Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
einen Aktenordner zu sich und nahm seinen Schreibstift in die Hand. »Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten, Herr Kommandeur.«
    Eine Stunde später saß Lord Vetinari allem Anschein nach gedankenverloren mit im spitzen Winkel aneinandergelegten Fingerkuppen an seinem Schreibtisch, starrte an die Decke und wedelte zu Drumknotts Verwunderung hin und wieder mit der Hand, als dirigierte er eine unhörbare Musik. Drumknott wusste, dass man ihn dabei nicht stören sollte, wagte schließlich aber doch ein: »Es war eine wirklich sehr denkwürdige Aufführung, Euer Lordschaft.«
    Vetinari war plötzlich nicht mehr der unsichtbare Dirigent und erwiderte fröhlich: »Ja, allerdings. Angeblich verfolgen einen ja die Augen mancher Gemälde im ganzen Zimmer, was ich sehr bezweifle, aber ich frage mich, ob einen manche Musik ein Leben lang verfolgen kann.« Er riss sich sichtlich zusammen und fuhr fort: »Unterm Strich ist diese Rust-Dynastie, wenn auch nicht unbedingt mit viel Grips gesegnet, ein recht ehrenhafter und patriotischer Haufen, mehr oder weniger jedenfalls – findest du nicht auch, Drumknott?«
    Drumknott ordnete so akribisch wie unnötig einige Dokumente und antwortete: »Allerdings. Der junge Gravid ist eine bedauerliche Ausnahme.«
    »Hältst du ihn für rettungslos verloren?«
    »Eher nicht.« Drumknott faltete sorgfältig ein Tintenläppchen. »Trotzdem, Arachne arbeitet derzeit als Archivkraft in unserer Botschaft in Viericks. Sie hat um diesen Arbeitsplatz gebeten, weil sie sich sehr für giftige Spinnen interessiert.«
    »Tja, vermutlich braucht jedes Mädchen irgendein Hobby«, erwiderte Vetinari. »Gibt es denn viele davon in Viericks?«
    »Nach allem, was ich gehört habe, ist das ganze Land voll davon, und Arachne besitzt inzwischen angeblich schon eine recht große Sammlung.«
    Vetinari sagte nichts, sondern saß einfach nur mit geschlossenen Augen da.
    Drumknott räusperte sich. »Es heißt doch, dass am Ende alle Sünden vergeben werden, Euer Lordschaft?«
    Nur widerstrebend löste Havelock Lord Vetinari seine Gedanken von der zauberischen Musik, nach der er sich so sehnte. »Nicht alle, Drumknott. Nicht alle.«
    Als Mumm an jenem Abend in der Teekuchenstraße im Bett lag und der Abwesenheit der Eulen und Nachtschwalben lauschte, sagte er nach einer Weile: »Weißt du was, Liebste, ich muss bald noch mal zurück aufs Land. Volker ist ein feiner Kerl, aber sie brauchen dort ein ordentliches Hauptquartier und die richtige Anleitung, und das heißt ein bisschen mehr als nur Nobby Nobbs und Fred Colon.«
    Sybil drehte sich zur Seite. »Ach, ich weiß nicht, Sam. Fred und Nobby sind gar nicht so übel. Vielleicht reichen die beiden momentan völlig aus. Ich meine, sie sind zwar Polizisten, aber sie lassen alles extrem gemächlich angehen, und im Großen und Ganzen freut man sich, sie zu sehen. Du hast zurzeit zwei junge Männer von echtem Schrot und Korn vor Ort, und wenn du dort nicht alles durcheinanderbringen willst, ist es vielleicht nicht die schlechteste Lösung, wenn sie an diesem ohnehin ziemlich verunsicherten Ort von den Herren Langsam und Gemächlich unterstützt werden, findest du nicht auch?«
    »Ich finde, du hast wie immer Recht, Liebste.«
    »Abgesehen davon habe ich Fred gesehen. Dass er gezwungen war, seine Weltsicht neu zu überdenken, hat ihn wirklich gehörig aufgerüttelt.«
    »Er kommt schon drüber weg«, sagte Mumm. »Wenn man erst einmal hinter den dummen Fred schaut, findet man, entgegen allen Erwartungen, einen recht anständigen Menschen.«
    Sybil seufzte. »Ja, Sam, aber dieser anständige Mensch braucht Urlaub, draußen im Sonnenschein, weit weg von Qualm und Ruß und schrecklichen Verwünschungen.«
    »Aber die sind doch gerade das Beste!«, widersprach Mumm lachend.
    »Nein, er braucht Urlaub. Jeder braucht mal Urlaub, Sam, sogar du.«
    »Ich habe gerade Urlaub gehabt, herzlichen Dank auch.«
    »Nein, du hattest ein paar freie Tage, unterbrochen von Schlägereien, Hochwasser, Mordfällen und was weiß ich noch alles. Kümmere dich um deinen Schreibtisch, sieh zu, dass du alle auf Trab hältst, und dann fahren wir dort noch mal eine Woche hin, hast du mich verstanden, Sam Mumm?«
    28 Als sich der Obergefreiten Schellfisch damals der Wache anschloss, bekam er schon bald den Spitznamen »Bückling« verpasst. Offensichtlich ein beredtes Beispiel für den berühmten Polizistenhumor.
    29 Oder, was die Landratte Mumm anging, auch um-, leer- oder durchdrehte.
    30 Das leise
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher