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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Newman
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nächsten Mittwoch dann?«
    »Na gut. Ich melde mich kurz vorher und sag dir Genaueres. Oh, ich muss los, mein Flug wird aufgerufen.«

Ist ein mittelmäßiger Brownie besser als gar keiner?
    Meine Frage zielt auf den Kern dessen, was Menschen wie meine frühere Chefin Maggie Bainbridge von den meisten anderen Menschen auf dieser Welt unterscheidet, die nämlich einfach nur gern Süßes essen.
    Vor zwei Jahren hatte ich mein Vorstellungsgespräch bei Fletchers . Eine Woche vorher schrieb Maggie mir eine E-Mail. Darin stand:
    Bitte bringen Sie Folgendes mit:
    1) einen Kuchen, den Sie nach Rezept gebacken haben
    2) eine Süßspeise aus dem Supermarkt, von der Sie sehr viel halten
    Es war, als hätte man mich aufgefordert, etwas für eine Fernsehsendung mit einem Sterne-Koch zusammenzustellen. Nach tagelangem Hin und Her beschloss ich, es nicht zu kompliziert zu machen und einfach den Mandelkuchen mit Orangen zu backen, den meine Mutter zum Passahfest macht, nach dem Rezept von Claudia Roden. Die Konsistenz dieses Kuchens ist phantastisch, ein bisschen klitschig und doch leicht. Das Herbe der Orange nimmt ihm das Süße, und er duftet so gut, dass man glaubt, man wäre in einem Suk in Marokko und nicht in einem neonbeleuchteten Bürogebäude in der Nähe der übelsten Kebab-Buden der Oxford Street.
    Maggie kostete einen Bissen und runzelte die Stirn. Mein erster Gedanke war: Hoffentlich hat sie keine Mandelallergie. Doch dann trat sie an ihr riesiges Bücherregal, zog einen Band heraus und nickte bedächtig.
    »Das Rezept ist von Roden«, sagte sie. »Aber bei Ihnen ist der Geschmack intensiver als im Original. Da ist eine Prise Zimt drin, es sind mehr gemahlene Mandeln drin als Zucker, und Sie haben Blutorangen genommen, was ziemlich pfiffig war.«
    Später erfuhr ich, dass ein »ziemlich pfiffig« von Maggie Bainbridge einem Michelin-Stern gleichkam.
    »Und was haben Sie im Supermarkt erstanden?«
    Maggie Bainbridge ist mit ihrem Karamellpudding mit der sahnigen Mittelschicht berühmt geworden. Zwar gibt es eine Reihe von Pâtissiers, die diese Idee für sich beanspruchen, aber tatsächlich war es Maggies Leistung. Für mich ist es der beste Pudding, den man im Laden kriegen kann, aber ich hatte ihn nicht kaufen wollen, das hätte mir zu sehr nach Schleimen ausgesehen. Als Ersatz entdeckte ich einen Pudding bei Marks & Spencer , eine Mischung aus Mascarpone, Himbeeren und bitterer Schokolade, die ich ganz erstaunlich fand.
    Als ich ihn aus meiner Tasche nahm, warf Maggie mir einen seltsamen Blick zu, und ich dachte, scheiße, natürlich hätte ich einen von Fletchers nehmen sollen, wie konnte ich nur so blöd sein?
    »Warum haben Sie diesen gewählt?«, fragte sie und sah mich nachdenklich an.
    »Sie hatten mich gebeten, etwas mitzubringen, das ich wirklich mag, und dieser enthält drei meiner Lieblingszutaten. Die Konsistenz ist großartig, das Herbe der Schokolade verträgt sich perfekt mit der Sahne, und der Kakaoanteil der Schokolade liegt bei siebzig Prozent.«
    »Kennen Sie jemanden aus der Produktentwicklung bei M&S ?«, fragte sie argwöhnisch.
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wünschte, ich würde dort jemanden kennen, denn dann würde ich mich da bewerben.
    »Haben Sie ihn mal probiert?«, fragte ich. Ich fürchtete, dass ich sie verärgert hatte, wusste aber nicht, womit.
    »Ja.«
    »Hat er Ihnen geschmeckt?«
    »Ja. Er ist gut. Noch eine letzte Frage.«
    Eine letzte Frage? Sie hatte mir bisher noch keine einzige vernünftige Frage gestellt und wollte mich schon loswerden? Was für eine Gemeinheit …
    »Finden Sie, dass ein mittelmäßiger Brownie besser ist als gar keiner?«
    Was? Was für eine Frage war das denn bei einem Vorstellungsgespräch? Wahrscheinlich war es eine Falle. Vielleicht wollte sie herausfinden, wie gierig ich bin. Oder ob ich generell Süßes mag. Da ich nicht wusste, was sie von mir hören wollte, beschloss ich, die Wahrheit zu sagen. Na ja, nicht ganz die Wahrheit, denn meine ehrliche Antwort wäre gewesen, »Wenn man bekifft ist, schon«. Aber in dem Zustand hält man sogar einen stinknormalen Brownie für den besten, den es gibt.
    Die Wahrheit ist: Ich würde eher gar keinen Brownie essen als einen mittelmäßigen.
    Und zwar nicht wegen der Kalorien.
    Und auch nicht, weil ich ein Snob wäre.
    Sondern weil Brownies mir heilig sind; wenn es um sie geht, kommen halbe Sachen für mich nicht in Frage. Ich würde schließlich auch keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe, oder eine
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