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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Autoren: Michael Dibdin
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Computergraphik bearbeitet, und das Ergebnis, das kann ich Ihnen versichern, wird etwas noch nie Dagewesenes sein, etwas, das sich bisher niemand selbst im Traum hat vorstellen können! Einige Neider erzählen schon seit Jahren, dass ich nie wieder einen Film machen würde, dass ich ausgebrannt sei. Glauben Sie mir, denen werden die Augen übergehen, wenn sie diesen Film sehen, den ultimativen und krönenden Abschluss meines Lebenswerks!«
    Er verharrte einige Sekunden regungslos, um den Kameraleuten Zeit für einen Schnitt zu geben, dann klatschte er laut in die Hände, stand auf und erklärte: »Mehr Zeit kann ich Ihnen leider nicht opfern.«
    Er eilte auf eine Tür am anderen Ende des riesigen Raums zu, und die Interviewerin folgte ihm dicht auf den Fersen.
    »Nur noch eine Sache!«, rief sie. »Wann werden die eigentlichen Dreharbeiten beginnen?«
    Aldobrandini ignorierte sie. Er schloss die Tür hinter sich, dann durchquerte er die beiden Vorzimmer, die in seinen privaten Bereich am äußeren Ende des Gebäudes führten. Drinnen trat er seine Schuhe von den Füßen und warf sich ausgestreckt auf das Sofa. Pippo erschien.
    »Beulah, schäl mir eine Grapefruit«, befahl sein Herr. »Nein, mach mir einen Whisky mit Soda.«
    »Ich hab immer noch Marcello am Apparat.«
    Aldobrandini kicherte. »Dann drück ihn nicht zu fest, caro , sonst spritzt er gleich durch den Hörer. Mein Gott, bin ich kaputt! Weshalb gebe ich mich überhaupt mit diesen Interviews ab?«
    »Weil das in deinem Vertrag steht, und weil du geil auf Applaus bist.«
    »Ah ja. Und morgen?«
    »Spanische, französische, schwedische und russische Presse, plus Fox, CNN, die BBC, irgendein japanischer Kabelsender und drei sehr einflussreiche Medienblogger.«
    »Du lieber Gott. Okay, gib mir Marcello. Und den Drink.«
    Pippo reichte ihm das schnurlose Telefon und ging tänzelnd zum Barschrank.
    »Marcello, wie schön, von dir zu hören. Was gibt’s Neues auf der Rialto?«
    »Red keinen Scheiß, Luciano. Wir haben ein Problem. Jeremy ist aus dem Film ausgestiegen.«
    Pippo kehrte mit einem randvollen Glas zurück, das Aldobrandini in einem Zug zur Hälfte leerte.
    »Das ist doch absurd. Ich hab erst neulich mit ihm gesprochen.«
    »Ja, aber da wusste Jeremy noch nicht, dass sein Agent üble Gerüchte über das Projekt gehört und beschlossen hatte, ein bisschen zu recherchieren. Was er dabei herausfand, gefiel ihm nicht, und er hat seinem Klienten geraten abzusagen, was der inzwischen auch getan hat. Morgen wird es bekanntgegeben, deshalb solltest du vorbereitet sein, wenn du dich mit Medienleuten triffst. Diese Österreicher hatten hoffentlich noch nichts davon gehört?«
    »Sie haben jedenfalls nichts gesagt, aber ich hab sie den ganzen Tag im Palazzo warten lassen, weil ich einfach zu überwältigt war, um mit irgendwem zu reden.«
    »Nun ja, es wird auf jeden Fall zur Sprache kommen. Ich würde vorschlagen, du stellst es als künstlerische Meinungsverschiedenheit dar. Du und Jeremy, ihr seid beide große Künstler und könnt euer volles Potenzial nur dann ausschöpfen, wenn ihr völlig im Einklang seid. Leider habt ihr diesmal unterschiedliche Auffassungen und seid deshalb mit größtem Bedauern übereingekommen, dass eine weitere Zusammenarbeit nichts bringen würde. Du wünschst Jeremy alles erdenklich Gute für die Zukunft und freust dich darauf, wieder einmal mit ihm zusammenzuarbeiten. Es würden bereits Verhandlungen mit diversen anderen großen Hollywood-Stars laufen, aber zu diesem Zeitpunkt sei es nicht angebracht, irgendwelche Namen zu nennen.«
    Aldobrandini saß schweigend da, trank und dachte nach. Das war zweifellos ein schwerer Schlag. Der Verfasser der Offenbarung spielte eine wichtige Rolle in dem anspruchsvollen Konzept, das er für den Film im Auge hatte. Der heilige Johannes hatte nicht nur erklärt, dass sein Werk auf einer mystischen Erfahrung beruhe, sondern hatte diese fest auf der Insel Patmos verankert. Diese Insel könnte ohne weiteres mit ein paar Aufnahmen von der kalabrischen Küste sowie einiger Höhlen heraufbeschworen werden, aber die Gestalt des Propheten war von zentraler Bedeutung. Die Zuschauer sollten im Unklaren gelassen werden, ob die Visionen eine objektive Heimsuchung oder eine subjektive Halluzination gewesen waren, doch das visuelle Bild des Johannes musste sie davon überzeugen, dass die Geschichte ihr Interesse verdiente. Dafür war ihm der schlanke, düstere und äußerst talentierte britische Schauspieler
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