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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Autoren: Michael Dibdin
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Herausforderung aller Zeiten, und diese Fundis standen einfach nur dumm rum und versuchten, ihre Sache zu verteidigen, anstatt die Initiative zu ergreifen und an die Öffentlichkeit zu gehen. Das war immer eine Loser-Strategie, und die meisten von denen waren tatsächlich Loser, die sich darauf verließen, dass ihr Freifahrschein in die Ewigkeit schon funktionieren würde, wenn die Zeit gekommen war. Vielleicht konnten sie tatsächlich nicht mehr tun, aber Jake war reich und langweilte sich. Um ganz ehrlich zu sein, selbst der ausgefeilteste interaktive Massive-Multiplayer-Rollenspielkram konnte ihn nicht mehr vom Hocker hauen. Es ging um zu wenig, und er war zu gut. Warum sollte man innerhalb der Grenzen der gegenwärtigen Technologie rumwursteln, wo es doch dieses universelle Spiel gab, das schon seit tausenden von Jahren lief, mit geilen Graphiken, ohne Sharding und Instanzierungen und mit unbegrenzter Bandbreite? Ganz zu schweigen von einem Gegner, der sich völlig verrückte Züge ausdenken konnte, wie zum Beispiel sich diesen Anwalt zu schnappen, den Martin zur Unterstützung der Schatzsucher nach Cosenza geschickt hatte.
    Als er in die Küche ging, um sich einen weiteren Becher Kaffee zu holen, war Madrona aufgestanden. Sie trug das Retro-Babydoll, das Jake ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Es endete etwa zwei Zentimeter unter ihrem Po und war aus einem durchsichtigen rosafarbenen Material mit applizierten Kaninchen. Doch eigentlich spielte es keine Rolle, ob sie etwas anhatte oder nicht.
    »Schmusen«, sagte sie.
    Das war ein Befehl. Das einzige Problem mit Miezen, die so jung waren, dass sie die eigene Tochter sein könnten, war, dass sie so verdammt viel Energie hatten. Als Jake in ihrem Alter war, konnte er um nichts in der Welt eine Frau zum Bumsen finden. Nun bestand sein Problem darin, das verfügbare Material so zu rationieren, dass er Madronas Ansprüchen gerecht wurde. Dennoch war das Verhältnis zwischen Mühe und Erfolg pro Stich noch gut, auch wenn Jake das unbehagliche Gefühl hatte, dass es irgendwann ins Negative umschlagen könnte.
    Er zog an seinem Spitzbart und zeigte sein perfektes Gebiss. »Bist du entrückungsbereit?«, fragte er. »Ein bisschen Rapture?«

4
    »Sind Sie mit dem Drehbuch zufrieden?«
    »Es kommt aus allerhöchster Quelle.«
    »Wer ist der Drehbuchautor?«
    »Ich meinte das Grundmaterial, beziehungsweise die Bibel, wenn Ihnen das lieber ist. ›Von göttlicher Inspiration‹, wie einige Kritiker freundlicherweise bemerkt haben.«
    »Allerdings ein bisschen lang und weitschweifig. Hitchcock hat einmal gesagt, um einen Roman zu verfilmen, muss man ihn erst auf eine Kurzgeschichte zusammenstreichen.«
    »So haben alle Romane angefangen, und da hätten die meisten auch enden sollen. Und im Übrigen hat Truffaut das gesagt.«
    Annalise Kirchner starrte nervös auf ihre Notizen. »Ziehen Sie einen Berater für theologische Fragen hinzu, maestro ?«
    »Bisher haben noch keine Silbermünzen den Besitzer gewechselt, doch das Thema kommt selbstverständlich zur Sprache, wenn ich einen meiner vielen Freunde aus dem Vatikan treffe.«
    »Wie sieht es mit alternativen Szenarien für das Ende unserer Zeit aus? Beabsichtigen Sie, dazu irgendwelche Wissenschaftler zu konsultieren?«
    »Dazu habe ich überhaupt keine Lust. Atheisten sind solche Langweiler. Sie reden die ganze Zeit über Gott.«
    »Dient Ihnen dieser Film dazu, eine bestimmte Aussage zu machen, und wenn ja, welche?«
    Luciano Aldobrandini seufzte. Die junge Frau war ja ganz dekorativ, wenn man auf so etwas stand, aber eindeutig eine Idiotin. Es wurde Zeit, dass er die Dinge in die Hand nahm.
    »Fräulein Kirchner, ich habe viele Filme gemacht. Zu viele, haben einige Leute gesagt. Die meisten davon waren gut, ein paar vielleicht sogar ausgezeichnet. Aber ich habe noch nie vor einer Herausforderung wie dieser gestanden.«
    Die Interviewerin nickte emphatisch. Hinter ihr überwachte das österreichische Fernsehteam konzentriert, aber gleichgültig seine Geräte.
    »Selbstverständlich ist die Heilige Schrift wohl kaum ein neues Thema für dieses Medium«, fuhr Aldobrandini weitschweifig fort. »Doch die meisten Versuche, die auf diesem Gebiet gemacht wurden, von DeMille bis Mel, haben das Leben und Sterben Christi zu ihrem Thema gemacht, da dies ein menschliches Drama darstellt, mit dem die Zuschauer sich leicht identifizieren können. Andere haben Episoden aus dem Alten Testament behandelt, die auch relativ einfach für die
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