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Die goldene Göttin

Die goldene Göttin

Titel: Die goldene Göttin
Autoren: Larry Maddock
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    Hannibal Fortune packte sein Schwert mit festem Griff und umtanzte seinen bärtigen Gegner. Er beobachtete ihn über den Rand des kupferbeschlagenen Holzschildes. Der andere täuschte und stieß plötzlich nach Fortunes ungedecktem Schenkel. Fortune bleckte die Zähne und nahm den Schild herunter, daß die Schwertspitze abglitt. Obwohl es ihm an Erfahrung mangelte, begann ihm der Umgang mit dem unhandlichen Bronzeschwert Spaß zu machen. Das war eine Waffe, die einen ganzen Mann verlangte, was man von den Laserpistolen seiner eigenen Zeit kaum sagen konnte. Als er eine Blöße in der Deckung seines Gegners sah, sprang er vor und versuchte, den behelmten Kopf des anderen mit einem mächtigen, weit ausholenden Schwertstreich zu treffen.
    Aber der Bärtige hatte andere Ideen. Bevor er wußte, wie ihm geschah, sah Hannibal den fremden Schild zustoßen. Weil sein ganzer Körper in der Bewegung des Schwertarms mitschwang, vermochte er der schweren Schildkante nicht auszuweichen, und sie traf die Seite seines Helms mit voller Wucht.
    Fortune fiel hart auf den Boden. Er wälzte sich benommen herum und blickte mit schmerzverzogenem Gesicht zu seinem Gegner auf. »Was zum Teufel war das?«
    »Schildstoß«, erwiderte d’Kaamp trocken. »Ein Schild kann eine sehr gute Angriffswaffe sein, wenn er richtig gehandhabt wird.« Der Instrukteur legte Schild und Schwert weg und nahm den Helm ab. Sein Haar war ebenso weiß wie sein Bart. »Das reicht für heute morgen. Kommen Sie nach dem Mittagessen wieder.« Hoch aufgerichtet marschierte d’Kaamp aus der Trainingshalle.
    Hannibal Fortune erhob sich ächzend, dankbar, daß Webley nicht Zeuge seiner uneleganten Einführung in den Kampf mit Schwert und Schild geworden war. Der scharfzüngige Symbiont hatte ihn schon zu oft in ähnlich mißlichen Situationen gesehen. Es wäre unklug, ihm weitere Gelegenheiten zur Erprobung seines Witzes zu geben. Noch etwas unsicher auf den Beinen, brachte er seine Waffen an ihren Platz an der Wand zurück, dann entledigte er sich mit einiger Mühe der barbarischen Kriegsrüstung und nahm eine Dusche. Wieder in seinen eigenen Kleidern, trat er auf den langen, gebogenen Korridor hinaus, sprang leichtfüßig auf ein rollendes Band und ließ sich die achthundert Meter zur Intendantur fahren.
    Die TERRA-Zentrale war ein hohler, künstlicher Planet, bevölkert von zehntausend Spezialisten, deren Aufgabe mehr oder weniger darin bestand, Hannibal Fortune und die anderen Außenagenten zu unterstützen und ihnen für ihre Arbeit das nötige Rüstzeug zu vermitteln. Die Zentrale befand sich im genauen Mittelpunkt der Galaxis und drehte sich um keine Sonne; man konnte eher sagen, daß die Galaxis sich um die TERRA-Zentrale drehe.
    Hannibal Fortune arbeitete seit zehn Jahren in der Agentur für zeitliche Umstrukturierung, die auch Abteilung für Rekonstruktion und Reparatur der Zeit-Balance genannt wurde, und im Gegensatz zu den meisten anderen Außenagenten sah er wie einer aus: groß und breitschultrig, mit einem scharfgeschnittenen, verwegen wirkenden Gesicht. Er war nicht immer glücklich über seine auffallende äußere Erscheinung; nicht selten erschwerte sie seine Arbeit, und unter dem weiblichen Personal der Zentrale gab es viele, die ihm mehr oder minder hartnäckig nachstellten. Es war eine sonderbare Rolle, in die er da hineingeraten war, reflektierte er zuweilen, und mit Recht: eigentlich hatte er Geschichtsprofessor werden wollen.
    Das gegenwärtige Abenteuer hatte vor zwei Tagen begonnen, als Fortune und sein symbiotischer Partner in Pohl Tausigs Büro gerufen worden waren. Tausig war ein massiger Mann unbestimmbaren Alters, der sich wie d’Kaamp, mit einem Bart zierte. Tausigs war jedoch tiefschwarz, und schwarz waren auch seine stechenden Augen, die aus einem täuschend milden Gesicht spähten. Unbewiesenen Gerüchten zufolge hatte Tausig vor seinem Übertritt in den Dienst TERRAS einen Universitätslehrstuhl innegehabt, und wenn man wollte, konnte man seinem Benehmen etwas Professorales andichten. Ein anderes Gerücht besagte, Tausig habe zwanzig Jahre zuvor ein Kriegsschiff der Galaktischen Föderation kommandiert. Dies erschien Hannibal Fortune wahrscheinlicher; obwohl er sich bemühte, es nicht zu zeigen, gab Tausig in Haltung, Sprechweise und anderen Gewohnheiten unmißverständlich den professionellen Militaristen zu erkennen.
    »Setzen Sie sich, meine Herren«, sagte er mit einer Stimme, die wie ein Tempelgong klang.
    Fortune
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