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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
Autoren: Bernd Frenz
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ist da?", rief ich und nahm unbewusst Kampfhaltung ein.
    Mit einem Blick überschaute ich die Situation: ein an die Couch herangerückter Tisch, darauf eine kleine Kerze. Dann noch eine Flasche Wodka, zwei Gläser, auf dem Tablett ein Hähnchen. Zwei schmutzige Teller, im Aschenbecher ein Kippenfriedhof und eine leere Zigarettenschachtel.
    Ein erbärmliches Bild.
    Es roch nach Räucherstäbchen. Und das Bett war frisch bezogen, die Kissen aufgeschüttelt, eine Ecke der Decke kokett zur Seite geschlagen.
    Und da war noch ein Mann, der vor mir stand.
    Barkeeper Jo.
    „Hast du ein Antibiotikum? Schnell, ich geb gleich den Löffel ab", sagte ich zur Begrüßung.
    Dinka kam bereits mit einem Päckchen und einer Spritze aus der NATO-Reiseapotheke zurück. Ich steckte mir die Nadel in den Ellbogen, zielte in die blutige Wunde ... traf aber wie üblich nicht. Ich konnte mir selbst einfach nicht anständig Spritzen verabreichen. Obwohl es dem Antibiotikum letztlich egal war,wie es injiziert wurde.
    „Kranich hat mich hergeschickt", sagte Jo schnell, während ich mich selbst spritzte. Ich verstand nicht auf Anhieb, wen er meinte, aber dann dämmerte es mir: Das war der Nachname von Bubna. „Als es losging. Er bat mich, nach Dinka zu schauen."
    Aha, so ist das. Nach Dinka schauen.
    Ich spürte, wie in mir der blanke Hass aufstieg. Wie immer in solchen Situationen, wirkte ich äußerlich weiterhin ruhig und gelassen. Viele meiner Gegner fielen darauf herein, was sie später bitter bereuten. Fall sie noch bereuen konnten.
    „Lässt es sich im Bett einfacher auf jemanden aufpassen?", fragte ich sanft wie Bubna, während ich die Nadel wieder herauszog und das vertraute warme Gefühl unter der Haut spürte. Sehr gut, also werde ich auch das überleben. Und alles Weitere sehen wir dann schon.
    „In welchem Bett?", stellte sich Jo dumm.
    Meine Faust schoss vor, und ich traf ihn mit voller Wucht am Kinn. Wahrscheinlich war ich in diesem Moment furchtbar anzuschauen.
    Was für ein beschissenes Gefühl, dachte ich und ermahnte mich: Stopp! Nicht übertreiben! Wenn er dein irres Gesicht sieht, steht er nicht mehr auf und einen Liegenden wirst du nicht verprügeln können.
    Allerdings stand Jo bereits wieder auf ... und blieb erst nach dem zweiten Kinnhaken liegen. Na ja, nicht schlecht. Vielen reichte auch schon ein Schlag dieser Güte.
    Ich stieg über ihn hinweg, ging zum Tisch und schnappte mir das Hühnchen. Seit dem Steak beim Doktor hatte ich nichts mehr gegessen, und ich hatte das Gefühl, gleich in ein Hungerkoma zu fallen.Normalerweise konnte ich direkt nach der Zone nichts essen, aber heute war alles anders als sonst. Mit der anderen, mit der Hirnmasse des Hundes beschmierten Hand griff ich mir die geöffnete Wodkaflasche und trank lange und gierig. Danach war mein Kopf erst einmal völlig leer. Der Herbstwind schien traurig durch meinen Geist zu wehen.
    Man darf einen Menschen nicht so grob auf den Asphalt schicken und dort liegen lassen, liebe Dinka. Das solltest du den Kerlen überlassen.
    Jo rührte sich schwach neben meinen Füßen. Ich stieg wieder über ihn hinweg und ließ mich in den Sessel fallen. Ich warf den Hähnchenknochen auf den Boden, beugte mich zum Fenster und säuberte meine Hände sorgfältig an der Gardine.
    „Warum zum Teufel ... ?", setzte ich an, aber meine Stimme versagte, und ich verstummte.
    „Warum?", fragte Dinka, die die ganze Zeit an der Tür stand und ihre Arme überkreuzt hielt. „Da fragst du noch, du Scheißkerl? Weißt du, wie es ist, alleine in diesem leeren Haus zu sein und nicht zu wissen, wann und ob du überhaupt zurückkommst? Weißt du, wie satt ich es habe, jeden Tag darauf zu warten, dass Che die Nachricht von deinem Tod überbringen könnte? Und weißt du, welche Kinder von Stalkern geboren werden? Und weißt du ..."
    Jedenfalls konnte Dinka nicht mehr aufhören. Sie redete sich den ganzen Mist von der Seele.
    „Verstehe", sagte ich müde, als eine Pause entstand. „Ich habe dich schon immer für deinen Verstand und deine Vorsicht bewundert, Liebes."
    „Du bist ein Blödmann, Hemul. Nichts kapierst du."
    Dafür hielt sie aber endlich die Klappe. Sie ging in die Küche und schleppte schweigend alles, was für Erste Hilfe notwendig war, herbei. Sie versorgte meine Wunden schnell und routiniert mit der antiseptischen Salbe und fing an, die Stellen mit dem Schaum aus dem Pumpspray zu bedecken. Ich schluckte den Schmerz hinunter — den physischen und den seelischen, gab
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