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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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Zweifeln, Irrtümern, aber auch ihrem unerschrockenen einsamen Mut, viel zu wagen und oft nicht nur das eigene Leben zu riskieren.
    Bei einigen der Porträtierten ist es notwendig, falsche historische Einschätzungen zu korrigieren, wie beim Meister seines Metiers, dem Nachrichten-General Fellgiebel. Manchmal ist beeindruckend, wie weit sie sich, um in Stauffenbergs Nähe zu bleiben, von allen familiären Bindungen trennen mussten, wie Klausing, der aus einem Haus überzeugter Nationalsozialisten stammte. Bei anderen ist faszinierend zu beobachten, wie das eigene Erleben der Diktatur aus einem Sympathisanten einen Gegner machte, der seinem Gewissen folgte, wie der Katholik Breidbach-Bürresheim. Man findet unter den Porträtierten ebenso einige, die von Anfang an Gegner dieses Regimes aus Machtmissbrauch und Terror waren und von äußeren Einflüssen unbeeindruckt blieben, wie der Offizier, Landwirt und Mitstreiter in der Bekennenden Kirche, Dohna, oder der Diplomat und liberale Weltbürger Bernstorff. Wiederum andere entwickelten sich zu unverzichtbaren Stützen im Hintergrund, die es braucht, um so einen Staatsstreich zu wagen; dabei beeindruckt besonders die Entschlossenheit der jungen Offiziere Oertzen und Schulze-Büttger. Nicht jeder konnte zu den entscheidenden Aktionen aktiv beitragen, sein Anteil und das Risiko, das er durch sein Wissen und seine Unterstützung einging, waren deshalb nicht geringer, wie das Beispiel Plettenbergs zeigt, der in Königs- und Fürstenhäusern als Verwaltungsexperte diente.
    Bei einigen schließlich wird man begreifen, wie schwer es war, einem solchen Verschwörerkreis, der ja auch in die soziale und berufliche Isolation und Perspektivlosigkeit führte, bis zum Ende treu zu bleiben. Keiner verkörperte das stärker als Gisevius, der mit seiner Darstellung des 20. Juli nach dem Krieg auf fatale Weise das Bild von diesem Ereignis prägte. Fehlen durfte letztlich in dieser von Männern dominierten Gruppe nicht eine der Frauen, deren Anteil an der konspirativen Widerstandstätigkeit ihrer Männer, Väter, Söhne und Freunde häufig unterschätzt wurde. Der Historikerin Elisabeth Raiser, geb. von Weizsäcker, die Margarethe von Oven noch persönlich kannte, danken wir für ihr Porträt dieser ungewöhnlichen Frau aus dem Umfeld des militärischen Widerstands.
    Wenn wir den Titel »Stauffenbergs Gefährten« gewählt haben, so wollten wir dabei bewusst nicht ein homogenes Kollektiv zeichnen, das es nicht gab, sondern den historischen Augenblick, in dem sich so viele Individuen aus sehr individuellen Gründen und mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen zusammenfanden, um einen Staatsstreich zu wagen, der dann doch scheiterte.
    Alles in allem haben wir bei unserer Suche nach den »vergessenen Widerstandskämpfern« keine Helden gefunden, sondern Menschen. »In Zeiten der totalitären diktatorischen Herrschaft entsprechen menschliche Schicksale nur selten dem Schönheitsideal gotischer Kathedralen«, sagt Janusz Reiter. Aber sie sind Zeugnisse von Menschlichkeit und aufrechtem Gang in unmenschlichen Zeitumständen. Um diese Menschen unter all den historischen Bildern, Urteilen und Vorurteilen wiederzuentdecken, hat uns geholfen, dass ihre Angehörigen und Freunde, Ehefrauen, Kinder und Enkel in erstaunlichem Maße auch Einblick in private Archive gewährt haben: in Briefe, Tagebücher, Dokumente und für die Familie gedruckte Erinnerungen – vieles davon ist bislang unbekannt gewesen. Für dieses Vertrauen sind wir dankbar. Zumal wir in vielen Gesprächen erfahren haben, wie viel von der Isolation und dem Trauma der beteiligten Mitverschworenen auf die Familien überging, die nach dem Verlust ihres Angehörigen keineswegs von gesellschaftlichem Mitgefühl getragen wurden.
    Ihre Schilderungen, die in die Porträts mit einflossen, stützen die von uns gewählte Vorgehensweise. Uns ging es weniger um eine Neuschreibung des Staatsstreichversuchs, sondern vielmehr darum, das Handeln der Beteiligten erlebbarer, verständlicher, emotionaler zu zeichnen – ohne dabei das historische Geschehen aus den Augen zu verlieren. Dafür sind Zeitzeugen unverzichtbar, denn schriftliche Quellen aus Zeiten der Diktatur sind immer unvollständig und selten ein präzises Abbild der Gegenwart unter Zensur und Terror. Uns ist bewusst, dass das menschliche
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