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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Newman
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vierzehn Tagen bin ich wieder da. Dann würde ich dich gern zum Dinner ausführen.«
    »Großartig. Dinner finde ich gut.«
    »Isst du denn auch gern?«
    »Machst du Witze? Das gehört zu meinem Beruf.«
    »Dann gehörst du also nicht zu den Frauen, die sich einen Salat bestellen und dann nur darin herumstochern? Du bist ziemlich dünn.«
    »Ich glaube, du hast dich verwählt.« Ich habe schlanke Arme und eine schmale Taille. Mit der Kombination kann man die meisten Leute täuschen.
    »Gut. Ich kenne das perfekte Restaurant. In zwei Wochen rufe ich dich wieder an.«

Ich arbeite in einem zwölfstöckigen Hochglanzgebäude in Soho. Bis vor sechs Monaten hatte ich einen der besten Jobs der Welt und die beste Chefin, die man sich vorstellen kann. Ich denke mir Süßspeisen für Fletchers aus, einen der größten Supermärkte im Land. Ich habe für ein Genie namens Maggie Bainbridge gearbeitet, die nie Abstriche machte, wenn es um Qualität ging. Und sie hatte auch mehr Mumm als jeder Mann, der hier so herumläuft.
    Vor sechs Monaten hat sie gekündigt, weil die Geschäftsleitung einige der begabtesten Leute gefeuert und ein paar fanatische Buchhalter eingestellt hat, denen Zahlen über alles gehen. Selbst unser Klopapier ist jetzt wieder das billige Zeug, das man vor dreißig Jahren hatte, Kartons mit Schlitz, aus denen man einzelne Blättchen herauszupfen muss.
    Inzwischen hat Maggie Happy Tuesday gegründet, einen Einmannbetrieb, in dem es nur die von ihr kreierten Brownies gibt. Zwar telefonieren wir häufig, aber sie fehlt mir trotzdem, und ich träume davon, alles hinzuschmeißen und wieder mit ihr zusammenzuarbeiten.
    Also habe ich immer noch einen tollen Job, aber keine tolle Chefin mehr. Stattdessen habe ich jetzt Devron.
    Devron hat vorher für einen Supermarkt gearbeitet, der von einer amerikanischen Ladenkette geschluckt und wieder ausgespuckt wurde. Damals war er für den Londoner Südosten zuständig, was im Handel als große Sache gilt. Seine Leistung bestand wahrscheinlich darin, mit seinem BMW die Autobahn rauf und runter zu fahren.
    Jetzt leitet er die Abteilung, in der ich arbeite. Qualifiziert hat er sich für den Posten anscheinend, weil er dick ist und man davon ausgeht, dass er sich deshalb mit Lebensmitteln auskennt. Dabei wäre Devron noch von dem Essen an Autobahnraststätten begeistert. Er hält sich für ein Alphatier, obwohl er höchstens ein aggressives Gammatier ist.
    Als Devron kam, hat er uns als erste Amtshandlung alle die Schreibtische tauschen lassen. Um Eindruck zu machen und zu zeigen, wie durch und durch kreativ er ist, beschloss er, uns alphabetisch zu setzen. Vorher saß ich mit den »Warmen Nachspeisen«, den »Leckereien für die Familie« und der »Pâtisserie« zusammen, was sinnvoll war, weil wir dieselben Kunden, technischen Berater und Verpackungsexperten haben. Wir konnten uns über Gebäck, Zuckerpreise und neue Trends auf dem Süßspeisenmarkt austauschen – über alle Themen, die nachspeisenspezifisch sind.
    Jetzt sitze ich zwischen Lisa, die für »Cocina«, unser pseudomexikanisches Nacho-Sortiment, zuständig ist, und Eddie aus dem Bereich »Curry-Gerichte«. Devron sagt, wir können durch den Kontakt mit unseren Kollegen eine Menge lernen, und das stimmt, denn ich habe gelernt, dass Lisa, Eddie und ich Devron für einen Schwachkopf halten.
    Das Einzige, was noch dämlicher ist als unsere Trennung von den Leuten, mit denen wir uns wirklich austauschen müssen, ist die »interdisziplinäre Plattform«, die Devron eingeführt hat. Er hat einen Marketing-Schwätzer namens Tom zu uns gesetzt, den Spaßvogel vom Dienst.
    Tom will mir ständig tolle YouTube-Clips zeigen, in denen ein Gorilla oder eine tanzende Maus die Hauptrolle spielt. Über Marketing weiß Tom so viel wie ich über die Geschichte der Tschetschenen, also ein, zwei Dinge, die man mal aufgeschnappt hat. Nur, dass ich nicht versuche, mir als Expertin für tschetschenische Geschichte meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
    Laura ist zum Mittagessen in die Kantine von Fletchers gekommen, weil sie auf dem Weg zu einer Autoversicherung ist, für deren Webseite sie einen Werbeslogan aufsagen soll. Ihr rauer Yorkshire-Akzent soll diesem windigen Laden den Anschein »ehrlicher, bodenständiger Werte« verleihen. Um ihre Hypothek abzuzahlen, braucht Laura zwei solcher Aufträge im Monat. In der übrigen Zeit hilft sie ihrem Freund Dave, vergriffene Ausgaben von Zeitschriften bei eBay zu verkaufen.
    In der Kantine
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