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Sternhagelverliebt

Sternhagelverliebt

Titel: Sternhagelverliebt
Autoren: Catherine McKenzie
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Haar umrahmt ihr blasses Gesicht. Ein bisschen sieht sie aus wie Annie, das kleine Waisenkind aus dem Comic – nur eben erwachsen. Selbst ihr Morgenmantel erstrahlt in demselben mit Weiß abgesetzten Rot, wie Annie es immer trägt.
    »Feiern?«, antworte ich zaghaft.
    »Weißt du, wie spät es ist?«
    Ich werfe einen Blick auf den Wecker neben meinem Bett. »Neun?«
    »Das stimmt. Und wann muss ich heute zur Arbeit?«
    Das kann nur eine Fangfrage sein.
    »Du musst gar nicht zur Arbeit?«
    »Genau. Heute ist mein freier Tag. Also, warum bitte schön tanzt du hier herum und johlst, als wärst du auf einer Fete?«
    Trotz des Verhörs macht mein Herz einen Hüpfer. »Weil ich gerade die Einladung zum Vorstellungsgespräch für den märchenhaftesten Job der Welt bekommen habe.«
    Joanne lässt sich von meiner offensichtlichen Fröhlichkeit nicht ablenken. »Ich denke, die Antwort, nach der du eigentlich gesucht hast, lautet: ›Weil ich eine rücksichtslose Mitbewohnerin bin, die sich um niemanden schert außer um sich selbst.‹«
    »Joanne …«
    »Sei einfach nicht so laut!« Damit macht sie auf dem Absatz kehrt und stürmt aus dem Zimmer.
    Als ich ihr hinterhersehe, frage ich mich zum hundertsten Mal, warum ich überhaupt noch mit ihr zusammenwohne. (Vor drei Jahren habe ich auf ihre Anzeige in einem örtlichen Kleinanzeigenblatt geantwortet, in der sie nach einer Mitbewohnerin suchte, und seitdem verbindet uns eine Hassliebe.) Natürlich ist
sie
ordentlich, zahlt pünktlich ihren Mietanteil und weckt mich nie vor Freude kreischend auf, während ich zu schlafen versuche.
    Andererseits habe ich auch noch nie mitbekommen, dass Joanne vor Freude mal gekreischt hätte …
    Oh, mein Gott!
Ich habe ein Vorstellungsgespräch bei
The Line!
    Ich führe meinen Freudentanz einfach ohne Ton weiter auf.
     
    Den Rest des Tages schwanke ich zwischen extremer Nervosität und fester Zuversicht. Und während ich dieses Wechselbad der Gefühle durchleide, quäle ich mich mit der Entscheidung, was ich zum Vorstellungsgespräch anziehen soll. Die zur Wahl stehenden Outfits landen auf meinem Bett:
     
    Das klassische schwarze Businesskostüm, das meine Mutter mir zu meinem Uni-Abschluss geschenkt hat. Sie dachte, ich würde alle möglichen Vorstellungsgespräche haben, zu denen ich es anziehen könnte. Sorry, Mom.
Hautenge Jeans, Wahnsinnsstiefel, T-Shirt einer ausgefallenen, weitgehend unbekannten Band aus den 90 ern, schwarzer Cordblazer.
Enger schwarzer Rock und grauer Pullover aus falschem Kaschmir, kombiniert mit flippigem Schmuck.
     
    Ich entscheide mich für Variante drei und hoffe, dass ich damit die richtige Balance zwischen professionell und der Atmosphäre treffe, die meiner Meinung nach bei
The Line
herrschen wird: cool und ernsthaft, aber nicht zu ernsthaft.
    Am späten Nachmittag erhalte ich eine SMS meiner Freundin Greer.
     
    Heute Abend Zeit?
    Nein. Sehr wichtiges Blabla morgen früh.
    Müssen deinen B-Day feiern.
    B-Day ist erst morgen.
    Weiß ich. In 2  Tagen Prüfung. Heute Party.
    Nein.
    Ich bestehe drauf.
    Muss schlafen. Muss gut aussehen fürs Blabla.
    Wirst nie hübsch genug sein, um dich bei Blabla allein aufs Aussehen zu verlassen. Bestehe immer noch drauf.
    LOL . Brauche neue Freundin. Kann trotzdem nicht.
    Erwarte dich im F. um 8 . Akzeptiere kein Nein.
    Nein.
    LOL . 1 Drink.
    Bleibt nie bei 1 Drink.
    Heute schon, versprochen.
    Ich kann nicht.
    Ich bezahle.
    Tja … vielleicht auf 1 Drink.
    Super. CU um 8 .
     
    Mit einem Lächeln werfe ich das Handy aufs Bett und versuche, zu entscheiden, ob eines meiner Outfits für einen Abend mit meinen Studentenfreunden passt.
    Ich bin zwar fast 30 , doch die meisten meiner Freunde studieren noch und sind jünger als ich. Denn seit meinem Abschluss (und seitdem die Bank mir kein Geld mehr leiht) ist der einzige Weg zu überleben für mich, so weiterzumachen wie als Studentin – bis hin zu der Angewohnheit, auf den von der Uni organisierten Treffen, auf denen die Studenten bei Wein und Käse Kontakte knüpfen sollen, möglichst viel Gratisessen und -alkohol zu ergattern. So habe ich auch Greer kennengelernt. Sie ist die einzige Freundin, die mir auch nach dem Abschluss geblieben ist. Sie hält mich für eine Kommilitonin, die ebenfalls kurz vorm Abschluss steht, glaubt, dass ich nebenbei Artikel für Musikmagazine schreibe, um mein Studium zu finanzieren, und denkt, dass morgen mein 25 . Geburtstag ist.
    Die Freunde in meinem Alter sind längst in schönere
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