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Bossing - wenn der Chef mobbt

Titel: Bossing - wenn der Chef mobbt
Autoren: Helmut Fuchs , Andreas Huber
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I. Vorwort: Bossing ist Mobbing – genauso, ähnlich oder anders?
    Bossing ist von oben erklärter und geführter Psychokrieg: vom Boss, von Chefs und Führungskräften, die weisungsabhängige Mitarbeiter um jeden Preis mit allen Mitteln vernichten wollen.
    Mobbing wurde lange Zeit unterschätzt oder ausgeblendet – viele Betroffene galten noch in den 1990er Jahren mehrheitlich als Mimosen, Neurotiker oder Psychotiker. Das hat sich in den letzten Jahren deutlich gebessert: Mittlerweile wissen Betriebsräte, Mediziner und Psychologen besser Bescheid über die existenzielle Problematik, auch Politik und Rechtssprechung haben die bedrohlichen Vorgänge der Arbeitswelt erkannt.
    Längst ist aber nicht alles im Reinen oder läuft mehrheitlich in die richtige Richtung. Weiterhin gibt es einen gravierenden blinden Fleck, fast schon eine tabuähnliche Wahrnehmungsstörung: Mobbing ist entgegen weitverbreiteter Vorurteile keine überwiegend »kollegiale Angelegenheit« – in aller Regel bedeutet Mobbing Bossing.
    Gemobbt wird überall und in allen Branchen, in Krankenhäusern und bei der Polizei, in Kleinfirmen ebenso wie in Großunternehmen und in Staatseinrichtungen. Angestellte sind ebenso betroffen wie Beamte und Arbeiter. In mindestens jedem zweiten Fall agiert der Boss oder Vorgesetzte als Mobber: »Etwa 50 Prozent der Vorgesetzten sind aktive Mobberlnnen«, dokumentiert der Ver.di-Mobbingreport von 2006. Entsprechend des Reports verhalten sich 37,5 Prozent mobbingbegünstigend, nur 12,5 Prozent gingen verantwortlich mit ihrer Rolle um.
    Diese Sicht der Dinge richtet sich nicht gegen das Kapital oder die Arbeitgeber. Sie entspricht den realen Verhältnissen. »Zugespitzt formuliert ist ein typischer Mobber«, bilanzieren die Autoren der staatlich beauftragten Repräsentativstudie Mobbing-Report 2002, »ein männlicher Vorgesetzter zwischen 35 und 54 Jahren, der bereits langjährig im Betrieb beschäftigt ist.«
    Solche Erkenntnisse scheinen sich im Alltag zu verflüchtigen. Mobbing sehen viele Menschen nach wie vor als »Kollegen-Killing«. Auch Mobbingexperten räumen dem Bossing nur ausnahmsweise den entsprechenden Stellenwert ein. Unter denArbeitspsychologen spricht unseres Wissens nach einzig der Frankfurter Mobbingforscher Dieter Zapf wiederholt davon, dass in 70 Prozent der Mobbingfälle die Chefs die Täter sind. Er fordert demgemäß eine eigenständige Bossingforschung. Bisher umsonst: Bis zum Herbst 2008 konnten wir keine deutschsprachigen Fachpublikationen, Diplomarbeiten oder Dissertationen über Bossing recherchieren. Neben einigen eigenen Erfahrungen oder Kollegenberichten sind wir daher auf fast detektivische Kleinarbeit angewiesen, auch wenn sich in manchen Arbeiten einige Erkenntnis-Mosaiksteinchen in der Ausgrabungssache Bossing finden lassen.
    Vieles, was für Mobbing gilt, ist auch für Bossing nicht verkehrt. Doch es gibt einige bedeutende Unterschiede. Was wir aus heutiger Sicht wissen und belegen können, findet sich in diesem Buch.
    Wir möchten in diesem Zusammenhang zwei mögliche Missverständnisse ausräumen und ihnen nachhaltig vorbeugen: Wir sind zum einen weder Mobbingforscher noch auf Mobbing- oder Bossingbehandlung spezialisierte Berater. Als Psychologen, Berater, Coaches, Teamentwickler und Moderatoren kennen wir jedoch die theoretischen Hintergründe ebenso wie die praktischen Strukturen und Zusammenhänge.
    Zum anderen betreiben wir keinerlei Boss-Bashing. Wir haben die Führungskräfte nicht per se im Visier unserer Kritik. Wir wissen natürlich, dass Bossing zwar die Mobbingmehrheit darstellt, Führungskräfte sind jedoch nicht mehrheitlich Bosser, im Gegenteil.
    Vor allem aber wissen wir aus eigener Erfahrung um die nachhaltige persönliche Hilfe, die unsere Anti-Bossing-Strategie Führungskräften geben kann. Darin geht es um die den Bossern eigenen Motive und ihre Umwertung. Das Wissen und der positiv gestaltete Umgang mit den zugrunde liegenden Motiven bedeuten ein unverzichtbares Know-how für Führungskräfte. Nichtwissen dagegen stellt einen gefährlichen Nährboden für demotivierendes wie unfaires Führungshandeln und Bossing dar.
    Wir hoffen, dass dieser Ansatz hilfreiche Impulse für Betroffene und Kollegen liefern kann ebenso wie für eine weiterführende, arbeitspsychologische oder sozialwissenschaftliche Mobbing- und Bossingforschung. Eine umfassende Erforschung des Phänomens Bossing ist dringend notwendig. Die Gefahren, die von kommunikativ wenig kompetenten, fast
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