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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition)
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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nach der einen, dann nach der anderen Seite der Lichtung, in einem Tanz aus verbotenen Worten, magischen Melodien und Erscheinungen, die von dunklen Schatten verschlungen wurden.
    Keiner von beiden schien den anderen überwinden zu können.
    »Lass mich vorbei!«, brüllte der Fürst.
    Dann ließ er weitere Schlangen aus seinen Händen hervorbrechen und schleuderte sie ungezielt ins Gras, als sei er furchtbar enttäuscht über seine Ohnmacht. Einige landeten auch in der Nähe der Jungen und verfehlten sie nur knapp.
    Der barfüßige Geschichtensänger drehte sich den Kindern zu, er fing ihre Blicke auf, und dann reagierte er, indem er noch einige rote Stiere gegen den Feind in die Schlacht warf.
    Der Fürst sagte ein Wort, worauf sich die Schlangen um die Hälse der Stiere schlangen, die zu einem Haufen Funken zerstoben.
    Beide Kämpfer hielten inne.
    Unter den Fußsohlen des Geschichtensängers stieg ein feiner Faden Rauch auf.
    »Deine Worte verbrennen die Erde«, bemerkte der Fürst.
    »Und deine verbrennen deine eigene Seele.«
    »Bald werde ich noch eine haben.«
    »Wie das?«
    »Ich habe Worte gelernt, die du dir nicht einmal vorstellen kannst.«
    »Und durch welchen Betrug hast du sie diesmal geraubt?«
    »Du nennst es Betrug, andere Schlauheit.«
    Während die beiden miteinander redeten, konnte einer der Jungen seinen Schreckensschrei nur mühsam unterdrücken. Er hatte beobachtet, dass einige der schwarzen Schlangen, die gerade ins Gras gefallen waren, langsam durch die vom Wind gebeugten Halme vorwärtskrochen. Wie die hin- und herschwingenden Hälse tanzender Reiher bewegten sie sich von hinten auf den Geschichtensänger zu.
    »Wir hier können mit deiner Schlauheit nichts anfangen, Sanagò. Trag sie wieder dorthin zurück, woher du gekommen bist.«
    Das Gesicht des Mannes mit dem blauen Umhang flammte in glühendem Hass auf. »Du darfst diesen Namen nicht verwenden!«, schrie er. »Ich bin nicht mehr … Sanagò !!«
    Plötzlich schnellten die Schlangen vor und wickelten sich um den Hals des Geschichtensängers, für den dieser Angriff so überraschend kam, dass er weder etwas sagen noch seine Kette berühren konnte. Er wich zurück und versuchte mit aller Gewalt, die Schlangen abzuschütteln, doch dabei stolperte er über einen Stein oder eine Wurzel und stürzte zu Boden.
    Der blaue Umhang des Fürsten peitschte durch den Wind, und im nächsten Moment war Sanagò schon über dem Geschichtensänger. Nun erschuf er weitere Schlangen, die seinem Gegner die Bernsteinkette entrissen und deren Teile eines nach dem anderen zu Pulver zermahlten.
    Und bei jedem Stück, das zu Staub zerfiel, wurde die Gegenwehr des Geschichtensängers schwächer.
    Und mit der Zeit versiegte sie ganz.

    Als die Jungen wieder den Mut fanden aufzuschauen, hatte der Fürst den Geschichtensänger schon von einem großen Knäuel Schlangen fesseln lassen.
    »Jetzt werde ich dir zeigen, wie man sich eine Seele nimmt«, zischte der Fürst drohend.
    Der Geschichtensänger brachte mit letzter Kraft heraus: »Du wirst nie ein Fürst sein. Du wirst immer nur eins sein … Sanagò.« Und bevor der andere reagieren konnte, zerkratzte er ihm mit der linken Hand das Gesicht.
    Der Fürst schrie auf, denn dieser Kratzer brannte wie Feuer und ging schmerzhaft tief ins Fleisch.
    Dann packte er den Geschichtensänger an den Haaren und bog seinen Kopf gewaltsam nach hinten. Er legte ihm eine Hand auf den Mund, und der Geschichtensänger zuckte zurück, denn der Fürst riss etwas tief aus seinem Innern heraus: seine Seele. Er hielt sie fest in seiner Faust gepackt und stopfte sie dann in eines der Glasfläschchen an seinem Gürtel.
    Hinter ihm stiegen Sandwirbel auf, die sich wie wahnsinnig drehten. Und der Körper des Geschichtensängers sank zu Boden, als sei er plötzlich ganz leicht geworden.
    »Jetzt gehörst auch du mir«, sagte der Mann mit dem blauen Umhang. Dann hob er das Glasfläschchen in seiner Faust. »Und so wird es auch deiner gesamten Nachkommenschaft ergehen. Ich werde dein Dorf zu Sand werden lassen. Genau wie deine Lieder.«
    Dann führte er das Fläschchen an die Lippen.
    Und trank.

    Nun hatte sich wieder Stille über die Lichtung gelegt.
    Der Wind peitschte über die Ebene und hüllte sie in den Staub, in dem der Fürst Sanagò verschwunden war.
    Ängstlich und verstört krabbelten die beiden Jungen auf allen vieren aus dem Gras hervor, auf den Körper des Geschichtensängers zu, der wie ein leerer Sack am Boden lag.
    »Papa?«,
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