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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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»Befehle, die sich gegen die Ehre des Einzelnen wie der Gesamtheit richten, brauche und darf ich nicht ausführen.«
    Und zum Thema Mut heißt es: Moralischer Mut sei »die Voraussetzung für Wahrheitsliebe und Verantwortungsfreude. Mut brauche ich als Grundlage für eine eigene feste Überzeugung, immer für alle meine Taten einzustehen. Ich muß auch dann dafür eintreten, wenn es mir nicht gefällt oder wenn ich unangenehme Folgen sehe.«
    Ist dies auch im steilen Flug eines jugendlichen Idealismus formuliert, Klausing selbst sollte genau diese Anforderungen, gleichsam einem präzisen Drehbuch folgend, in der inneren Loslösung vom Geist seines Elternhauses, in seinem Verhalten am 20. Juli selbst und in seinem unerschrockenen Auftritt vor Freisler einlösen.
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V.
    Spätestens 1943 lernt Klausing über Schulenburg Claus Schenk Graf von Stauffenberg kennen. Sie vertrauen einander vom ersten Augenblick an. Als Stauffenberg im Herbst 1943 den Posten im Bendlerblock einnimmt – zunächst als wichtigster Mitarbeiter Olbrichts im Allgemeinen Heeresamt, später als Chef des Stabes des Ersatzheeres (erst seit dem 1. Juli 1944 war es ihm damit möglich, in die Nähe Hitlers zu kommen) –, fordert er den jungen Offizier als seinen Ordonnanzoffizier an. Wie Stauffenberg hat auch Klausing gerade erst seine zweite schwere Verwundung überstanden. Er hat Stalingrad überlebt.
    Er begleitet Stauffenberg – mit dem Sprengstoff in der Tasche –, als dieser am 11. Juli auf dem Berghof am Obersalzberg zum ersten Mal die Chance zum Attentat sieht. Klausing besorgt den Flug und wartet im Auto. Das Attentat wird im Einverständnis mit den Akteuren in Berlin abgesagt, weil Heinrich Himmler nicht anwesend ist. Klausing begleitet Stauffenberg auch am 15. Juli, bei der zweiten Gelegenheit zum Attentat, diesmal in die »Wolfschanze« in Ostpreußen. Wieder wartet er im Auto, als das Attentat aus dem gleichen Grund abgebrochen wird.
    Am 19. Juli ist er krank und nicht einsatzfähig. Deswegen wird Stauffenberg am 20. Juli von Werner von Haeften begleitet, aber selbstverständlich erscheint Klausing mittags trotz seiner Krankheit im Bendlerblock. Er ist es, der die Telefonmeldungen mit dem »Walküre«-Befehl übermittelt, die Sekretärinnen antreibt, die Telefonkontakte bedient, immer und unermüdlich an Stauffenbergs und Olbrichts Seite.
    Die zögernde Haltung einiger führender Generäle (Witzleben, Hoepner) sowie des Berliner Polizeipräsidenten (Helldorf), bei allen begründet in den frühen Gerüchten, der »Führer« habe den Anschlag überlebt, dazu das Taktieren und Lamentieren einiger Anwesender (Gisevius, Thiele) – das alles muss ihn tief erschüttert haben. Er teilt die Einschätzung Becks und Stauffenbergs, jetzt erst recht gehe es aufs Ganze. Spät am Abend nimmt Klausing den Jüngsten der Gruppe, Ewald Heinrich von Kleist, in einem Nebengang zur Seite und sagt zu ihm: »Ich habe dir immer gesagt, wir schaffen das, wir kommen durch – in Russland und an all den anderen gefährlichen Orten. Aber jetzt sage ich dir: Es ist aus!« Er sucht für den ihm Anvertrauten nach einem Ausweg, den er für sich selbst schon nicht mehr ernsthaft erhofft. Er ist auch in der Gruppe der Akteure, die bis zuletzt Beck und Stauffenberg mit Pistolen zu verteidigen suchen, um ihnen die Flucht und eventuell ein Agieren von außerhalb des Bendlerblocks zu ermöglichen. Nach deren Verhaftung gelingt ihm mit einigen jüngeren Offizieren die Flucht aus dem bereits besetzten Gebäude.
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VI.
    Was dann folgt, beschreibt eine Augenzeugin jener Nacht. Es ist die Ärztin Vera Gaupp, die Schwester des Freundes Wolfgang Gaupp, in dessen Haus in Zehlendorf Klausing wiederholt Unterschlupf gefunden hat:
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    Bleich, verstört, in größter seelischer Erregung und Verzweiflung kam er nachts um 12 Uhr zu Hause an, legte in Anwesenheit meines Bruders die Pistole auf den Tisch und sagte, daß er sich nunmehr erschießen müsse, da alles verloren sei und er das Schicksal seiner Kameraden teilen müsse.
    Die Diskussion dauerte die halbe Nacht; sie ging um Flucht, Selbstmord oder gemeinsamen Tod mit den Kameraden. Den Gedanken an Selbstmord gab er zuerst auf, da er uns nicht gefährden wollte. Auch schien ihm dieser Weg keine Lösung und Besiegelung seines Wollens. Flucht hielt er für feige, sie
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