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Sterben in Rom

Sterben in Rom

Titel: Sterben in Rom
Autoren: Vampira VA
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Feind hätte man auf Meilen sehen können - wenn nicht schon knapp jenseits des Ufers der Urwald schier undurchdringlich geworden wäre.
    Es war sehr still. Als ob sich selbst zwischen den Bäumen alles Le-ben zur Ruhe begeben hätte .
    Oder doch nicht? Mit einemmal hörte ich ein sirrendes Pfeifen, und als ich mich alarmiert umblickte, konnte ich auch bald die Flughunde erkennen, die es verursachten. Die nächtlichen Jäger waren unterwegs!
    Aber nicht nur sie . Plötzlich sträubten sich mir sämtliche Nackenhaare. Gefahr ahnend fuhr ich auf dem Fuße herum und zog gleichzeitig mein Rapier. Vor mir stand .
    ... eine wunderschöne Frau. Sie hatte dunkles welliges Haar, trug ein Gewand, wie ich es bislang nur an Damen der Oberschicht gesehen hatte, und viel Schmuck.
    Ich schlug nicht Alarm. Denn diese Frau sah nicht aus, als ob sie mir irgend etwas antun könnte oder wollte.
    »Wer seid Ihr?« fragte ich sie.
    »Ich bin Mary«, sagte sie mit einer wunderbaren, fast singenden Stimme und lächelte mich an.
    »Und was wollt Ihr hier?«, flüsterte ich, ganz verzaubert von diesem Wesen.
    »Nur ein wenig . naschen«, sagte sie geheimnisvoll und lächelte mich an.
    Nun war ich doch etwas verwirrt. Wegen Naschwerk hatte sie sich an Bord geschlichen? Dabei gab es hier nur ein bißchen Trockenfleisch und halb verfaultes Obst zu holen.
    Obgleich ich wußte, daß ihr der Sinn gewiß nicht danach stand, machte ich einige Schritte zu meinem alten Platz und wollte das zähe Fleisch aufheben, das ich neben die Laterne gelegt hatte.
    »Aber nein, doch nicht deine Speise!« lachte sie nun. »Dein süßes Blut möchte ich kosten!«
    Mein ... Blut? Innerlich erschrak ich zutiefst, und doch wußte ich ihrem Anblick und ihrer Stimme nicht zu entkommen. Ohne daß ich mich dagegen wehren konnte, ging ich auf sie zu, während ich das Blut regelrecht durch meinen Körper strömen fühlte. Die Hand mit dem Rapier baumelte irgendwie nutzlos an meiner Seite.
    Mary kam mir entgegen, nahm meinen Kopf in ihre Hände - und schließlich spürte ich einen Schmerz an meinem Hals. Dann ... nichts mehr.
    Jemand rüttelte an mir. Ächzend rollte ich mich auf den Rücken.
    »Eine schöne Nachtwache hältst du hier, Faulpelz!« brummte der Maat, der die nächste Schicht übernehmen sollte. Oh, waren das Kopfschmerzen - und mein Hals war ganz steif.
    »Ich habe nicht geschlafen«, meinte ich träge und rappelte mich endgültig auf.
    »So, so«, grinste der bärtige Seemann, »und warum kullerst du dann an Deck umher wie ein ungezurrtes Faß?«
    Ich forderte ihn auf, sich zu setzen. Vielleicht war es ein Fehler, aber ich mußte mit jemandem sprechen über das, was mir widerfahren war - oder war es nur ein Traum gewesen?
    »Sag, glaubst du an Untote oder Dämonen?« fragte ich den Maat nach kurzem Zögern.
    »Nun ja, es mag vieles geben, was wir uns nicht erklären können«, meinte er und wiegte den Kopf. »Und ja, ich glaube daran.«
    »Und wenn ich dir jetzt erzähle, daß mich ein solches Wesen während meiner Wache überfallen hat?«
    »Ein Dämon - dich?« Nun brach er doch in Lachen aus. »Der Sturm hat dir ganz schön zugesetzt, was? Da sieht man so manches. Vor drei oder vier Jahren zum Beispiel glaubte ich bei Kap Horn eine leibhaftige Seeschlange zu sehen .«
    Er begann zu erzählen. Erst wollte ich ihn unterbrechen, um auf mein Erlebnis zurückzukommen, doch dann hörte ich ihm doch gebannt zu, und ob seiner haarsträubenden Geschichten glaubte ich bald selbst nicht mehr an einen Überfall. Wahrscheinlich hatte ich tatsächlich nur geträumt.
    Mehr als nur müde trollte ich mich bei Beginn der Dämmerung zu meiner Hängematte.
    *
    Wegen des Hämmerns, Klopfens und Sägens war an Schlaf jedoch nicht lange zu denken. Nur eine Stunde, nachdem ich mich niedergelegt hatte, torkelte ich schon wieder an Deck, wo ich unserem Schiffsarzt Doktor Brooks unter die Augen kam.
    »Meine Güte, Pat, du bist ja blaß!« begrüßte er mich. »War wohl doch ein bißchen viel, der Sturm und dann auch noch die Nachtwache .«
    Ich winkte nur ab und wollte zu dem Faß mit dem nicht mehr frischen Wasser. Die Sonne funkelte darin, und ich erkannte am Hals meines Spiegelbilds zwei kleine Male, wie Stiche. Sie schmerzten ein wenig, als ich sie berührte.
    Brooks war neben mich getreten und meinte nur: »Na, bei den vermaledeiten Insekten hier auf den Bahamas kannst froh sein, daß sie dir nicht noch mehr zugesetzt haben.«
    Ich sah ihn an und grinste etwas gequält.
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