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Stein der Dämonen

Stein der Dämonen

Titel: Stein der Dämonen
Autoren: Hubert Haensel
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Schultern und starrte sie an. Ihm war klar, dass jener Ort, von dem das Mädchen sprach, gleichzusetzen war mit der Stelle, an der die Marn ihn aufgefunden hatten.
    »Du musst mich hinführen«, bat er Mistra.
    Sie aber zögerte. »Die Stummen Großen werden es nun nicht mehr zulassen.«
    »Du musst, Mistra, hörst du! Auch gegen ihren Willen. Versprich es mir, denn es hängt sehr viel für mich davon ab.«
    »Dann bist du wirklich der Sohn des Kometen?«
    »Ich glaube«, nickte Mythor, »dass du recht hast.«
    Und wieder hauchte Mistra ihm einen Kuss auf die Stirn. Die junge Frau schien über sich selbst erschrocken, als sie unverhofft Mythors Hände in ihrem Nacken spürte. Ein Ausdruck ungläubigen Erstaunens zeigte sich auf Mistras Gesicht, sei es, weil der Sohn des Kometen ihre Zärtlichkeit erwiderte oder, was wahrscheinlicher war, weil sie den Mut gefunden hatte, ihn zu umarmen.
    »Ich…«, begann sie, doch da wurde die Tür von außen aufgestoßen, und Vierfaust stürmte herein. Ungeduld und Verzweiflung drückten sich in seiner Haltung aus. Er stellte eine brennende Öllampe auf dem Tisch ab.
    »Der Stumme will uns etwas mitteilen«, sagte Mistra überrascht.
    Vierfaust begann mit den Händen Figuren zu formen, die im Schein des flackernden Dochtes als große Schatten an den Wänden erschienen. Zunächst wurde Mythor nicht schlau aus den rasch wechselnden, ineinanderfließenden Bildern. Fragend wandte er sich an Mistra: »Weißt du, was er damit meint?«
    Sie nickte zögernd. »Ich glaube. Aber wenn es wirklich stimmt, dann…«
    Der Stumme begann von neuem. Diesmal blieben die Schatten länger stehen.
    Mythor konnte den Kopf eines Vogels erkennen, der drohend den Schnabel aufriss, daneben eine Gestalt, die wie ein Mensch aussah.
    »Ein Heymal mit seinem Tier«, stellte Mistra verblüfft fest.
    Der Schatten brach zusammen, als sei er von einer Klinge tödlich getroffen worden. Doch dafür tauchten viele andere auf. Und zwischen ihnen…
    »Das sollen die Hütten sein.« Mythor verstand plötzlich. »Vogelreiter haben uns umzingelt. Sie wollen Rache nehmen für das Blutbad, das die Stummen unter ihresgleichen angerichtet haben. Vielleicht ist sogar Hrobon ihr Anführer.«
    »Sie haben es auf dich abgesehen«, platzte Mistra erschrocken heraus.
    »Falls Hrobon weiß, dass ich hier bin… Aber wenn er dabei ist, dann weiß er es. Mein Einhorn sollte ein Geschenk für den Shallad Hadamur sein.«
    »…und Hrobon dazu verhelfen, als Befehlshaber nach Logghard berufen zu werden, auch ohne dass er sich zuvor im Kampf besonders auszeichnet. Diesmal wird er dich töten, um seine Niederlage auszumerzen.«
    Mythor sah zu Vierfaust hinüber, der dem Gespräch interessiert gefolgt war. »Es gibt einen Ausweg«, stellte er fest, »der möglicherweise unnötiges Blutvergießen vermeidet. Wenn die Heymals mich haben wollen, sollen sie mich auch bekommen.«
    »Nein!« rief Mistra aus.
    Vierfaust hingegen nickte auffordernd.
    »Wir müssen eine Puppe auf Pandors Rücken festbinden«, fuhr Mythor fort. »Einige mit Gras ausgestopfte Kleidungsstücke dürften genügen. Während das Einhorn die Verfolger gen Sonnenaufgang lockt, fliehen wir nach Westen.«
    Der Stumme Große formte mit seinen Fingern das Bild eines Einhorns. Mythor wusste, was Vierfaust damit meinte.
    »Pandor wird zu mir zurückfinden«, versicherte er. »Darüber mache ich mir keine Sorgen. Die Frage ist nur, wann die Heymals angreifen.«
    Die Schatten an der Wand wechselten schnell. Sie besagten wohl, dass die Vogelreiter in der Morgendämmerung kommen würden. Bis dahin blieb nicht mehr viel Zeit.
    Doch die Puppe war fertig, bevor die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne die Schatten der Nacht vertrieben. Lediglich ein heller Schimmer im Osten ließ den neuen Tag erahnen.
    Die Heymals mochten sich täuschen lassen, solange sie nicht näher als bis auf ein halbes Dutzend Schritt an Pandor herankamen. Mythor tätschelte dem Einhorn den Hals, und als es dann lostrabte, gab es nichts mehr, was ihn selbst noch hätte halten können. Bevor die überraschten Stummen ihm den Weg versperrten, hatte er sich bereits auf den Rücken des Rappen geschwungen und ließ dem Pferd die Zügel schießen. Erschreckte Pfiffe begleiteten ihn. Als hinter ihm Hufschlag laut wurde und er sich umwandte, erkannte er Mistra, die ihm folgte. Der Bitterwolf hetzte ebenfalls heran.
    Unverständliche Befehle drangen aus der Ferne an sein Ohr – und das Krächzen von Kampfvögeln.
    Mythor
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