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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Bescheid?«
    Emma schüttelte den Kopf. »Sie hat sich nich wieder gemeldet.«
    »Und du hast nicht die Polizei gerufen?«
    »Nein, Ma’am. Ich hab doch gewußt, daß Sie zurückkommen. Da hab ich mir gedacht, daß Sie dort selber anrufen wollen … wenn Sie erst mal wissen, daß den Kindern nix passiert is.«
    »Damit hast du völlig recht.« DeDe wandte sich an Mary Ann. »Ich geh mal zur Garage raus. Warum bleiben Sie nicht hier und leisten Emma Gesellschaft?«
    Mary Ann war erleichtert, hielt aber einen Pro-forma-Protest für angebracht. »Möchten Sie nicht doch, daß ich mitkomme?«
    »Ehrlich gesagt«, erwiderte DeDe, »ist es mir lieber, wenn Sie hierbleiben.«
     
    Sie blieb zehn Minuten weg. Als sie wiederkam, war ihr Gesicht praktisch ausdruckslos. »Kann ich mit Ihnen sprechen?« fragte sie leise.
    Sie ließen Emma im Wohnzimmer zurück und konferierten in der Bibliothek.
    »Eins muß ich von Ihnen wissen«, sagte DeDe.
    Mary Ann fühlte sich schauerlich unwohl. »Ja?«
    »Was wollen Sie damit anfangen?«
    »Sie meinen … mit der Story?«
    DeDe nickte.
    »Na ja … ich hab mir eigentlich noch keine … DeDe, ist er’s denn?«
    »Lassen wir das noch kurz beiseite. Wir müssen rasch ein paar Entscheidungen treffen. Sie hat ihn kaltblütig erschossen, Mary Ann … er war nicht mal im Haus, und er war unbewaffnet. Es wird zwangsläufig zu einem Mordprozeß kommen, und dann muß diese alte Frau noch einmal durch die Hölle …«
    »Aber … wenn er der ist, für den Sie ihn halten … wird es doch sicher …«
    »Dann werden Emma und Mutter und die Kinder … wir alle miteinander … die ganze Öffentlichkeit am Hals haben. Mir reicht’s, Mary Ann. Ich hab keine Lust, meine Familie noch länger zu quälen. Ein glücklicher Ausgang der ganzen Geschichte war noch nie so greifbar nah. Und ich werd alles tun, damit es dabei bleibt.«
    »DeDe … was wollen Sie damit sagen? Was erwarten Sie denn?«
    »Ich möchte, daß Sie nur einen Teil der Geschichte erzählen. Über meine Flucht können Sie von mir aus alles sagen … und über Kuba. Ich will nur nicht, daß Sie darüber hinausgehen. Sie haben das mal angeboten. Und ich muß jetzt wissen, ob das Angebot noch gilt.«
    »DeDe … Sie wissen, daß ich mich dran halten würde, aber …«
    »Aber was?«
    »Na ja … es gibt noch andere, die Bescheid wissen.«
    »Eigentlich nur Mutter. Und sie hat das Allerschlimmste verschlafen.«
    »Und Prue«, ergänzte Mary Ann.
    »Das meinen Sie doch nicht im Ernst. Sie hat mit ihm geschlafen, Mary Ann! Sie würde am liebsten vergessen, daß überhaupt was war. Sie hat nicht mal wieder angerufen, nachdem sie Emma gewarnt hat. Vergessen Sie die blöde Kuh.«
    »DeDe … eine Leiche im Garten ist aber nicht so leicht zu vergessen. Wir können nicht einfach so tun, als war nichts passiert.«
    DeDe schaute sie an. Entschlossen und lange. »Warum nicht?« fragte sie.
    »Sie meinen …«
    DeDe nickte. »Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch, bevor Mutter wach wird.«

Ein Spinnennetz
    Als sie mit DeDe vor dem Stadthaus von Prue Giroux auf dem Nob Hill stand, entdeckte Mary Ann mit einigem Entsetzen, daß sie immer noch etwas Erde an den Schuhen hatte.
    »O Gott«, sagte sie mit einem finsteren Blick auf ihre Schuhe, »ich hab gedacht, ich hätte alles abgewischt.«
    DeDe drückte auf Prues Klingel. »Sie wird’s nicht merken. Außerdem, was macht schon ein bißchen Erde? Das kann doch jedem passieren. Wie geht’s übrigens Ihrem Rücken?«
    »Besser«, sagte Mary Ann.
    »Schön.«
    »Ich bin solche Anstrengungen nicht gewöhnt.«
    DeDe grinste sarkastisch. »Freut mich zu hören.«
    Darauf konnte Mary Ann nur mit einem Lächeln antworten. »Was haben Sie ihr gesagt?« fragte sie.
    »Wem?«
    »Prue.«
    DeDe zuckte mit den Schultern. »Nur, daß wir vorbeikommen, um die Kinder abzuholen.« Als sie hörte, daß im Haus eine Tür geöffnet wurde, drückte sie Mary Anns Arm und flüsterte: »Seien Sie unbesorgt. Und überlassen Sie das Reden mir.«
     
    Es wurde jedoch kaum etwas geredet, als DeDe ihre Kinder zu Gesicht bekam. Sie fiel auf die Knie, drückte sie an sich und heulte drauflos.
    Mary Ann und Prue sahen schweigend zu und weinten ebenfalls.
    Nur die Kinder kamen ohne Tränen aus. Sie fanden das Wiedersehen ebenso erfreulich wie selbstverständlich. Als ihre Mutter sie aus der Umarmung entließ, hüpften sie aufgeregt um sie herum und wollten ihr alle Abenteuer erzählen, die sie ohne sie erlebt hatten.
    »Na, na«,
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