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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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stieg ein und machte DeDe die Tür auf.
    DeDe stieg wortlos ein.
    »Wann dann?« fragte Mary Ann.
    DeDe sah sie an und sagte nach kurzem Zögern: »Später … ja?«
    »Ist gut«, sagte Mary Ann.
     
    Der Grund für das lange Schweigen während der Fahrt nach Hillsborough war schlicht die Müdigkeit. Sie brauchten Zeit, um sich von allem zu erholen, erkannte Mary Ann; um die Krise – und einander – mal für eine Weile los zu sein. Als sie in die kreisrunde Auffahrt von Halcyon Hill einbogen, sprach Mary Ann das Thema direkt an.
    »Ich glaub, wir brauchen eine Pause«, sagte sie. »Und ein bißchen Schlaf. Warum lassen Sie sich von Ihrer Mutter nicht ein bißchen verwöhnen? Ich ruf morgen vormittag an, und dann reden wir.«
    DeDe beugte sich zu ihr hinüber und umarmte sie. »Sie waren großartig. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand anderes das alles getan hätte.«
    »Ist schon gut«, sagte Mary Ann.
    »Ich hoffe, man ist Ihnen nicht böse.«
    »Wer?«
    »Der Sender. Weil Sie Ihre Show nicht gemacht haben.«
    »Ach so.« Sie hatte DeDe nichts von Bambi Kanetaka erzählt, und jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. »Ich denke, das läßt sich wieder kitten.«
    »Hoffentlich.« DeDe kletterte aus dem Wagen und warf die Tür zu. »Schlafen Sie gut. Wir reden dann morgen.«
    »DeDe?«
    »Ja?«
    »Ich glaub, es ist Zeit, daß wir die Polizei verständigen.«
    DeDe blieb überraschend ruhig. »Ja. Glaub ich auch.«
    »Gott sei Dank.«
    »Tia … es ist wohl soweit. Die Einzelheiten besprechen wir morgen.«
    Mary Ann spähte zum Haus hinauf. »Sind Sie sicher, daß Ihre Mutter da ist?«
    »Ihr Wagen steht da«, sagte DeDe.
    »Soll ich warten, bis Sie drin sind?«
    »Nein. Schon gut. Fahren Sie nach Hause, Mary Ann. Und kriechen Sie zu Brian ins Bett.«
    Mary Ann schaute auf die Uhr. Drei Minuten vor acht. »Ja, vielleicht ist es noch nicht zu spät«, sagte sie lächelnd.
    DeDe zwinkerte ihr zu. »Dafür ist es nie zu spät.«
     
    Als Mary Ann wegfuhr, beobachtete sie DeDe im Rückspiegel, bis sie Emma an der Haustür sah. Nachdem diese Frage geklärt war, machte sie es sich hinter dem Lenkrad bequem und fing an, sich eine Erklärung für Bambi zurechtzulegen.
    Sie mußte daran denken, daß sich die Moderatorin bereits den dritten Tag in Gefangenschaft befand.
    Es sei denn, Mrs. Madrigal hatte sie nicht so lange festhalten können – oder wollen.
    Sie hatte am Flughafen nicht nach den Zeitungen gesehen. Es war gut möglich, daß Bambi die Geschichte schon gebracht hatte. Und was war, wenn Bambi Mrs. Madrigal und die anderen angezeigt hatte …?
    Sie war fast schon am Tor von Halcyon Hill, als sie den Aufruhr hinter sich bemerkte. Im Rückspiegel sah sie DeDe, die ihr laut schreiend nachrannte.
    »HALT! KOMMEN SIE ZURÜCK, MARY ANN! KOMMEN SIE ZURÜCK! …«

Wohin damit?
    Emma saß mit majestätisch im Schoß gefalteten Händen auf einem Stuhl, während DeDe und Mary Ann hektisch um sie herumliefen.
    »Wo ist er?« fragte DeDe.
    »Draußen«, antwortete Emma. »Ich hab ihn hinter die Garage gezerrt.« Als sie sah, daß Mary Ann die Stirn runzelte, fügte sie hinzu: »Er hat sich in der Dunkelheit rangeschlichen, Miss DeDe. Miz Giroux … sie hat angerufen und gesagt, daß er unterwegs ist, und von Ihrer Mama hab ich da schon gewußt, daß es Jim Jones is … und ich hab sie um nichts auf der Welt wach gekriegt.«
    »Die Kinder waren nicht …?«
    »Miz Giroux hat sie.«
    »Sind sie …?«
    »Er hat ihnen kein Haar gekrümmt, Miss DeDe!«
    DeDe schloß die Augen und schluckte. Sie griff nach Mary Anns Hand und teilte die Gefühle dieses Augenblicks mit ihr. Emma sah die beiden mit Tränen in den Augen an. »Der Herr gibt auf uns acht«, sagte sie.
    DeDe eilte auf die alte Frau zu, kniete neben ihr nieder und umarmte sie heftig. »Das war nicht der Herr, Emma. Das warst du. Gott segne dich, Emma. Gott segne meine wunderbare Emma!«
    Emma drückte die Hand an DeDes Wange. »Er hat’s auf meine Familie abgesehen gehabt«, sagte sie.
    DeDe lachte und umarmte sie von neuem. »Wie geht’s Mutter denn?«
    Emma zuckte mit den Schultern. »Sie ist noch nicht wieder wach.«
    »Du meinst … sie weiß gar nichts?«
    »Nicht das geringste«, sagte Emma. »Sie hat gestern am Abend wieder drei so Tabletten genommen.«
    »O Gott«, murmelte DeDe. »Ich hab ihr gesagt, sie soll eine nehmen.«
    »Ich hab versucht, sie aufzuwecken«, sagte Emma. »Wie Miz Giroux angerufen hat, hab ich …«
    »Weiß sie denn
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