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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Newman
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Laura, die sich erkundigt, ob er schon angerufen hat.
    »Was ist denn los?«, fragt Maggie.
    »Nichts«, antworte ich enttäuscht. »Ich warte auf einen Anruf.« Doch dann erzähle ich ihr alles und hoffe auf ihre Weisheit, was das Leben und die Männer betrifft: »Was glaubst du, wann er anruft?«
    Ich glaube nämlich immer noch, dass James sich melden wird. Aber dass er es bis jetzt noch nicht getan hat, nehme ich ihm extrem übel. Ich bin jemand, der Termine Wochen im Voraus plant, und wenn ich einen Tisch in einem Restaurant reserviert habe, schaue ich mir vorher im Internet die Karte an, denn ich finde es schön, mich auf ein Essen zu freuen. Ich bin nicht zwanghaft, ich kann so spontan sein wie der größte Freigeist (manchmal), aber Ungewissheit macht mich nervös, und dieser Mann ist die Ungewissheit in Person.
    Maggie schenkt mir Wein nach. »Hat er denn definitiv von diesem Mittwoch gesprochen?«
    »Ja.«
    »Und er hat deshalb extra aus China angerufen?«
    Ich nicke.
    »Na, dann wird er sich auch melden. Manche Männer telefonieren halt nicht gern. Und wenn er nicht anruft, ist er ein Idiot.«
    »Ich will aber, dass er heute Abend anruft.«
    »Tja, darauf hast du leider keinen Einfluss.« Maggie entkorkt die zweite Flasche Wein.
    Trotzdem glaube ich, dass das, was man sich mit aller Willenskraft wünscht, auch geschieht. Dass dieser Glaube irrwitzig ist, weiß ich selbst. Aber ist es nicht ein Zeichen von Intelligenz, wenn man gleichzeitig an zwei gegensätzliche Dinge glauben kann? Oder ist es eher ein Zeichen von Schizophrenie?
    Um drei Uhr morgens weckt mich das blaue Blinklicht meines Handys. Eine SMS. Ist James unterwegs? Ist er betrunken? Will er absagen?
    Es ist meine Freundin Lee. Sie ist geschäftlich in New York und möchte den Namen der vietnamesischen Sandwich-Bar in der Nähe vom Washington Square wissen, von der ich so geschwärmt habe. Ich antworte ihr, schalte mein Handy aus und wache um halb sechs wieder auf, dehydriert und schlecht gelaunt.
    Es ist nachmittags, Viertel nach drei. Ich sitze mit Tom, dem Spaßvogel, in einem Meeting. Wir besprechen das Marketing meiner Produkte für die Frühjahrssaison. Mein Handy liegt vor mir auf dem Tisch, und ich werde zunehmend nervös, gereizt und säuerlich. Gerechterweise muss man sagen, dass jedes Treffen mit Tom diese Gefühle in mir auslöst, aber diesmal ist es schlimmer als sonst. Wenn James mich aus China anrufen konnte, warum kann er es dann nicht auch aus London?
    »Dieses Kompott mit Himbeeren und Creme, Sophie, was ist das eigentlich?«
    »Ein Kompott, Tom, wie der Name schon sagt.«
    »Ja gut, aber wie funktioniert es?«
    »Wie es funktioniert?«
    »Na, mit der Creme und so.«
    »Sieh mal, hier ist das Foto. Die kleinen roten Kugeln oben nennt man Himbeeren, und diesen hellen Streifen bezeichnet man als Creme, und darunter ist das Kompott und der Teigboden.«
    »Ach so, also wie Obstkompott, nur mit Himbeeren.«
    Mein Handy klingelt. Mein Herz steht still. Das ist er. »Entschuldige, aber da muss ich drangehen.«
    Ich springe auf und verlasse das Meeting, was unhöflich ist, aber dafür ist Tom immer mit seinen Apps beschäftigt, wenn ich rede, also sind wir quitt.
    »Hier ist James. Hast du immer noch Zeit für unser Dinner?«
    »Warum nicht?« Wenigstens einen Telefonanruf lang kann ich ja mal so tun, als wäre ich cool.
    »Wunderbar. Ich habe einen Tisch für acht Uhr reserviert. Es ist ein kleines italienisches Restaurant oben an der Archway Road. Macht es dir was aus, wenn wir uns dort treffen? Ich muss vorher noch was erledigen.«
    »Gut, dann treffen wir uns dort um acht.«
    Erleichtert atme ich aus. Er gehört eben zu den Typen, die nicht gern telefonieren. Ich kehre zu Tom zurück.
    »Möchtest du eine Tasse Tee?«, frage ich ihn aufgeräumt.
    »Du siehst glücklich aus«, sagt Lisa, die Nacho-Lady, als ich mich wieder an meinen Schreibtisch setze. Dass ich wegen eines Mannes ein Lächeln auf dem Gesicht trage, wage ich ihr nicht zu sagen. Lisa wird bald vierzig und fühlt sich zurzeit nicht so gut. Sie hasst ihren Ehemann, seitdem er mit einer Nachbarin durchgebrannt ist, und sie hasst ihren neuen Freund, weil er nicht ihr Ehemann ist. Sie hasst sogar ihren Immobilienmakler, der gefragt hat, ob sie Lehrerin sei, weil sie bei der Besichtigung der freien Einzimmerwohnungen in ihrem Viertel kein Make-up und flache Schuhe trug. Und sie hasst Devron, weil er sie aufgefordert hat, ihre Nachos größer, preiswerter und fettärmer zu
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