Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spritztour - Roman

Spritztour - Roman

Titel: Spritztour - Roman
Autoren: Andy Behrens
Vom Netzwerk:
Lächeln und einem Himbeer-Donut vor sich viel hübscher aus als mit einem ängstlichen Stirnrunzeln und einer Pepsi light. Ein paar Pfund mehr oder weniger machten überhaupt nichts aus. Aber Flynn war offenbar anderer Meinung, und letztlich war er es, der den Platz des Liebhabers besetzte.
    Ian blickte auf seine Uhr.
    Oh, Mist.
    Er war viel später dran, als er beabsichtigt hatte, und nun sprang er lärmend und wenig anmutig die Treppe zum Imbissbereich hinunter. Er schob ein paar Strähnen seines reichlich langen, braunen Haares unter seine Mütze, und als er an den dunklen Leuchtreklamen von Arby’s, McDonald’s, Taco Bell und Panda Express vorbeilief, schlug ihm über die Bodenfliesen das Echo einer schrillen Stimme entgegen.
    »Schön, dass du’s heute mal wieder geschafft hast, Sportsfreund!«, sagte Ron Fleshman, langjähriger Geschäftsführer der Donut-Filiale. »Sieben Minuten zu spät. Ian Laffertys Chancen, Angestellter des Monats zu werden, haben einen weiteren Rückschlag erlitten.«
    »Tut mir leid, Ron«, erwiderte Ian. »Ist spät geworden gestern Abend.«
    Das war keine Lüge, nicht wirklich. Aber der Satz deutete genau die Art nächtlicher Ausschweifungen an, die Ians Leben schmerzlich vermissen ließ. Er war tatsächlich bis nahezu zwei Uhr morgens wach geblieben, hatte Chips gefuttert, in seiner Xbox mystische Figuren erschlagen und Radiohead gehört. Klar, echt spät geworden. Ui!
    Ron leckte Puderzucker von seinen dicken Fingern, dann nahm er eine Zange und schob Krapfen hin und her.
    »Setz ’ne Kanne Koffeinfreien auf, Ian.«
    Ian nickte, pulte einen Kaffeefilter vom Stapel und schaufelte dunkle Körnchen in die Kaffeemaschine. Sein Telefon klingelte. (Eigentlich war es mehr als ein Telefon. Es war ein Lacai 2.0, das neueste, irrsinnig teure, hauchdünne, total angesagte, drahtlose Gerät, für das er kürzlich einen Teil seiner Donut-Ersparnisse verbraten hatte. Mit dem Lacai 2.0 konnte er telefonieren sowie per IM, SMS und E-Mail kommunizieren. Er vermutete, dass er damit auch Fleisch braten, Außerirdische ausweiden und das Wetter bestimmen könnte. Das Ding hatte wirklich jede Menge winzige Knöpfe.) Ian zog den Lacai aus seiner Tasche.
    Wer zum Teufel ruft so früh an?
    Ron warf Ian einen fragenden Blick zu, der sich in ein finsteres Starren verwandelte. Ian reagierte nicht.
    Er blickte auf die Nummer des Anrufers. Die Vorwahl war 231, was ziemlich sicher bedeutete, dass es Lance war.
    »Hallo, Lance.«
    Er hörte nur wirres Geplapper, Lachen und Musik.
    »Hallo?«, wiederholte er.
    »Allllter!«, sagte eine bekannte, leicht besoffene Stimme. »Was läuft? Was haste letzte Nacht gemacht, Kumpel?«
    »Nichts. War zu Hause.« Er sah zu, wie Ron die Arme über seinem dicken Bauch zusammenlegte, um möglichst bedrohlich zu wirken. »Ich muss Donuts und Kaffee verkaufen, Lance. Was’ los? Hast ’ne geile Nacht gehabt, denk ich mal.«
    »Alter, die Nacht ist immer noch geil «, sagte Lance. »Bin noch gar nicht zum Schlafen gekommen.« Wieder Gelächter im Hintergrund. Eine eindeutig weibliche Stimme. »Hier geht’s voll ab. Der beste Ferien-Job, den ich je hatte. Also …«
    »Mir kommt gleich der Kaffee hoch, Lance.«
    »… der Grund, warum ich dich anrufe, ist …«
    »Im Ernst. Mir steht’s bis hier.«
    »… ich muss wissen, ob wir immer noch …«
    »Ich kotze gleich.«
    »… für dieses Wochenende verabredet sind.«
    Totenstille. Ian hantierte mit der Kaffeetüte, verstreute ein paar Krümel auf der Theke, was seinem Chef einen wütenden Seufzer entlockte. Ron murmelte was vor sich hin, rülpste, schnappte sich einen Puderzucker-Donut vom Regal und biss hinein.
    »Dieses Wochenende«, sagte Ian verwirrt. »Dieses Wochenende …«
    »Der Lance-Super-Hammer, Alter! Wie jeden Sommer. Du, ich, Felicia. Mein Cousin rechnet total mit uns. Am Sonnabend ist im Metro ein Konzert, jugendfrei. Am North-Avenue-Strand gibt’s eine Luft- und Wassershow. Das wird geil.«
    Ian blieb still. Er schob die Kaffeekrümel mit der Hand zusammen und zurück in die Tüte. Er hatte den Lance-Super-Hammer nicht vergessen, aber er wollte noch nicht zusagen. Nicht, solange es immer noch die Möglichkeit gab, egal wie vage, dass dieses Wochenende ihm etwas Riskanteres und weitaus Kitzligeres zu bieten hatte – was er allerdings nicht mit Lance besprechen wollte. Oder mit sonst wem. Aber der Lance-Super-Hammer war etwas, was sie jeden Sommer machten, eine Art Tradition. Drei Jahre hintereinander schon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher