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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Kristalle geräuschvoll in die Nebenhöhlen. Sein Arbeitgeber war fuchsteufelswild, beherrschte sich aber. »Wir hätten jetzt gerne den Kaffee, Cleavon.«
    »Jau«, sagte der Diener.
    Im Wohnzimmer röhrte ein angeheiterter Peter Cipriani dem zurückkommenden Chuck Lord ein Rätsel entgegen:
    »He, Chuckie! Was ist dreißig Zentimeter lang und weiß?«
    »Was?« lautete die verhaltene Antwort.
    »Nichts«, schrie Peter. »Absolut nichts!«
    Arch Gidde hätte sterben können.

Prues Coup
    Die Leute sagten die gemeinsten Sachen über Prue Giroux.
    Ihre gertenschlanke Figur und ihr gutes Aussehen, sagten sie, hatten ihr zu allem verholfen, was sie sich immer gewünscht hatte – außer zu Respekt. Wenn die Leute über ihre Scheidung von Reg Giroux sprachen, war Reg derjenige, der »immer so nett« gewesen war. Durch einen merkwürdigen Zufall war er auch der mit den vierzig Millionen Dollar gewesen.
    Von denen hatte Prue jetzt ein paar, Gott sei Dank. Und ein Stadthaus von Tony Hail auf dem Nob Hill. Und genügend Galanos-Kleider, um die gesamte Amtszeit von Nancy Reagan zu überstehen, selbst wenn sie – toi, toi, toi – acht Jahre dauern sollte.
    Das wahre Geheimnis von Prues Macht lag jedoch in ihrer Kolumne in der Western Gentry. Prue hatte entdeckt, daß es egal war, wenn man keiner alten Familie entstammte und der eigene Reichtum nur auf einer Abfindung beruhte. Was machte es schon, wenn man sich vertat und That’s wie »Thais« aussprach oder nach dem ersten Satz einer Symphonie klatschte oder am hellichten Nachmittag einen Empfang mit Smokingzwang gab? Wenn man eine Klatschkolumne schrieb, kam man bei dem Mistvolk immer rein.
    Natürlich nicht bei allen. Manche von den distinguierten Herrschaften aus San Mateo (sie hatte sich dazu erzogen, nicht Hillsborough zu sagen) beobachteten Prue immer noch mit kühler Distanziertheit. Den jungen Salonlöwinnen schien jedoch klar zu sein, daß ihre Stellung ohne eine zumindest nominelle Anerkennung durch die Klatschpresse völlig ungesichert war.
    Deshalb luden sie Prue zum Mittagessen ein.
    Nicht zum Abendessen, nur zum Mittagessen. Als zum Beispiel Ann Getty im Februar ihre Soiree für Baryschnikow im Bali’s gegeben hatte, war es nicht wirklich nötig gewesen, Prue am Geschehen teilnehmen zu lassen; die Gäste hatten ihr die pikantesten Details einfach am nächsten Morgen telefonisch mitgeteilt.
    Prue störte das eigentlich nicht. Sie hatte viel durchgemacht, und das war ihr bewußt. Ihr Hang, sich als »einfaches Mädchen vom Lande aus Grass Valley« vorzustellen, war keine Affektiertheit. Sie war ein einfaches Mädchen vom Lande aus Grass Valley – eines von sieben Kindern, die ein Traktorenvertreter mit seiner Frau, einer Adventistin vom Siebenten Tag, großgezogen hatte.
    Als sie Reg Giroux kennenlernte, der damals Chef eines mittelständischen Flugzeugherstellers war, hatte Prue gerade erst als Dentalhygienikerin zu arbeiten angefangen; das heißt, sie reinigte ihm die Zähne mit Zahnseide. Regs Freunde waren entsetzt, als er im Sommer im Bohemian Grove ihre Verlobung bekanntgab.
    Trotzdem schien die Ehe einige Zeit zu funktionieren. Prue und Reg bauten sich im Mother Lode Country ein weitläufiges Ferienhaus, das zum Schauplatz vieler aufwendiger, jeweils mit einem Motto versehener Kostümfeste wurde. Bei ihrem Grün-und-Rosa-Ball spielte Prue für Erica Jong, Tony Orlando und Joan Baez die Gastgeberin, und zwar für alle drei am selben Nachmittag. Sie konnte kaum an sich halten.
    Das wurde schließlich zum Problem. Reg fühlte sich in seiner Gesellschaftsschicht wohl, und weder teilte noch verstand er das anscheinend unstillbare Verlangen seiner Frau nach Prominenten. Prues wöchentliches Mittagessen inklusive Stargast, das auf dem Nob Hill stattfand und das sie hochtrabend »Forum« getauft hatte, wurde von den distinguierten Herrschaften so einmütig gemieden, daß sogar ihr Mann darunter zu leiden begann.
    Deshalb machte er sich aus dem Staub.
    Zu Prues Glück fiel ihre Scheidung praktischerweise mit der Verhaftung und Verurteilung (wegen exhibitionistischer Handlungen) des Western-Gentry -Klatschkolumnisten Carson Callas zusammen. Also lud sie den Herausgeber der Zeitschrift zum Mittagessen ein und setzte zu ihrem Coup an. Der Herausgeber, der selber ein einfacher Junge vom Lande war, verwechselte Prues einstudierte Eleganz mit aristokratischer Würde und engagierte sie vom Fleck weg.
    Von da an war sie ihre eigene Herrin.
     
    Prues dreijähriger
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