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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Newman
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Kommen zwei Frauen in eine Bar. Ende, keine Pointe.
    Ich bin die Frau linker Hand, die in dem total unangebrachten schwarz-weiß gemusterten Sommerkleid. Wir haben den schneereichsten Februar seit achtunddreißig Jahren, aber ich bin erst seit drei Tagen aus meinem vierwöchigen Urlaub in Buenos Aires zurück und möchte, dass man meine Sonnenbräune sieht.
    Vier Wochen Buenos Aires. Klingt phantastisch, oder? Nur dass mein Hotel eine Bruchbude im Barrio de Boedo war, wo die Übernachtung nur sechs Pfund kostete. Stellen Sie sich ein Problemviertel vor, achtundneunzig Prozent Luftfeuchtigkeit, keine Klimaanlage im Zimmer, Funzel an der Decke, Gemeinschaftsdusche. Ich bin dreiunddreißig Jahre alt und verdiene einigermaßen gut. Gemeinschaftsduschen sind nicht mein Ding, erst recht nicht, wenn ich sie mit achtzehnjährigen Österreichern teilen muss, die behaupten, Wiener Blut wäre das beste Falco-Album, das er jemals aufgenommen hat. Aber von diesen Wiener Würstchen mal abgesehen, hatten Laura und ich die beste Zeit unseres Lebens.
    Laura ist das Mädchen, das rechts von mir steht. Sie ist meine beste Freundin, kommt aus dem Norden Englands und nimmt kein Blatt vor den Mund. An diesem Abend trägt sie ein Polokleid und eine Wollmütze. Zusammen sehen wir lächerlich aus, aber das ist uns egal.
    Es ist einer von diesen Abenden. Vielleicht liegt es an unserem Outfit oder unserer Bräune oder der Geselligkeit, die ein verschneiter Freitagabend in London mit sich bringt – nach einer Weile stehen wir im Mittelpunkt des Geschehens. In den letzten zwanzig Minuten hat ein Typ namens Rob versucht, bei mir zu landen, aber für meinen Geschmack ist er zu schön, außerdem gibt er damit an, Martin Scorseses Besetzungschef zu kennen.
    »In dem Kleid könntest du eine Gangsterbraut spielen«, sagt er. »Mit diesen großen grünen Augen und bei deinen Kurven.«
    Ich lache. Ich trage Kleidergröße vierzig, habe Busen und Hintern, aber die Frau, die er an der Bar stehen lassen hat und die sich jetzt mit seinem Kumpel unterhält, trägt eine Seidenbluse, durch die man ihre Rückenwirbel zählen kann.
    »Sind deine Augen echt?«, fragt Rob.
    »Nee, das sind zwei weiße Pfefferminzbonbons. Die Iris bemale ich jeden Morgen so, dass sie zur Farbe meiner Schuhe passt«, sage ich.
    »Dein Pinselstrich gefällt mir«, sagt er grinsend.
    »Deine Freundin wird langsam sauer«, bemerkt Laura.
    »Sie gehört zu meinem Freund«, murmelt Rob und fummelt an seiner Uhr herum. »Wollt ihr noch was trinken? Zwei Margaritas?« Er steuert auf die Bar zu. Ehe er zurück ist, kommt sein Freund auf uns zu. Er ist nicht so schön wie Rob und viel eher mein Geschmack.
    »Der verschwendet ja keine Zeit«, sagt Laura.
    Ich sage nichts. Ich schaue Robs Freund an und mich ergreift ein seltenes, aber bekanntes Gefühl: Gleich wird etwas Großartiges geschehen.
    »Warum redest du mit Rob?«, fragt er mich und grinst. »Der gefällt dir doch gar nicht.«
    »Warum interessiert dich das?«, sage ich. »Gefalle ich dir denn?«
    Er sieht mich einen Herzschlag lang an. »Yeah.«
    »Na, dann kannst du ja mit mir reden. Wie heißt du?«
    »James.«
    »Und wie weiter?«
    »James Stephens.«
    »Wie der Dichter.«
    »Ah, eine gebildete Frau.«
    »Bin ich nicht. Aber meine Großmutter kennt ein Gedicht von ihm, das sie gern zum Besten gibt.«
    »Ein Liebesgedicht?«
    »Ja, über einen Mann, der seine überfürsorgliche Frau erwürgt.«
    Er lacht. »Du hast Humor. Und warmherzig bist du auch, das sehe ich an deinen Augen. Verschwende deine Zeit lieber mit mir als mit Rob.«
    Das habe ich dann auch getan. Ich habe mit ihm geredet, mit ihm Tango getanzt, drei Margaritas mit ihm getrunken und ihm am Ende des Abends meine Telefonnummer gegeben.
    Er ruft wie versprochen an, gleich am nächsten Tag. Und warum bin ich dafür so dankbar? Weil es sehr großes Interesse verrät.
    »Ich möchte dich wiedersehen«, sagt er.
    »Gut.«
    »Aber ich bin ab morgen für zwei Wochen weg.«
    »Oh.«
    »Beruflich. Ich reise ziemlich viel.«
    »Wohin fährst du?«
    »Nach China.«
    »Was machst du überhaupt?« Ich dachte, er baut bestimmt teure Häuser oder leitet einen Baumarkt. Er ist sehr maskulin, stämmig, außerdem saß sein Hemd gestern Abend nicht besonders gut.
    »Du wirst lachen.«
    »Bist du ein Clown, der weltweit auftritt?«
    »Nein, ich verkaufe Socken.«
    »Wie, in einem Laden?«
    »So ungefähr.«
    »Socken braucht jeder«, sage ich.
    »Mindestens zwei Paar«, sagt er. »In
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