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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Autoren: Peter Temple
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Wasser lief mir im Mund zusammen.
    »Ja, bitte«, sagte ich.
    Wir aßen, tranken ein Glas Rotwein, redeten und machten Witze, schwaches Sonnenlicht auf den Bodendielen.
    Ein Gefühl von Unwirklichkeit überkam mich. War ich der Mensch auf Painters blutiger Hühnerfarm? Der Mensch, der vor McCoys Atelier neben einem Müllcontainer auf den Tod gewartet hatte?
    Während Lyall Kaffee kochte, rief ich aus dem Wohnzimmer noch einmal Simone an.
    »Einfach«, sagte sie. »Der letzte Bericht über Brent Rupert handelt von seinem Tod bei einer Explosion. Darin steht, er sei beinahe ein Einsiedler gewesen, der an einer schweren Krankheit litt.«
    Die Muskeln in meinem Rücken wussten etwas. Die Muskulatur wusste mehr als das wirre Gehirn.
    »Wann war das?«
    »Am 9. Juli 1995 in den frühen Morgenstunden. Anscheinend sind die Gasbehälter unter seinem Haus explodiert.«
    Stuart Wardle hatte am 8. Juli 1995 in Gippsland einen Royal TS gegessen.
    »Wo hat er gelebt?«
    »An den Gippsland-Seen. Bei Metung.«
    Ich dankte ihr und ging zurück zu Stuarts Wagen, um auf den Tageskilometerzähler zu sehen: 667 km.
    Im Handschuhfach lag ein VicRoads-Guide für Victoria. Wo würde man von Melbourne aus hinkommen, wenn man 667 km weit und über Morwell fuhr? Ich folgte dem Princess Highway mit meinem Finger und zählte die Kilometerangaben zusammen.
    Kluge Muskeln. Intuitive Muskeln.
    Der Stand auf Stuarts Kilometerzähler, die Angaben für seine letzte Fahrt in diesem Auto, diese Kilometeranzahl hätte ihn nach Metung und wieder zurück bringen können.
    Stuart hatte eine Videokamera gekauft, um Brent Rupert zu interviewen.
    Den schwer kranken Brent Rupert.
    Brent Rupert, den Partner von Steven Levesque und dem Generalstaatsanwalt, Mr. McColl.
    Natürlich hat er jetzt alle Schutzwände hochgefahren. Sich weiterentwickelt. Aber er ist bis zum Bauchnabel im Blut gewatet, der Mistkerl.
    Das war Brent Rupert, in dem auf Stuarts Festplatte ausgegrabenen Transkript.
    Brent Rupert hatte Stuart Wardle sein Testament anvertraut, dem Experten für die Philippinen. Hatten sie ausgemacht, dass Stuart mit der Veröffentlichung bis nach Brents Tod wartete?
    Keine lange Wartezeit. Eine Sache von Stunden.
    Und kurz danach ist Stuart nach Neuseeland gereist und nie wieder nach Hause gekommen.
    Stuart Wardle war nie nach Neuseeland gereist.
    Stuart Wardles Pass war nach Neuseeland gereist.
    Stuart Wardle war wahrscheinlich in diesem Haus gestorben.
    Stuart Wardle konnte mein Leben retten.
    Ich kehrte in die Küche zurück. »Wo ist dieses Telefon-Logbuch?«
    »Da. Auf dem Tresen. Ich hab gestern noch mal reingeschaut. Das erinnert einen an so manches. Und gibt einem Rätsel auf.«
    »Was ist daran so rätselhaft?«
    Lyall kam an den Tresen und blätterte das Buch durch. »3. Juli«, sagte sie. »Bradley an Stuart: Martin sagt, du kannst das Fach benutzen. Er sagt denen Bescheid und lässt den Schlüssel bei Alice. Rätselhaft.«
    »Kennst du die Namen? Martin und Alice?«
    »Nein. Stuarts Telefonbuch muss hier irgendwo sein. Dieses Popup-Ding.«
    Sie fand es und kam zurück, legte es auf den Tisch, fuhr mit dem Zeigestäbchen auf A, drückte auf den Verschluss.
    »Alice, Alice. Hier ist sie. Alice, kein Nachname.«
    Ich zog mir das Verzeichnis herüber, holte das Handy hervor und gab die Nummer ein. Es klingelte. Ich holte tief Luft und gab es Lyall.
    »Frag sie nach Martin und dem Fach.«
    Sie hielt sich das Telefon ans Ohr. »Hallo. Ich würde gern Alice sprechen. Ah, hallo, Alice. Ich bin eine Freundin von Stuart Wardle, Alice. Ja. Er ist sogar schon ziemlich lange verschwunden. Ja. Wir wissen es nicht. Alice, kennen Sie jemanden namens Martin? Ja, das ist er wahrscheinlich. Er hat hier im Juli '95 eine Nachricht hinterlassen und gesagt, dass Stuart das Fach benutzen und den Schlüssel bei Ihnen abholen könnte. Können Sie sich daran noch erinnern? Ah. Stimmt. Verstehe.« Lange Zuhörpause. »Nun, das klärt das schon mal. Ja. Vielen Dank, Alice. Wiederhören.«
    Lyall gab mir das Telefon zurück.
    »Und?«, fragte ich. »Spann mich nicht auf die Folter.«
    »Ein Schließfach irgendwo in der Collins Street.«
    Ich atmete laut aus.
    »Martin ist Martin Seeberg, einer von Stuarts amerikanischen Freunden. Hat früher mal in Melbourne gelebt. Ich denke, ich kann mich jetzt vage an ihn erinnern, war vielleicht ein oder zwei Mal hier. Sie sagt, Martin bekäme immer noch Rechnungen für das Fach. Sie schickt sie ihm in die Staaten. Er war seit Jahren nicht
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