ahnte, was ihm auf der Seele lag. „Er kann kaum ewig hierbleiben, oder? Früher oder später wird den Menschen auffallen, dass er sich nicht verändert.“ Ihr glaubte auch bald niemand mehr, dass sie fast Mitte zwanzig war, obwohl sie immer noch aussah wie eine Schülerin. „Wie stellst du dir das vor? Willst du Jamie dein Leben lang im Keller verstecken?“
    „Nein. Aber ich hätte nicht gedacht, dass er jetzt schon geht.“
    „Dito“, gab sie zu. „Das hätte ich auch nicht gedacht. Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, er würde nicht einmal darüber nachdenken, ein Jäger zu werden und sich stattdessen für den Senat bewerben. Na ja“, sie versuchte , Junias mit einem Lächeln aufzumuntern, „vielleicht schafft er die Ausbildung nicht. Das ist eigentlich zu erwarten, der körperlich Stärkste ist dein Bruder nicht gerade.“
    Junias ließ sich resigniert auf die Sofalehne sinken. „Und wenn er es doch schafft? Er ist stur.“
    „Ungelegte Eier“, entschied Sinead. „Wo ist er denn überhaupt? Muss er nicht bald los, wenn er seinen Flieger nicht verpassen will?“
    „In zwei Stunden wollen wir fahren.“ Junias verhakte nervös seine Finger ineinander und sah aus dem Fenster in die Dunkelheit. „Die Koffer hat er schon aufgegeben, deshalb bleibt noch Zeit. Er wollte vorher noch mal in den Wald hinterm Haus. Allein sein. Er kann nicht mehr genug vom Alleinsein bekommen.“
    „Dann werde ich mal gucken, ob ich ihn finde.“
    „Keine gute Idee.“
    Sinead schnalzte mit der Zunge, verließ das Haus und umrundete es. Jamian würde es ihr sagen, wenn sie ungelegen kam. Da kannte er nichts.
    Zwischen den Bäumen war es bereits vollkommen dunkel , und als die Lichter des Hauses nicht mehr zu erkennen waren, musste sie zugeben, dass es ein schöner Herbstabend war. Der Wind ließ das Laub wild herumfliegen und Wolkenfetzen trieben wie eilende Vogelschwärme den Himmel entlang. Wenn sie sich vor den Mond setzten, leuchteten ihre Umrisse in eisigem silberblau vor der Schwärze des Himmels.
    „Romantische Grabesstimmung“, murmelte Sinead. Na toll. Jamians Laune würde dementsprechend ausfallen. Himmel, der Junge war ja schon am Tag kaum mehr zu ertragen.
    Sie erreichte einen Pfad, der durch den Wald führte , und folgte ihm ein Stück. Am Wasserrauschen erkannte sie, dass sie sich einem Bach näherte und dann sah sie auch schon die uralte, steinerne Brücke, die darüber hinwegführte . Jamian hatte die Arme auf die Brüstungsmauer gestützt und blickte ins Wasser. Ein anrührendes Bild.
    „Sag mal, Jamie“, spottete sie leise. „Verursacht deine Melancholie dir selbst eigentlich manchmal Anfälle von Brechdurchfall?“
    Er antwortete nicht, lächelte nur schwach, wohl aus reiner Höflichkeit. Sinead setzte sich neben ihm auf die Mauer wie auf einen Pferderücken und ließ die Beine baumeln.
    „Du denkst, dass du das Richtige tust?“, fragte sie, ohne sich mit Belanglosigkeiten aufzuhalten. „Indem du gehst, meine ich.“
    „Sonst würde ich es kaum tun, oder? Sin, ich muss hier weg. Ganz egal, wie oder wohin. Ich jage das Haus in die Luft und brenne das ganze Dorf nieder, wenn ich nicht gehe. Ich kämpfe jeden Tag dagegen an.“
    „So schlimm?“
    Er lächelte sanft. Das Lächeln war eine Maske, erkannte sie plötzlich und nur für einen Augenblick, als hätte er ihr ganz bewusst einen einzigen Blick dahinter gestattet. „Schlimmer.“
    „Es überrascht mich trotzdem. Ich hätte nicht gedacht, dass du Junias im Stich lässt.“
    Jamians Gesicht regte sich nicht, doch Sinead war sich dennoch bewusst, dass sie den
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