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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst
Autoren: Dean R. Koontz
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»Vielleicht sollte ich lieber doch die Polizei rufen.«
    »Nein!« Dusty, dem augenblicklich bewusst wurde, dass seine Stimme zu scharf klang, atmete tief durch und fuhr dann ruhig fort: »In Gegenden wie hier wollen die Leute kein Aufsehen, wenn es sich vermeiden lässt.«
    Polizisten würden Skeet vielleicht unbeschadet vom Dach holen, aber dann brächte man ihn bestimmt in eine psychiatrische Klinik, wo man ihn mindestens drei Tage lang festhalten würde. Das Letzte, was Skeet brauchte, war, dass er in die Hände eines dieser Hirnklempner fiel, die mit grenzenloser Begeisterung einen Cocktail aus der Fülle der verfügbaren verhaltensverändernden Psychopharmaka zu mixen pflegten, was ihm zwar kurzfristig zu einem Zustand heiterer Gelassenheit verhelfen, langfristig aber dafür sorgen würde, dass ihm noch mehr Synapsen durchbrannten, als es jetzt schon der Fall war.
    »In Gegenden wie hier«, sagte Dusty, »wollen die Leute keine Spektakel.«
    Der Wachmann ließ den Blick über die bombastischen Häuser der Straße wandern, über die eleganten Palmen und stattlichen Ficusgewächse, die gepflegten Rasenflächen und üppigen Blumenrabatten. Dann sagte er: »Ich gebe Ihnen zehn Minuten.«
    Motherwell hob wieder die rechte Faust in Skeets Richtung und schüttelte sie.
    Skeet winkte ihm im Glorienschein der über ihm kreisenden Krähen zu.
    »Er sieht ohnehin nicht wie ein Selbstmörder aus«, bemerkte der Wachmann.
    »Der kleine Spinner behauptet, er ist glücklich, weil ein Todesengel neben ihm sitzt«, sagte Motherwell zu Dusty. »Und der Engel hat ihm gezeigt, wie es im Jenseits ist, und dort, sagt er, ist es echt supercool.«
    »Ich werde mit ihm reden«, sagte Dusty.
    »Ha, reden«, brummte Motherwell finster. »Gib ihm einen Tritt in den Hintern!«

3. Kapitel
    Während sich der schwere, regenschwangere Himmel immer dichter über die Erde senkte und der Wind auffrischte, kehrte Martie, gefolgt von ihrem Hund, im Laufschritt nach Hause zurück. Von Zeit zu Zeit beäugte sie ihren hüpfenden Schatten, aber schließlich schob sich die Wolkenfront vor die Sonne, und ihr dunkler Begleiter verschwand, als hätte ihn der Erdboden verschluckt, als wäre er in die Unterwelt zurückgeschlüpft, aus der er gekommen war.
    Im Vorbeilaufen ließ sie den Blick über die Häuser der Nachbarschaft schweifen, und sie fragte sich, ob jemand vom Fenster aus ihr merkwürdiges Verhalten beobachtet hatte. Sie konnte nur hoffen, dass man ihr die grotesken Empfindungen nicht allzu deutlich angesehen hatte.
    Die meisten Häuser in diesem malerischen Viertel waren klein und relativ alt, dafür aber bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltet, und sie hatten mehr Charme und Charakter als viele Menschen , die Martie kannte. Hier dominierte der spanische Baustil, daneben gab es jedoch auch Cotswold-Cottages, bretonische Bauernhäuser, Schwarzwaldhäuschen und Artdéco-Bungalows. Die bunte Mischung war aufs Angenehmste eingewoben in ein dichtes Netz aus Lorbeersträuchern, Palmen, duftendem Eukalyptus, Farnen und üppig blühender Bougainvillea.
    Martie, Dusty und Valet wohnten in einem zweigeschossigen Häuschen, das mit seinen reichen Schnörkeln wie die maßstabgetreue Miniatur eines viktorianischen Gebäudes aussah. Dusty hatte das Haus im bunten, aber eleganten Stil der viktorianischen Wohnhäuser gestrichen, wie man sie in bestimmten Straßenzügen von San Francisco fand: blaue, graue und grüne Verzierungen auf blassgelbem Untergrund mit einem verhaltenen Tupfer Rosa rund um das Dachgesims und an den Fenstergiebeln.
    Martie liebte ihr Heim; es war für sie der sichtbare Beweis für Dustys Können und seine besondere Begabung.
    Ihre Mutter dagegen hatte bei ihrem ersten Besuch angesichts der farbenfrohen Gestaltung nur bemerkt: »Es sieht aus, als wäre hier eine Clownsfamilie zu Hause.«
    Nachdem Martie das Holztor auf der Nordseite des Hauses geöffnet hatte und anschließend Valet über den schmalen, backsteingepflasterten Weg durch den Garten folgte, ging ihr die Frage durch den Kopf, ob ihre unbegreifliche Angst wohl von dem deprimierenden Anruf ihrer Mutter herrühren mochte. Immerhin war Sabrinas ablehnende Haltung Dusty gegenüber der bei weitem gravierendste Stressfaktor in ihrem Leben. Sie wünschte sich sehnlichst, dass die beiden Menschen, die sie am meisten auf der Welt liebte, endlich Frieden miteinander schlossen.
    An Dusty lag es nicht. Sabrinas erbärmlicher Krieg war ein einseitiger Feldzug. Dustys Weigerung, ihre
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