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Atlan TH 0007 – Flucht der Solaner

Atlan TH 0007 – Flucht der Solaner

Titel: Atlan TH 0007 – Flucht der Solaner
Autoren: Hans Kneifel & Wilfried A. Hary
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1.
     
    Durstwirbel drehte sich rasend schnell, schwankte hin und her und nahm dann Kurs auf einen einzeln stehenden Baum.
    Dort gab es Insekten, kleine lose Rindenstücke und feuchte Blätter. Diese Spuren der Feuchtigkeit waren es, die Durstwirbel am Leben erhielten. In diesem ausgetrockneten Land genügten winzige Reste von Wasser, das seltsame Wesen existieren zu lassen. Warmer Wind fuhr an den Flanken der schräg liegenden, korkenzieherartig gedrechselten Säule aus Sand und winzigen Staubpartikeln entlang und versetzte Durstwirbel in schnellere Drehung. Der hungrige Fuß des Gebildes huschte ruckartig über den Boden.
    Das kurze Gras, dessen ausgedörrte Halme ineinander verfilzt waren, raschelte und knisterte. Durstwirbel tanzte vorwärts und zurück, drehte sich auf der Stelle und wandte sich dann, fast zehn Meter hoch und gut einen halben Meter durchmessend, nach Norden.
    Die Strukturen Durstwirbels gerieten in Unordnung.
    Das Staubwesen war nicht wirklich intelligent. Es wurde vom Wind getragen und war in der Lage, Feuchtigkeit zu riechen . Der fast kahle Baum auf dem übernächsten Hügel war sein erstes Ziel. Irgendwo dahinter gab es Wasser. Viel Wasser. Es war in mehreren Körpern gespeichert, die langsam nach Westen wanderten. Mehr konnte Durstwirbel vorerst nicht wahrnehmen. Doch sein nächster Angriff stand fest – wenn er sich erst an dem Baum gestärkt hatte.
    Die Sandsäule ließ sich von der Brise treiben und zielte auf den Baum. Das uralte Gewächs, dessen weiße Äste mit kleinen, hellgrünen Blättern in den verhangenen Himmel des Planeten deuteten, war eine der wenigen Orientierungspunkte in der ansonsten kahlen Landschaft. Die Gegend bestand nur aus dünner, steppenähnlicher Vegetation und flachen Hügeln. Letztere waren gerade so hoch, dass der Wind in ausreichender Weise gebrochen wurde und so die Voraussetzungen schuf, dass Durstwirbel jeden Tag ein paar Stunden existieren konnte.
    Durstwirbel, eine der wenigen Lebensformen eines Planeten, der von anderen den Namen Mausefalle VII erhalten hatte, kannte die Bedingungen seiner eigenen Existenz nicht. Der Wind ließ ihn erwachen, wenn die Feuchtigkeit aus seinem amorphen Körper geschwunden war. Dann trieben ihn die Luftströmungen hin und her, und nur die blinde Gier nach Wasser, die durch die Vergrößerung seiner Körpermasse noch verstärkt wurde, ermöglichte es Durstwirbel, seine Bewegungen selbst zu bestimmen.
    All dies wusste Durstwirbel nicht, und er kannte auch den wirklichen Namen der Welt nicht, auf der er lebte. Genau genommen ahnte er nicht einmal, dass die Fläche, auf der er sich bewegte, ein Ausschnitt der Oberfläche einer gigantischen Kugel war.
    Eines wusste der Wirbel allerdings: Spezifische Temperaturunterschiede innerhalb der Luftschichten sorgten dafür, dass Strömungen entstanden, die eine Menge Staub hochwirbelten und verdichteten. Je geringer die gespeicherte Feuchtigkeit des Staubes war, desto größer – und hungriger! – wurde Durstwirbel. Dabei kannte er einfache Formen des Ausdrucks, war in der Lage, zu fressen , nahm Licht, Dunkelheit und andere Umweltreize wahr.
    Durstwirbel erreichte den Fuß des Hügels, auf dem der uralte Baum stand. Dessen dünne Äste zitterten leicht unter der sanften Gewalt des Windes, der den thrombenförmigen Wirbel den Hang aufwärts trieb und vor den knochentrockenen Außenwurzeln anhalten ließ.
    Die unsichtbaren Wurzeln bohrten sich tief in den Boden und zogen den winzigen Rest Nässe, der den Baum am Leben erhielt, aus dem Grundwasser.
    Ein karges, lebloses Land erstreckte sich unter Durstwirbel, als er sich behutsam an den Baum schmiegte. Die ultratrockene Staubschicht schmirgelte die Insekten von den Blättern und aus der bröckelnden Rinde. Sie wurden zusammen mit Rindenstaub und der aus dem Laub gepressten Feuchtigkeit in den Wirbel eingesaugt. Binnen Sekunden wurden die Insekten jeglicher Wassermoleküle beraubt und fielen in winzigen Stücken innerhalb des Schleiers zu Boden. Der Staub nahm die Partikel auf und sank ob des dadurch gewonnenen Gewichts schnell abwärts. Feiner Sand wurde zwischen den Wurzeln hochgerissen und trug dazu bei, dass Durstwirbel stetig wuchs. Die Blätter des Baums, eben noch grün und mit prallen Adern, wölbten sich an den Rändern auf und verloren ihre Form.
    Als Durstwirbel merkte, dass es in der Umgebung des Baumes nichts mehr zu holen gab, ließ er sich vom Wind zur Seite tragen. Einige Augenblicke lang zitterte er neben dem Baumstamm
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