Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Autoren: Peter Temple
Vom Netzwerk:
will, dass Sie einem Anwalt sagen, wo er in der Nacht des 11. Februar um 23 Uhr 26 war.«
    Tony sah mich an, zuckte die Achseln. Über der linken Augenbraue war eine kleine Narbe, wie ein Wurm unter der Haut. »Keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Die zwei Nutten, Tony«, sagte ich. »Sylvia und Carlette? Da draußen in dem schicken Hotel in Marysville. Sie und Brendan und Jim Beam und die Nutten. Sie haben geplaudert, in Zeitschriften geblättert. Genau zu dem Zeitpunkt, als jemand Unbekanntes auf Frank Zakia geschossen hat, in seiner Einfahrt in Camberwell. Mit einem .22er Colt. Viele Male.«
    »Weiß ich nichts drüber«, sagte Tony und stand auf. »Muss los.«
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, eine fleischige Schulter. Er leistete Widerstand, ich gab Druck, er setzte sich hin.
    »Tony«, sagte ich, »Brendan wird 'ne lange Zeit in den Bau gehen. Franks Frau hat ihn identifiziert, ohne jeden Zweifel. Sie kennt ihn. Er war drei Tage vorher bei ihnen, hat mit Frank gestritten. Jetzt sagt Brendan, er könnte gar nicht derjenige gewesen sein, der Frank umgelegt hat, weil er zu dem Zeitpunkt mit Ihnen in Marysville Nutten aufreißen war. Aber Sie sind weg, die Nutten sind weg, das Hotel weiß nicht, ob das in dem Zimmer Sie und Brendan waren oder der Papst und Elvis. Hinzu kommt, dass Brendan mehr Vorstrafen hat als Phar Lap Formtabellen.«
    Tonys Kinn sank langsam herunter, um sich mit seinem Schlüsselbein zu vereinen.
    »Brendan fährt ein, Tony«, sagte ich. »Und die Jungs da drin warten schon auf ihn. Die Todesstrafe wäre leichter. Und schöner auch.«
    Tonys Schultern wurden schwach. Er sank vornüber, bis seine Stirn an der Bank vor ihm ruhte.
    »Kann nicht«, stieß er hervor. »Kann's verdammt noch mal nicht.«
    »Warum? Er ist Ihr Freund.«
    »Die wollen ihn. Die schulden ihm 'ne Menge, dreihundert Riesen, mehr, dreihundertfünfzig, keine Ahnung. Er hat Druck gemacht, und die wollen ihn aus dem Weg haben.«
    »Und Franks Frau? Die Identifizierung?«
    »Gequirlte Kacke. Die Hexe wollte Frank loswerden. Steckt bis zu den Titten mit drin.«
    »Wie denn das?«
    »Ficken. Echtes, verdammtes Ficken aus Liebe. Sie fickt einen Typen, sein Bruder hat Schulden bei Bren. Also bringen sie Frank um die Ecke, und sie kriegt Franks Geld. Dann sind da noch ungefähr achtzig Riesen, die Bren gehören. Frank hat die für ihn aufgehoben. Die kriegt die Hexe auch noch. Und Bren fährt ein, Klappe zu, er ist Geschichte, alle sind glücklich.«
    »Und Sie?«
    Tony sah zu mir hoch, schniefte wieder. »Ich bin am Leben«, sagte er. »Ich bin verdammt noch mal am Leben.«
    »Wussten Sie, dass Frank aus dem Weg geräumt werden sollte?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keinen blassen Schimmer.«
    Ich nahm meine Hand von seiner Schulter. »Brendan sagt: ›Sagen Sie Tony, dass ich immer noch sein Kumpel bin. Ich weiß, er steht unter Druck. Er hätt's mir erzählen sollen. Sagen Sie ihm, wenn er jetzt das Richtige tut, dann ist das alles vergessen. Ich kümmer mich um ihn.‹«
    Tony seufzte, ein verzweifelter, langgezogener Ton. »Bren ist ein gefährlicher Kerl.«
    Schweigen. Das Licht in den Buntglasfenstern wurde schwächer, Schatten wuchsen überall, eine Kälte, wie nur Kirchen sie beherbergen können, stieg vom gepflasterten Boden auf.
    »Er sagt, er weiß, wie die Armits ticken. Er wird sie beruhigen, er nimmt den Druck raus.«
    Tony versuchte ein Lachen, das jedoch in einem Husten endete. »Himmel«, sagte er, als der Husten aufhörte. »Dieser verdammte Rauch. Bren hat ja keine Ahnung, was es kostet, mir die Armits vom Leib zu halten.«
    »Hundertsechzig.«
    Tonys Kopf fuhr herum, die Augenbrauen hochgezogen. »Das weiß er?«
    Ich nickte.
    Er zog zischend die Luft durch die Zähne. »Wo hat er das her?«
    »Ich hab's ihm gesagt.«
    Er musterte mich. »Na ja«, sagte er, »ich will verdammt sein, wenn ich wüsste, woher Sie das haben. Egal. Selbst wenn Bren aus der Frank-Sache rauskommt, ist es noch nicht vorbei.«
    »Bren weiß das. Er sagt, er kommt schon klar mit diesen Leuten. Er sagt auch, dass ich Ihnen sagen soll, dass er immer noch Leute hat, die ihm einen Gefallen schulden. Zumindest für den Fall, dass Sie sich nicht in der Lage sehen zu erzählen, wo er in Wirklichkeit gewesen ist.«
    Auf einmal fand Tony seinen rechten Handrücken überaus interessant, seinen sommersprossigen Handrücken. Nach einer Weile sagte er: »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«
    »Darum geht's nicht«, sagte ich. »Was Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher