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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
Autoren: Bernd Frenz
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keinen Ton von mir, auch wenn sie alles daransetzte, mich dazu zu bringen. Ich glaube, sie wollte mich provozieren, ihr eine zu verpassen, wie Jo. Aber diesen Gefallen tat ich ihr nicht.
    Zum wiederholten Mal saß ich heute in einer Falle. Was für ein interessanter Tag. Auf Hilfe konnten wir nicht hoffen. Die einzige Möglichkeit waren die Blauhelme.
    Aber was hatte He-He erzählt? Die Zone sei um dreißig Kilometer gewachsen? Das bedeutete, dass die Städtchen nahe der neuen Grenze zuerst beschützt wurden. Das war militärische Operationslogik: Zuerst wurden die Leichtverletzten behandelt, da die Schwerverletzten auf dem OP-Tisch sterben könnten, und dann wären zwischenzeitlich die Leicht- zu den Schwerverletzten geworden.
    Genauso war es jetzt: Zuerst sollten die nahen Siedlungen gerettet werden, zu denen man einen leichteren Zugang hatte. Wenn die Rettungskräfte sich zu uns durchschlagen würden, konnte es noch bis zum nächsten Morgen dauern. Wer wusste schon, ob wir das überlebten.
    Die letzte Kerze erlosch, und wir saßen in völliger Dunkelheit. Der mutige Barkeeper versuchte, sich neben Dinka zu setzen und sie zu umarmen, aber sie schüttelte ihn genervt ab und setzte sich in die andere Ecke. Ich grunzte und machte es mir im Sessel bequem.Ich hatte nicht vor, diese Schlampe zu trösten und Barkeeper ließ ich auch in Ruhe. Er hatte ohnehin genug und war hier nicht das Schwein.
    „Hast du Kippen?", fragte Dinka mit kalter, fremder Stimme.
    Ich klaubte schweigend eine Zigarette heraus und steckte sie ihr zu. Dann warf ich ihr ein Feuerzeug auf den Schoß.Selbstbedienung, Liebes.Sie klickte genauso schweigend wie ich mit dem Feuerzeug und nahm einen tiefen Zug.
    Aus der dunklen Ecke, wo Jo saß, erklang ein leises, neidvolles Schnauben. Und ein Stöhnen. Ich hatte ihm beim zweiten Schlag offenbar doch ein Paar Knochen gebrochen.
    „Gib ihm auch eine Zigarette", sagte Dinka.
    „Vergiss es."
    „Gib ihm eine."
    „Vergiss es."
    Trotz meiner ablehnenden Worte holte ich eine Zigarette aus der Schachtel und warf sie ihm zu. Sogar einem Todgeweihten verwehrte man nicht den letzten Zug. Und auf uns wartete hier nur noch ein Sammelgrab.
    Die Kippe war meine letzte. Ich knüllte die leere Schachtel zusammen und warf sie unter den Tisch. Dann schaute ich mir die beiden an. Im Dunkeln sah man nur die Silhouetten und das abwechselnde Aufglimmen der Zigaretten in den Ecken. Ich hätte sie beide mit der bloßen Hand töten und ihre Leichen an die Biester draußen verfüttern können.
    Ich schloss die Augen und fing an zu dösen. Ich war vollkommen fertig von diesem Tag, an dem so viel wie in einem Monat passiert war. Auch jetzt durfte ich die Situation draußen nicht aus den Augenlassen. Davon hing unser Überleben ab.
    Und trotzdem schlief ich zu meiner Beschämung ein. Wahrscheinlich wirkte das Antibiotikum, das jetzt gegen das Hundegift kämpfte, zusätzlich einschläfernd. Mich weckte nicht das Motorengeräusch und auch nicht das scharfe Bremsen, sondern Dinkas Ruf: „Hemul!"
    Ich sprang aus dem Sessel und rannte zum Fenster. In der Dunkelheit sah man nur die Lichter des Jeeps, der am Zaun hielt. Und dann knallten Türen, und es wurde geschossen. Ich hatte noch nie in meinem Leben ein herrlicheres Geräusch gehört. Die Blinden Hunde im Garten stoben in alle Richtungen und heulten bestialisch auf. Doch einige von ihnen blieben für immer hier — mit aufgeplatzten Bäuchen und Schädeln.
    „Hemul!", hörte ich die Stimme von He-He. „Hemul, bist du da? Ihr könnt rauskommen, alles in Ordnung."
    Wir rannten zu dritt zur Tür. Dinka schnappte sich im Laufen einen Mantel und streifte ihn über den Bademantel. Im Dunkeln stolperten wir über die herumliegenden Hundekadaver und rannten He-He in die Arme. Neben den geöffneten Jeeptüren standen Stezenko und Donahugh, die kurz mit ihren Gewehren salutierten.
    „Was zum Teufel macht ihr hier?", fragte ich.
    „Wollten dich raushauen", erwiderte He-He schulterzuckend.
    „Ich habe heute zwei Freunde verloren", sagte Donahugh. „Ich möchte nicht, dass auch du draufgehst. Du bist ein echter Kerl."
    Er sagte tatsächlich „Kerl". Wahrscheinlich hatte He-He ihm das beigebracht.
    „Und ich möchte einfach nicht, dass du mich für einen Scheißkerl hältst", erklärte Stezenko. „Ich bin in deinen Augen sowieso schon das totale Arschloch. Aber in der Zone konnte ich nicht anders handeln — ich war für eine wichtige Aufgabe verantwortlich, die ich nicht vermasseln
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