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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Autoren: Peter Temple
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machen.«
    »Und haben sie's geschafft?«
    Miles kratzte sich an der Oberlippe. Tick. »Eines Morgens waren die Aktien im freien Fall. Bei Börsenschluss waren die zwölf Millionen, die sie ausgegeben hatten, nur noch zwei wert. Die Person, ihr getreuer Geschäftspartner, war nicht zu erreichen. Nicht mehr im Lande. Am Ende hat er Levesque von irgendwo angerufen, Ägypten war's, glaube ich, und hat gesagt, tut mir leid, hat nicht geklappt, so ist das im Geschäftsleben. Und hat ihnen zwei Millionen für ihre Holding angeboten.«
    »Da könnte man ja fast Mitleid mit ihnen kriegen.«
    »Ja. Gut, ich hab für sie mit den Banken geredet, hab ein bisschen von dem Druck wegnehmen können, ein paar von den verrückteren Deals rückgängig gemacht, aber im Grunde waren sie ein hoffnungsloser Fall. Dann bestellt mich Levesque zu Coffee- HQ in East Melbourne, sehr mit sich zufrieden.« Er schwieg kurz. Tick.
    »Sie hatten einen Käufer für einundfünfzig Prozent von TransQuik gefunden. Ein amerikanisches Frachtunternehmen namens Eagle Exprexxo mit Sitz in Tampa, Florida. Schreibt sich E-x-p-r-e-x-x-o. Für einundfünfzig Prozent hat Eagle rund 20 Millionen Dollar geboten, ich erinnere mich nicht mehr an die genauen Zahlen. Aber ich erinnere mich noch gut daran, dass ich lachen musste. Diesem Angebot nach wurde TransQuik mit ungefähr 40 Millionen bewertet – eine Firma, die nie irgendwelchen Gewinn abgeworfen hatte. Und das war 1984, ich bitte Sie. Ein ernst gemeintes Angebot, sagte Levesque. Die sehen unser Potential als Sprungbrett in die Region, etcetera. All solchen Quatsch. Ich habe gesagt, wir sollten uns das erst einmal auf dem Papier ansehen.«
    »Was wollte Levesque denn eigentlich von Ihnen, wenn er doch so ein begnadeter Analyst war?«
    »Gar nichts. Er wollte mich überhaupt nicht dabeihaben. Brent Rupert wollte mich. Um das Geschäft unter die Lupe zu nehmen. Durch den Koksnebel dämmerte ihm wohl langsam, dass Levesque gefährlich war. Und das konnte damals dauern, bis Brent was gedämmert hat, das kann ich Ihnen sagen. Um's kurz zu machen, wir haben uns in der folgenden Woche mit zwei Anwälten getroffen. Einer von ihnen Rick Shelburne aus Sydney. Nun, ich hatte damals schon ein bisschen was mitgekriegt, und der Anblick von Shelburne sorgte dafür, dass mein Skrotum sich zusammenzog. Haben Sie von ihm gehört?«
    Ich nickte. »Jemand hat mir mal gesagt, er hätte ein Talent dafür, Abgeordnete für sich zu gewinnen.«
    Miles lächelte. Tick. »Er war früher beim Geheimdienst, hat mir mein Freund aus Sydney erzählt. ASIS . Hat auf den Philippinen für die Amerikaner gearbeitet. Wird mit ein paar sehr seltsamen Geschichten in Verbindung gebracht.«
    Tick.
    Er sah aus der Schießscharte in die beginnende Nacht hinaus, bewegte lautlos die Lippen. Leicht glasiger Blick. »Ich hasse die Nächte«, sagte er. Tick. Tick. »Ich bin Gefängnisbibliothekar und Rick Shelburne liegt wahrscheinlich in Noosa am Strand. Das sagt eine Menge über das Rechtssystem aus.«
    Tick.
    »Und der zweite Anwalt?«, fragte ich.
    Er schüttelte sich kurz, sah auf seine Zigarette, zog eine neue aus dem Päckchen. »Auch jemand, dem man lieber nicht in die Quere kommen wollte, Carlos irgendwas. Ein deutsch klingender Nachname. Hab ich vergessen.«
    »Siebold. Carlos Siebold.«
    »Siebold. Stimmt. Er hat die Amerikaner vertreten. Na ja, nicht direkt. Es ist noch eine Bank in Luxemburg zwischengeschaltet, den Namen hab ich auch vergessen.«
    »Klostermann Gardier.«
    »Korrekt. Absolut. Das Geld wird über die kommen, sagt er. Er will eine neue Firma aufmachen, die dann TransQuik übernimmt, eine Firma, die in Hongkong eingetragen ist. Den Killerbienen sollen davon neunundvierzig Prozent gehören. Eine andere Firma besitzt dann die einundfünfzig Prozent. Aber nicht die amerikanische.«
    »Nicht Eagle Exprexxo?«
    »Nein. Ein Konzern, zu dem Eagle gehört.«
    »Kompliziert.«
    Noch mehr Lachen und Ticks. »Und dieser Carlos Sowieso sagt auch noch, die Bank würde im Auftrag von wem auch immer TransQuik 40 Millionen Dollar für Akquisi tionen leihen. Über die Holding aus Hongkong. Die Bedingungen müssten noch verhandelt werden.«
    »Für mein ungeschultes Ohr klingt das nach einem attraktiven Angebot.«
    Miles lächelte. Er hatte ein nettes Lächeln, ein Lächeln, das einem Kind gefallen würde. »Ungeschultes Ohr. Das gefällt mir. Ich versuche seit einer Weile, klassische Musik schätzen zu lernen. Komisch, wie man sein Leben so
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