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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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gegangen – 1977. Seither waren sie Freunde, verschworene Vertraute, Brüder. Michael liebte Ned; er erzählte dem älteren Mann seine amourösen Heldentaten wie ein kleiner Hund, der etwas nach Hause schleppte und es seinem Herrchen ehrfürchtig vor die Füße legt.
    Und Ned hörte immer zu.
     
    »Hast du Lust, morgen abend ins Devil’s Herd zu gehen?« fragte Ned. »Da spielt eine Liveband.«
    Michael blickte von seiner Arbeit auf. Er verpackte gerade die Primeln für einen Immobilienmakler aus Pacific Heights, der ewig lange zwischen den rosafarbenen und den gelben geschwankt hatte. Der Immobilienmakler beäugte Ned mit einem giftigen Blick und quengelte weiter: »Natürlich stehen auf der Terrasse ein paar Töpfe mit Fuchsien, und die sind in so einem blaustichigen Rot. Ich meine, vielleicht paßt das Rot gar nicht zu dem Gelb. Was sagen Sie denn dazu?«
    Michael warf Ned einen entschuldigenden Blick zu und bemühte sich um Geduld seinem Kunden gegenüber. »Alle Blumen passen zueinander«, sagte er gelassen. »Gott ist kein Dekorateur.«
    Der Immobilienmakler zuckte kurz mit den Augenbrauen. Vielleicht überlegte er, ob die Bemerkung unverschämt gewesen war. Dann lachte er trocken. »Aber manche Dekorateure sind Gott, stimmt’s?«
    »Nicht bei mir«, sagte Michael lächelnd.
    Der Immobilienmakler rückte näher heran. »Sie kannten Jon Fielding, oder?«
    Michael tippte die Preise ein. »Könnte man sagen«, antwortete er.
    »Oh … falls ich einen wunden Punkt getroffen habe, tut es mir leid.«
    »Keine Bange.« Er lächelte lässig und hoffte, daß er nicht so gereizt klang, wie er sich fühlte. »Es ist lange her, das ist alles.« Er schob seinem Inquisitor den Karton mit den Primeln hin. »Sie kennen ihn, hm?«
    Der Immobilienmakler nickte. »Wir sind mal gemeinsam zu einem Treffen von Gamma Mu geflogen.« Er warf den Namen wie einen Köder – als wüßte alle Welt über die nationale Vereinigung schwuler Millionäre Bescheid.
    Michael biß nicht an. »Grüßen Sie ihn schön von mir, wenn Sie ihn sehen«, sagte er.
    »Gut.« Der Immobilienmakler stierte einen Moment lang vor sich hin, dann streckte er die Hand aus und steckte seine Visitenkarte in die Tasche von Michaels Overall. »Damit Sie wissen, wer ich bin«, sagte er sotto voce. »Sie sollten abends mal bei mir vorbeikommen. Ich habe Video.«
    Er ging, ohne auf Antwort zu warten. An der Tür mußte er an Ned vorbei.
    »Und, wie isses?« fragte Ned.
    Michael schaute die Karte des Immobilienmaklers kurz an, las den Namen Archibald Anson Gidde und warf sie in den Abfalleimer. »Entschuldige, Ned, was hast du gesagt?«
    »Das Devil’s Herd«, sagte Ned. »Morgen abend?«
    »Ach so … ja. Klar. Gern.«
    Ned musterte ihn kurz, dann fuhr er ihm durch die Haare. »Fühlst du dich auch wohl, Bubba?«
    »Klar«, sagte Michael.
    »Hat der Kerl …?«
    »Er kennt Jon«, sagte Michael. »Das ist alles.«

Die A-Schwulen treffen sich
    ArchGidde war völlig aufgelöst. Zwanzig Minuten vor der erwarteten Ankunft seiner Gäste zum Abendessen steckten die gelben Primeln immer noch in ihren schäbigen Plastiktöpfchen. Und Cleavon – der Teufel sollte den faulen, unzuverlässigen Kerl holen – war immer noch in der Küche und trödelte mit dem Sushi herum.
    Arch brüllte aus dem Schlafzimmer. »Cleavon … Cleavon! «
    »Jau«, antwortete Cleavon.
    Der Immobilienmakler zuckte vor dem Spiegel zusammen. Um Himmels willen, jau. Harold hatte nie jau gesagt. Harold war tuntig gewesen, klar, aber niemals respektlos. Doch Arch hatte Harold bei der Scheidung verloren, und Rick war zu egoistisch (und viel zu gewieft), um sich von einem fähigen Diener zu trennen, der schwarz und schwul war.
    »Cleavon«, schrie Arch, »ich kann nicht deutlich genug betonen, daß die Primeln eingetopft werden müssen, bevor die Gäste eintreffen. Vier sollen in den Elefantenkübel und vier in den Kasten am Ende der Terrasse.«
    Pause. Dann ein weiteres Jau.
    Arch Gidde stöhnte laut auf. Dann schob er die Ärmel seines neuen Kansai-Yamamoto-Pullovers von Wilkes hoch. Der war mit einer großen, mehrfarbigen Hyäne bestickt, die sich schräg über seine linke Schulter legte. Ist das zuviel? fragte er sich.
    Nein, entschied er. Nicht zum Sushi.
     
    Die Gäste trafen fast gleichzeitig ein. Sie hatten alle an einer Cocktailparty bei Vita Keating teilgenommen, der Frau des Presto-Pudding-Erben.
    Es waren: Edward Paxton Stoker Jr. und Charles Hillary Lord (die Stoker-Lords), William Devereux
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