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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich
Autoren: Wo die Löwen weinen
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verschwand
auf die gleiche Weise wie Hans Tobik: ohne die geringste Hektik in einen
unsichtbaren Raum eintretend.
    Als echter Robert Redford wäre Rosenblüt nun in Windeseile
zu seiner Waffe hingerollt, wäre aufgesprungen und hätte die Verfolgung
aufgenommen, seinerseits in einen unsichtbaren Raum fliegend ... doch nein, er
wollte nicht noch einmal fliegen. Also richtete er sich halb auf, rieb sich den
schmerzenden Oberarm und griff sodann nach dem hingeworfenen Gegenstand. Er dachte
zuerst - angesichts der mondän-militärischen Erscheinung Kingsleys -, es müsse
sich um einen schmalen Lippenstift handeln, doch was er da in der Hand hielt,
war ein USB-Stick.
    Er brachte das formschöne Kleinod in der Innentasche
seines Jacketts unter, zog im Austausch dafür sein Handy nach draußen und
alarmierte Doktor Thiel.
     
    "Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wer unsern
Herrn Professor erschossen haben könnte?" fragte Thiel. Teska Landau stand
daneben und betrachtete Rosenblüt wie einen geliebten Sohn, der zum ersten Mal
sehr zeitig in der Früh nach Hause kommt, und man weiß nicht, ob man sich
freuen oder ärgern soll. So gesehen hätte Landau eigentlich fragen müssen: "Hast
du bei einem Mädchen übernachtet?"
    Aber weil sie eben nur eine potentielle Mutter war,
verkniff sie sich diese Frage und erkundigte sich statt dessen nach Rosenblüts
Arm, den er auffällig massierte.
    "Nicht so schlimm. Verstaucht wohl."
    Thiel erinnerte, daß auch er eine Frage gestellt habe.
Eine Frage, die mehr dränge als ein von den Umständen des Polizeilebens beleidigter
Oberarm.
    "Nein", sagte Rosenblüt. "Ich habe keine
Ahnung, wer Fabian erschossen hat. Ich konnte die Person einfach nicht
erkennen, nicht mal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Aber in keinem Fall ein
S-21-Gegner. Glauben Sie mir, das hier läuft auf eine Privatgeschichte hinaus."
    "Woher wollen Sie das wissen, wenn Sie keine Ahnung
haben?"
    "Ich will Sie nur vor einer falschen Fährte bewahren",
erklärte Rosenblüt. "Einer Fährte, die der Politik vielleicht gefallen
würde."
    Doktor Thiel machte ein unglückliches Gesicht. Er sah
schon diverse Interventionen und Weisungen und Empfehlungen auf sich zukommen,
die in keiner Weise einer ordnungsgemäßen kriminalistischen Untersuchung
entsprechen würden. Wenn sich die Politik einmischte, dann war das so wie
dunkler Urin im Schnee. Er fragte: "Wo sind wir überhaupt?"
    "Im Erdreich des Schloßgartens."
    "Danke. So weit reicht meine Orientierung. - Ich will
wissen, was das hier soll. Die Geräte. Dieses betonierte Ding in der Mitte.
Diese ganze komische Anlage."
    "Ich habe nicht die geringste Ahnung", sagte
Rosenblüt und brauchte jetzt nicht mal zu lügen. - Er hatte sich soeben
entschieden, den Polizeidienst zu quittieren. Sicher, er war in diese Welt
geboren worden, um Kriminalist zu sein. Doch das konnte man auch auf andere
Weise ausleben. Es gab genauso Astronomen, die kriminalistisch vorgingen.
Zoologen sowieso. Irgend etwas würde sich schon finden. Aneko, seine Gefährtin,
verdiente sehr gut. So gesehen, und auch anders gesehen, bot es sich an, zu
heiraten. Ja, er beschloß in genau diesem Moment, so bald als möglich hinüber
in sein Schloßgartenhotel zu gehen, sich ein frühes Frühstück zu bestellen und
hernach Aneko anzurufen - wo war sie gerade? Toronto? Neuseeland? -, um ihr einen
Heiratsantrag zu machen. Wenn das die Lehre aus dieser Geschichte war, nämlich
zu heiraten, dann war das alles nicht umsonst gewesen.
    Es galt also, zum Ende zu kommen: Während die anderen sich
daranmachten, die Leiche und den Raum einer genauen Prüfung zu unterziehen,
winkte er Teska Landau zu sich.
    "Ja?" fragte die "liebende Mutter",
wie man fragt: Hast du deine Hausaufgaben gemacht?
    Rosenblüt griff in sein Jackett, holte den kleinen,
schmalen, schwarz glänzenden, Daten in sich tragenden Korpus hervor und drückte
ihn Teska Landau in die Hand.
    "Was soll ich mit dem Stick?" fragte Landau. "Was
ist da drauf?"
    "Ich habe keine Ahnung."
    "Passen Sie auf, Herr Kommissar", warnte Landau,
"daß Sie nicht zum notorischen Nichtwisser werden."
    "Das verdanke ich der Stuttgarter Luft",
erklärte Rosenblüt mit einem Lächeln, das gleich einer Zahnspange seiner
unteren Gesichtshälfte einen metallischen Glanz verlieh. Dann fügte er an, auf
den Datenträger zeigend: "Aber dieses kleine Superhirn hier weiß ganz
sicher etwas. Darum ist es also besser, wenn Sie sich mit ihm statt mit mir
beschäftigen."
    "Und woher haben Sie
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