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Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Titel: Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern
Autoren: Guido Seifert
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Leben, das unter dem Schutz Ak’lothums erblüht war. So machte sich Ten’brikum daran, Ak’lothum zu verschlingen, um die Macht des Leben spendenden Gottes in sich aufzunehmen. So musste Ak’lothum fliehen, wollte er nicht verschlungen werden, denn die Gewalt Ten’brikums ist über die Maßen. Und das Glück der fernen Welt währte nicht länger. Der Zorn Ten’brikums wuchs ins Unermessliche, als er gewahr wurde, das Ak’lothum entwichen war mit seinen Engeln, den An’grieli. So verschlang er jedes lebende Wesen der namenlosen Welt und brüllte doch vor Zorn, da sein Hunger nicht zu stillen war. Seit dieser Zeit ist Ten’brikum auf der Suche nach Ak’lothum.«
    Ken’gewa blickte in die Tiefe des Tempelraums, der angefüllt war mit den Angehörigen des neunten Jesh’kuwinda. Die Gesichter der Jäger wirkten maskenhaft im Licht der Fackeln, die zu beiden Seiten in Wandhalterungen steckten. Die Luft war geschwängert vom süßlichen Duft des Nai’bu, eines Räucherharzes, das in breiten, flachen Schalen vor sich hin kokelte.
    »Doch Ak’lothum konnte sich verbergen«, fuhr der Kuhan’jaali fort. »So wie er sich verbirgt bis auf den heutigen Tag!«
    Mit diesen Worten hatte der Kuhan’jaali die liturgische Gemeindeantwort eingefordert, die auch prompt erfolgte. Wie aus einer Kehle ertönte die Erwiderung der Jäger: »Und Glück der Welt, die Ak’lothum aufnahm, Glück unsrer Welt Wen’gulim, die Herberg’ bot dem glänzenden Gott, Glück uns Tum’waheri, die wir Ak’lothum verbergen vor dem spähenden Geist Ten’brikums!«
    Die zuletzt gesprochen Worte hallten nach in der Tiefe des Tempels, bis sie schließlich erstarben.
    Der Kuhan’jaali – der Oberpriester der Tum’waheri – schloss die Augen. Nun folgte der rituelle Dialog zwischen ihm und der Gemeinde, der den Abschluss der zweiten Lesung bildete.
    »So wir Ak’lothum schützen, schützt er uns.«
    »Gepriesen sei Ak’lothum«, erwiderten die Jäger des neunten Jesh’kuwinda.
    »So wir Ten’brikum dienen, dienen wir uns selbst.«
    »Vergebe uns, Ak’lothum«, erschall die Antwort.
    »So wir Ten’brikum opfern, schützen wir Ak’lothum.«
    »Mögen die Herzen der Tum’duni weiterleben im Jenseits.«
    Ken’gewa wandte sich zur Seite und blickte Vu’maiti an. Vu’maiti, die Kuhan’pili der Priesterschaft, machte drei lange Schritte auf Ken’gewa zu und überreichte ihm das Yomo Tum’duni.
    Das Yomo Tum’duni erinnerte an einen herzförmigen Stein und war ein Symbol für die Seelen der Tum’duni.
    Ken’gewa hob das Yomo Tum’duni über sein Haupt und richtete seinen Blick in die Höhe.
    »Ehre den Tum’duni!«, rief er. »Denn ihr Opfer lässt Wen’gulim leben!«
    »Ehre den Tum’duni«, antworteten die Jäger.
    Ken’gewa nahm den Stein herunter und legte ihn zurück in die Hände Vu’maitis.
    Die Kuhan’pili bewegte sich gemessenen Schrittes zurück zum seitlich platzierten Schrein und verschloss darin das Yomo Tum’duni.
    Die zweite Lesung war mit ihrem rituellen Dialog zum Abschluss gekommen. Nun folgte die freie Predigt, und Ken’gewa war entschlossen, all seine mentale Energie in den Appell an die Jäger fließen zu lassen. Dies war auch bitter nötig, denn die liturgischen Antworten des neunten Jesh’kuwinda waren so matt erklungen, dass Ken’gewa um den Jagderfolg fürchtete.
    »Kipawa Ten’brikum!«, rief der Kuhan’jaali so laut, dass die Jäger zusammenzuckten. »Wie viele Sonnenumläufe bleiben uns noch? Zehn? Fünf? Drei? Nein! Ein einziger! Morgen ist Kipawa Ten’brikum, der Tag der Opfergabe, doch sind wir so gut vorbereitet wie im letzten Jahr? Ist das Mahal’vukito angefüllt mit wohlgenährten und gesunden Tum’duni? Drängen sich die Tum’duni auf den Plätzen und Wiesen des Mahal’vukito, so wie wir es im vergangenen Jahr erlebten? Ihr wisst es, Jäger, so gut wie ich! Wir sind im Rückstand! In üblem Rückstand! Wollen wir uns den Zorn Ten’brikums zuziehen, wenn er morgen durch die Himmel Wen’gulims niedersteigt? Kipawa Ten’brikum! « In den letzten Laut hatte Ken’gewa noch mehr mentale Energie einfließen lassen, um die Jäger mit jener einzigartigen spirituellen Kraft zu beglücken, die ihn zum Kuhan’jaali gemacht hatte, zum Oberpriester der Tum’waheri.
    Der Erfolg blieb nicht aus: In die starren Gesichter der Jäger geriet Bewegung. Ihre stumpfen Blicke lösten sich, und neues Leben glomm in ihren Augen. Und jetzt steigerte Ken’gewa den Appell nochmals, indem er der
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