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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
Autoren: Bernd Frenz
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Eigentlich war mir die Post ziemlich egal, in Wirklichkeit zögerte ich wohl nur den Moment des unvermeidlichen Abstiegs hinaus. Das PDA hatte lediglich einen Satz empfangen: Wo sollen wir uns treffen?
    Ich lauschte aufs Neue und versuchte trotz des Regenrauschens verdächtige Geräusche wahrzunehmen. Ringsum war alles still. Ich wischte das Wasser vom Bildschirm des PDAs und markierte unbeholfen mit einem Finger den Ort, wo sich der Absender der Nachricht einfinden sollte. Meine Nachricht bestand aus drei knappen Worten und würde dem Empfänger kaum helfen, die genauen Koordinaten zu finden. Dafür spiegelte sie aber mein Verhältnis zu der Person des Empfängers und zu seinem Vorschlag bezüglich des Treffens wider. Im Prinzip konnte diese Nachricht auch ein taktisch cleveres Manöver gewesen sein: Beim Empfang gab der Vibrationston des PDAs ein leises Summen von sich und hätte mich so enttarnen können.
    Allerdings kannte ich diese Tricks bereits und schaltete das Gerät in der letzten Stunde nur hin und wieder ein, je nach Bedarf. Es war ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen, einen alten Hasen wie mich mit solchen Mitteln übertölpeln zu wollen.
    Plötzlich begann mein linkes Auge höllisch zu jucken. Ich versuchte mit meinem Jackenärmel dran zu kommen. Erfolglos. Aber ich wollte es nicht riskieren, mit lehmverschmierten Fingern in meine Augen zu fassen.
    Was bedeutet es noch mal, wenn das linke Auge juckt?
    Mit geschärften Sinnen nahm ich die überwältigenden Gerüche der Zone wahr. Hier roch alles ganz anders als außerhalb des Bezirks. Die Luft brannte im Nasen- und Halsbereich, ätzte sich in die Haut, drang bis zu den inneren Organen vor.
    Saure Schlacke.
    Die ehemalige Station in der Nähe der ehemaligen Rostok-Fabrik brannte. Ozonschatten. Sogenannte Fleischwölfe im Tal sprühten Funken. Der Gestank nach faulen Eiern, vermischt mit Essigdunst.
    Giftiger Nebel kroch von den Sümpfen aus in Richtung Grenzbereich. Der Geruch von Waffenöl hing in der Luft, vermischt mit den typischen Ausdünstungen von mit Kreosot imprägnierten Eisenbahnschwellen, von eiterndem Fleisch, von Regen und klammer Kleidung.
    Der Geruch von Angst, Anspannung und vibrierenden Nerven.
    Wie ich erwartet hatte, zeigte das Strahlenmessgerät an, dass der Abgrund mit einem frischen Fleck Cäsium überzogen war. Na klar.Der Fleck war nicht sehr groß, etwa vierzig Meter in die Länge und nach Norden ausgerichtet. Dieser musste offensichtlich nach dem gestrigen Blowoutent standen sein, denn Vaselin war hier vorgestern noch problemlos durchgekommen.
    Das machte die ganze Situation noch einen Tick beschissener. Im Prinzip stellte eine kurzfristige Bestrahlung für mich kein Drama dar — im Prinzip war die Deponie ohnehin ein einziger strahlen verseuchter Haufen, und mein Jahresmaximum hatte ich noch nicht erreicht —, allerdings konnten in so einem verstrahlten Gebiet alle möglichen Biester hausen. Jeder Blowout veränderte die Zone bis zur Unkenntlichkeit. Bekannte Routen verwandelten sich in Hindernisse mit tödlichen Fallen.
    Aber es gab keinen anderen Weg — den Rückzug über die ungedeckten Hügel und die von allen Seiten gut einsehbare Senke anzutreten war unmöglich.
    Die Typen warten nur darauf, dass ich raus klettere. Elende Schakale! Selbst wenn sie mich nicht eigenhändig erledigen, so werden sie mich auf jeden Fall bis zum Stacheldraht der Grenzwachen in der Nähe der halb zerstörten Eisenbahnbrücke jagen — vom Regen in die Traufe also ...
    Allerdings wurde die Zeit knapp, ich musste in Bewegung bleiben. Denn Bewegung ist Leben, wie schon der berühmte Physiologe Pawlow höchst treffend bemerkte. Übrigens, auch wenn es nicht Pawlow gewesen sein sollte, ändert das nichts am Wahrheitsgehalt dieser Feststellung.
    Ich rollte mich schnell über die Gleise, und sofort schlug direkt vor meinem Gesicht eine Kugel ein. Kurz darauf hörte ich vom nahen Hügel das typische Geräusch einer AK.
    Heilige Scheiße!
    Ich drückte mich tief zwischen die morschen Eisenbahnschwellen. Es heißt, dass die Kugel einer Kalaschnikow problemlos Metallgleise zu durchschlagen vermag. Nun, diese schaffte es ganz offensichtlich nicht, sondern jaulte als Querschläger in ein Gebüsch am Rande des Abgrunds und riss die Wand aus roten Blättern auseinander.
    Der Nachhall kroch langsam in Richtung Horizont und wurde wenige Augenblicke später vom Rauschen des Regens verschluckt.Dann war alles still.
    Das PDA vibrierte unruhig. Der Blinde Hund
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