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Des Kaisers Gespielin (German Edition)

Des Kaisers Gespielin (German Edition)

Titel: Des Kaisers Gespielin (German Edition)
Autoren: Ana Hofmann
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Lichter tanzen vor meinen Augen, eine Kaskade von blauen und weißen Lichtpunkten glitzert den großen Saal entlang, ruft mich, kitzelt meinen Arm hinauf. Ich sehe in die Menge. Schöne Menschen in schönen Kleidern blicken auf mich, eine seltsam gesichtslose Masse. Sie stehen still und starren. Unsicher blicke ich an mir hinab, die Luft entweicht meinen Lungen. Ich erröte. Ich bin nackt. Fast jedenfalls. Ein Kleid aus goldener Seide bedeckt meinen schmalen Leib, so dünn, dass meine Brustwarzen im funkelnden Licht geradezu heraus leuchten. Jeder Zentimeter meines Körpers ist durch den feinen Stoff sichtbar, die dunkle Vertiefung meines Nabels, mein sorgfältig frisiertes Schamhaar. Entsetzt blicke ich wieder auf. Niemand rührt sich, aber ich kann ihre Blicke spüren. Abschätzend, schonungslos, lüstern. Ich stehe festgefroren, voller Panik und Scham.
    Plötzlich ertönt ein scharfes Pochen vom anderen Ende des Saales und die Menge wendet sich um, abgelenkt von meiner schutzlosen Verhüllung. Auch ich blicke dem Pochen entgegen, versuche zu erkennen, was dort vor sich geht. Ein alter Mann betritt den Raum, in der Hand einen metallenen Stab. Er setzt ihn schwungvoll auf den Boden, das Pochen teilt die Menge und durch die Gasse sehe ich einen Mann schreiten, erhobenen Hauptes und würdevoll. Sein Blick ist fest auf mich gerichtet. Ich kann sein Gesicht nicht sehen, nur seine Augen, die auf mir ruhen. Es sind harte Augen. Augen, die es gewohnt sind zu befehlen. Ein Schaudern durchfährt meinen Körper, jedes einzelne meiner Haare richtet sich auf vor ängstlicher Erwartung. Ich möchte mich verstecken, verhüllen, fortlaufen, aber ich stehe nur da. Schließe meine Augen und warte auf das, was kommt...
     
    1.
    „Lila, träumst du?“
    Die scharfe Stimme meiner Mutter weckte mich höchst unsanft, wenn auch nicht ganz unwillkommen. Ich hasste diesen Traum, konnte mich seiner Dringlichkeit aber nicht entziehen. Orientierungslos und immer noch benommen blickte ich mich um. Der Himmel hatte sich mittlerweile verdunkelt, die Bäume rauschten im auffrischenden Wind und ich lag in der alten, abgenutzten Hängematte hinter dem Haus. Ein missbilligendes Räuspern ließ mich zu dem alten Gemäuer aufschauen. Aus dem Fenster ihres Schlafzimmers ragte das edel frisierte Haupt meiner Mutter. Nur eine kleine graue Strähne ihres beinahe noch schwarzen Haares war seinen gestrengen Klemmen entwischt und tanzte lustig im Wind.
    Ich kicherte. Fragend blickte sie mich an.
    „Ich muss eingeschlafen sein.“, entschuldigte ich mich, um einen ernsthaften Gesichtsausdruck bemüht.
    „Geh rein, mach dich nützlich! Wenn du nur faul herum liegst, verkühlst du dich.“
    Sie murmelte noch etwas Unverständliches und schloss ärgerlich und geräuschvoll ihre Fensterläden. Mutter hasste jeglichen Anschein von Müßiggang.
    Eine Strähne meines Haares kitzelte mich an der Nase, ich strich sie zurück und rieb mich ausgiebig an der Stirn.
    Was für ein Traum! Er war noch intensiver, noch lebendiger gewesen, als in den Wochen zuvor. Die Neuigkeiten mussten mich wohl doch stärker mitgenommen haben, als ich geglaubt hatte. Die Neuigkeiten... ich seufzte. Das drohende Unheil über meinem Haupt und der einzige Gedanke darin, seit dieser unheilvollen Zusammenkunft in Vaters Studierzimmer vor beinahe einem Monat. Es hatte keinen Zweck jetzt darüber nachzudenken, sagte ich mir und schüttelte abwehrend meinen Kopf. Vater wird bald zurück sein und noch ist nichts beschlossen, redete ich mir hilflos ein. Sicher würde er einen Weg finden. Ich schloss kurz meine Augen und bat stumm um Hilfe. Vielleicht gab es noch einen Ausweg, vielleicht...
    Kurzentschlossen schwang ich mich aus meiner Lagerstatt und ging steten Schrittes zurück zum Haus. Ich würde in der Küche helfen, beschloss ich, das würde mich ablenken. Bald war es ohnehin Zeit für das Nachtmahl und bis dann würde hoffentlich auch mein Vater zurückgekehrt sein.
    Am Herd stand Elli, die Küchenmagd, ihre ausladenden Hüften schwangen zu einem Takt, den nur sie zu hören schien.
    „Kann ich helfen?“
    Erschrocken fuhr sie herum, offensichtlich hatte sie mich nicht kommen gehört.
    „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“
    Betreten schaute ich in ihr rundes gerötetes Gesicht. Sie schüttelte abwinkend den Kopf.
    „Ist schon gut, Lila.“
    Lange sah sie mich an, wie um sich meine Züge einzuprägen, und ich meinte, ein leises Bedauern in ihrem Blick zu entdecken, aber
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