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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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kam.
    Dann steht er auf, lächelt, geht im Zimmer hin und her und formuliert schließlich fast vorsichtig-liebevoll: »Klausing war durch seine Zurückhaltung und seine wenigen, aber klugen Anmerkungen der Stillste, am wenigsten die Aufmerksamkeit auf sich Ziehende in unserem engeren Kreis, ein besonders gewinnender Charakter. Er war nichts weniger als vorlaut. Ihn zeichnete eine völlige Unaufdringlichkeit und Bescheidenheit aus – er war in höchstem Maße vertrauenswürdig, gar keine Frage. Dafür, dass Stauffenberg ihn in den entscheidenden Momenten in seiner persönlichen Nähe haben wollte, dafür war Klausing wie geschaffen vom lieben Gott.«
    Peter Kraske, der spätere Präsident der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union, wurde von Klausing militärisch ausgebildet. »Die Seele vom Ganzen«, erinnert er sich, »war unser ›Fähnrichsvater‹, zu unserer Zeit noch Leutnant Friedrich Karl Klausing, Jahrgang 1920 und seit 1938 beim Regiment. Unter uns hieß er ›Bubi‹, und so sah er auch aus. Man konnte in Zweifel sein, ob er überhaupt schon einen Rasierapparat besaß. Aber er war ein schneidiger Offizier, der sich auch an der Front schon ausgezeichnet hatte und der trotz seiner gar nicht überzeugenden Fistelstimme eine natürliche Autorität ausstrahlte.«
    Kraske, Jahrgang1923 , bewahrt bis heute zwei freundschaftliche Briefe auf, die ihm Klausing bei seinem ersten Fronteinsatz zur Ermutigung geschrieben hat. Und er erinnert sich an ein langes Nachtgespräch unter vier Augen über das Christentum, den Glauben und ewige Dinge – da war er selbst 18 und Klausing 21 Jahre alt.
    Â»Ich fühlte mich besonders durch eine persönliche Sympathie mit ihm verbunden«, schreibt Kraskes Kollege Georg-Sigismund von Oppen. »Klausing war nicht der Prototyp eines Nationalsozialisten … Er mußte Vorbehalte gegenüber der Bewegung haben. Das spürte man an Kleinigkeiten: Er pflegte uns morgens nicht mit ›Heil Hitler‹, sondern mit ›Heil Fahnenjunker‹ zu begrüßen. Er ließ durchblicken, daß es erwünscht wäre, wenn die Fahnenjunker sich am sonntäglichen Kirchgang beteiligten.«
    Und Ewald Heinrich von Kleist, der einzige noch Lebende der Verschwörer aus dem Bendlerblock, der zusammen mit Klausing noch ganz zuletzt am 20. Juli 1944 Stauffenberg zu verteidigen versuchte, sagt:
    Â 
    Was war er für ein Mensch? Schwierig zu sagen. Irgendwo ein bisschen scheu, auf der anderen Seite soldatisch fest fundiert, mit geistig hohem Niveau, gebildet, belesen, geistig interessiert, machte es sich immer wieder schwer, prüfte alles sehr genau. Das galt auch für den Widerstand. Das war für ihn eine große Schwierigkeit: Sollte man da mitmachen? War es richtig?
    Vielen fiel das eher einfach. Ihm nicht. Er hat sich sehr darum bemühen müssen. Manche Menschen sind immer ganz sicher. Das war er nicht. Er musste immer wieder mit sich selbst seine Position erarbeiten. Er hatte Zweifel, und die beschäftigten ihn. Er war auch scheu bei Mädchen.
    Er zweifelte grundsätzlich. Das ist auch richtig. In dieser damaligen Zeit hatte man verschiedene Vorstellungen und Einstellungen zu einem Attentat auf Hitler. Das war ja nicht ganz klar. Es ließ sich auch allerhand dagegen sagen. Zum Beispiel: Ist es richtig, einen Staatsstreich mit einem Mord zu beginnen? Das ist ja nicht leicht. Und ich glaube, es ging Klausing so, weil er sehr sensibel war bis zu einem gewissen Grade, bei aller Tapferkeit, die ihn ja auch auszeichnete … Klausing war ein Mann, der nie kneifen wollte. An ihm war etwas Entschlossenes und auch Tragisches. Er war irgendwie ein Parzival.
    Â 
III.
    Friedrich Karl Klausing hatte – von seinem familiären Hintergrund aus gesehen – bis zu jenem 20. Juli im Bendlerblock einen besonders einsamen und weiten Weg hinter sich zu bringen. Darüber hat er auch mit seinen Kameraden und Fahnenjunkern nicht gesprochen. Als einer der wenigen Bürgerlichen im I.R.9 – ohne Titel und ohne eine stattliche Reihe von militärischen Vorfahren – behielt er Privates weitgehend für sich. Seine Familie war kein Thema.
    Sein Abschiedsbrief ist an die Eltern in Prag gerichtet. Dort war sein Vater Hermann Friedrich (geb. 19. August 1887) nach der Besetzung der Tschechoslowakei auf der Karriereleiter der damaligen Zeit zum Rektor der Deutschen
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