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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise
Autoren: Terry Pratchett
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Vergeltungsschläge von Seiten der Goblins haben die Beziehungen zwischen Menschen und Goblins seit jeher getrübt.«
    Lord Vetinari räusperte sich und fuhr fort: »Ich zitiere wieder Pastor Himmelwärts, Drumknott:
    Ich muss sagen, dass die Goblins am Rande des Abgrunds leben, und das oft genug deshalb, weil sie dorthin getrieben worden sind. Wo sonst nichts bestehen kann, dort überleben sie. Ihre allgemeine Begrüßung lautet »Durchhalten«, was so viel heißt wie: »Überlebe!« Ich weiß, dass ihnen entsetzliche Verbrechen zur Last gelegt wurden, aber schließlich ist ihnen die Welt selbst nie sehr freundlich begegnet. Ich möchte es an dieser Stelle so ausdrücken: Diejenigen, die dort um ihre Existenz kämpfen, wo das Leben an weniger als einem Seidenfaden hängt, haben die entsetzliche Algebra der Not, die keine Gnade kennt, begriffen; und wenn die Not sich in extremis bemerkbar macht, ja, dann ist die Zeit gekommen, in der die Frauen den Unggue-Topf namens ›Seele-der-Tränen‹ anfertigen müssen, den allerschönsten aller Töpfe, der mit kleinen eingeritzten Blumen verziert und mit Tränen übergossen wird. «
    Drumknott stellte mit minutiösem Timing eine Tasse Kaffee genau in jenem Augenblick vor seinen Herrn, in dem Lord Vetinari den Satz beendete und aufblickte. »›Die entsetzliche Algebra der Notwendigkeit‹, Drumknott. Die kennen wir nun selber auch zur Genüge, was?«
    »Allerdings, Mylord. Übrigens ist ein Sendschreiben des Diamantenen Königs der Trolle eingetroffen, der sich bei uns für unsere unnachgiebige Haltung beim Thema Drogen bedankt. Bravo, Mylord.«
    »Das war doch nur ein kleines Entgegenkommen«, bemerkte Vetinari und wedelte das Schreiben mit der Hand weg. »Du kennst meine Position, Drumknott. Ich habe prinzipiell nichts gegen Leute, die Substanzen zu sich nehmen, damit es ihnen besser geht, sie zufriedener sind, oder damit sie kleine violette Elfen tanzen sehen – oder von mir aus auch ihren Gott. Schließlich spielen sie mit ihrem eigenen Verstand, und auf den hat die Gesellschaft keinen Anspruch. Vorausgesetzt, sie bedienen nicht gleichzeitig schwere Maschinen. Aber Drogen an Trolle zu verkaufen, bei denen ihnen im wahrsten Sinne des Wortes die Köpfe explodieren, ist schlicht und einfach ein Kapitalverbrechen. Ich bin froh, dass Kommandeur Mumm in dieser Hinsicht voll und ganz meiner Meinung ist.«
    »Allerdings, Mylord. Wenn ich Euch bei dieser Gelegenheit daran erinnern dürfte, dass er uns schon in Kürze verlassen wird? Möchtet Ihr Euch in irgendeiner Weise von ihm verabschieden?«
    Der Patrizier schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Der gute Mann hat bestimmt alle Hände voll zu tun. Meine Anwesenheit würde ihn nur noch konfuser machen.«
    Lag da ein Hauch von Mitleid in Drumknotts Stimme, als er erwiderte: »Macht Euch keine Vorwürfe, Mylord. Schließlich befindet Ihr Euch ebenso in den Händen einer höheren Macht wie der Kommandeur«?
    Seine Gnaden, der Herzog von Ankh, Kommandeur Sir Samuel Mumm von der Stadtwache Ankh-Morpork, stieß hektisch einen Bleistift tief in seinen Stiefelschaft, um dem Jucken endlich Einhalt zu gebieten. Es gelang ihm nicht. Es gelang ihm nie. Alle seine Socken waren so kratzig, dass die Füße juckten. Zum wohl hundertsten Male überlegte er, ob er seiner Frau sagen sollte, dass Stricken nicht unbedingt zu ihren herausragendsten Fähigkeiten gehörte – von denen sie zweifellos sehr viele besaß. Und zum wohl hundersten Mal entschied er, sich eher den Fuß abzuhacken – denn mit solch einer Bemerkung würde er ihr das Herz brechen.
    Trotzdem waren es grässliche Socken, so dick, knotig und unförmig, dass er seine Stiefel anderthalb Größen größer kaufen musste. Aber er ließ es über sich ergehen, weil Samuel Mumm, der noch keinen Ort der Andacht mit irgendwelchen andächtigen Absichten betreten hatte, Lady Sybil anbetete. Und es verging kein Tag, an dem er sich nicht darüber wunderte, dass es ihr mit ihm offensichtlich ebenso erging. Er hatte sie zu seiner Frau und sie ihn zum Millionär gemacht; mit ihrer Unterstützung war aus dem traurigen, verzweifelten, mittellosen und zynischen Polizisten ein reicher und mächtiger Herzog geworden. Seinen Zynismus jedoch hatte er sich bewahrt, und nicht einmal ein Ochsengespann auf Steroiden hätte es geschafft, den Polizisten aus Sam Mumm herauszuziehen; zu sehr war das Gift schon ein Teil von ihm geworden, als dass er es wieder aus seinem Blutkreislauf herausbekommen hätte. So
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