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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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kann, kann auch ein Staat, der viel erwirtschaftet, seine Schulden leichter zurückzahlen.
    Was aber erwirtschaftet ein Staat? Nimmt man wie international üblich, den Wert aller innerhalb eines Jahres im Land hergestellten Güter und Dienstleistungen – genannt Sozialprodukt oder Bruttoinlandsprodukt (BIP) – als Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes, so erhält man die wohl bekanntesten Größen, mit deren Hilfe man die Leistungsfähigkeit eines Staates messen kann. Um eine Einschätzung der Schuldenlast zu erhalten, setzt man die Schulden eines Landes ins Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (das BIP) und erhält auf diesem Weg zwei Kennzahlen: die Defizitquote und die Schuldenstandsquote. Die
Schuldenstandsquote
ist das Verhältnis zwischen dem Schuldenstand eines Landes und dem Sozialprodukt. Eine Schuldenstandsquote von beispielsweise 50 Prozent bedeutet, dass die Schulden eines Landes die Hälfte der jährlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit betragen. Die
Defizitquote
ist das Verhältnis des Budgetdefizits eines bestimmten Jahres zum Bruttoinlandsprodukt desselben Jahres. Eine Defizitquote von beispielsweise drei Prozent besagt, dass sich ein Land in Höhe von drei Prozent seiner jährlichen Wirtschaftskraft neu verschuldet.
    Welche Aussagekraft haben die beiden Kennzahlen? Die Aussagekraft der Schuldenstandsquote ist eher begrenzt, weil hier eine Bestandsgröße (der Schuldenstand) ins Verhältnis gesetzt wird zu einer Stromgröße (dem Sozialprodukt, das jährlich ermittelt wird). Der Schuldenstand ist ein Rückblick, das Resultat vergangener Tage, während das Sozialprodukt die Bestandsaufnahme der aktuellen, heutigen Leistungsfähigkeit ist – beides muss nicht notwendigerweise zueinander passen. Im besten Fall gibt die Schuldenstandsquote an, wie lange es dauern könnte, bis der Staat seine Schulden abgetragen hätte, wenn sich weder der Schuldenstand noch das Sozialprodukt in den kommenden Jahren verändern würden. Als alleiniger Indikator für die Bedeutung und die Schwere der Staatsverschuldung eines Landes eignet sich die Schuldenstandsquote allerdings nicht, denn ein internationaler Vergleich ergibt, dass Länder mit recht unterschiedlichen Schuldenstandsquoten leben können. Im Jahr 2010 hatte Deutschland zum Beispiel eine Schuldenstandsquote von 83 Prozent des Sozialprodukts, Spanien dagegen lag bei 60 Prozent, Italien bei 119 und Japan sogar bei 220 Prozent[ 2 ].
    Besser geeignet ist da schon die Defizitquote, also das Verhältnis zwischen den beiden Stromgrößen Budgetdefizit und Sozialprodukt. Der jährliche Aufbau von Schulden wird hier in Relation gesetzt zu der jährlichen Leistung einer Volkswirtschaft. Die Aussagekraft dieser Kennziffer liegt auf der Hand: Je größer die Leistungskraft eines Landes ist, umso mehr Verschuldung kann es sich leisten, weil es diese (zumindest potentiell) dank seiner im Sozialprodukt dokumentierten Leistungsfähigkeit zurückzahlen kann.
    Ein perfekter Indikator für die Solidität der öffentlichen Haushaltsführung ist aber auch diese Quote nicht, denn es fehlt der Aspekt der
Mittelverwendung.
Wofür der Staat die Kredite ausgibt, spielt eine wichtige Rolle bei der Frage, ob der Staat seine Schulden später zurückzahlen kann. Genau so, wie der Sachbearbeiter einer Bank bei der Vergabe eines Privatkredites danach fragt, wofür der Schuldner das geliehene Geld ausgeben will, muss man den Staat fragen, wofür er sich Geld leiht. Gibt der Staat das geliehene Geld für Investitionen aus, die längerfristigein höheres Wachstum und damit ein steigendes Sozialprodukt versprechen, so ist diese Form der Staatsverschuldung weniger bedenklich, da das höhere Sozialprodukt eine spätere Rückzahlung der Schulden erleichtert oder überhaupt erst möglich macht. Wird das geliehene Geld hingegen in unproduktive Verwendungen gesteckt – in Griechenland beispielsweise wurde damit unter anderem ein überdimensionierter Beamtenapparat finanziert –, so muss man fragen, woher der Staat später die wirtschaftliche Kraft nehmen will, seine Schulden zurückzuzahlen. Wer einen Kredit aufnimmt, um damit in Urlaub zu fahren, hat eine andere Position gegenüber seiner Bank als jemand, der mit diesem Kredit eine Ausbildung finanziert.
    Dieser Überlegung trägt eine weitere Kennziffer Rechnung, der
Primärsaldo.
Der Primärsaldo ist die Differenz zwischen den Einnahmen des Staates und seinen Ausgaben ohne
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