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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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Ich bin irgendwann nur noch hinter ihr hergerannt. Im Grunde mache ich das bis heute.
    aw:
    Lieber Maxim, deine Frauenerlösungsgeschichte hat mich tief berührt. Früher warst du allein und traurig. Dann kam eine Frau um die Ecke, deine Frau, und holte dich da raus. Aus der Einsamkeits- und Magenschmerzhölle. Sie rettete dich. Halleluja! Und so trug es sich zu, dass du plötzlich kein Arschloch mehr warst, sondern Ehemann und Vati. Und so lebtest du geläutert, geordnet und permanent glücklich. Halleluja!
    re:
    Liebe gibt es nicht nur im Märchen, Jochen.
    aw:
    Ach, die Liebe.
    re:
    Was ist schlecht an der Liebe?
    aw:
    Nichts. Aber alle rennen der Liebe hinterher und hoffen auf Erlösung. Am schnellsten rennen Frauen über dreißig, weil sie noch ein Kind wollen oder zwei, und dann flitzen sie durch Clubs und Bars und hoffen auf den Erlösungstreffer.
    Ich weiß nicht, ob es Liebe gibt. Was ich weiß: Es gibt Liebesterror, Pärchenzwang. Es gibt den festen Glauben, unbedingt lieben zu müssen. Wie wäre es denn, mal nicht der Liebe hinterherzulaufen?
    Einfach an der Ecke stehen und warten.
    re:
    Jochen, du stehst jetzt aber schon acht Jahre dort an der Ecke. Oder neun.
    aw:
    Es sind eigentlich zehn. Habe noch mal nachgezählt.
    Also, es werden zehn, jetzt im Mai.
    re:
    Gratulation! Dein Zehnjähriges mit dir selbst.
    aw:
    Lieber Maxim, es geht mir wie dir. Du weißt nicht mehr, wer du vor siebzehn Jahren warst. Ich weiß nicht mehr, wer ich vor zehn Jahren war. Ich weiß nicht mal mehr, wie es damals auseinanderging. Wie meine letzte Beziehung endete. Es ist weg, ich habe es vergessen.
    re:
    Wer hat wen verlassen?
    aw:
    Sie mich. Wir wohnten im Friedrichshain damals, am Boxhagener Platz.
    Im Februar 2001 waren wir zusammengezogen. Im April 2001 zog ich aus, weil sie einen anderen hatte. Einen Unternehmensberater, das weiß ich noch. Aber ich habe überhaupt keine Erinnerung an das letzte Gespräch, an den Moment der Trennung, ob wir uns angeschrien haben, ob wir geweint haben, ob wir uns überhaupt gesehen haben, oder ob ich einfach aus der Wohnung verschwand, still und nur einen Zettel hinterlassend, auf dem stand: »Bin weg. Komme nicht wieder. Mach’s gut.«
    Ich kann mich an die Wochen, Monate danach erinnern. Das schon. An das beschissene Gefühl. Aber alles andere ist verblasst.
    Ich meine, wir waren vier Jahre zusammen. Sie war meine letzte Freundin. Aber ich weiß nicht, ob ich sie heute auf der Straße erkennen würde.
    re:
    Aber den Namen weißt du noch?
    aw:
    Sie hieß Susanne. Wie alle Susannes dieser Welt hieß sie damit eigentlich Suse. 1,74 Zentimeter groß, schwarze Haare, schlank, kleine Brüs te, schöne Füße. Ich mag schöne Füße. Ist das irgendein Fetisch? Keine Ahnung. Ist mir auch egal.
    Sie war damals mit jemandem zusammen, was die Sache am Anfang schwerer machte, aber am Ende viel einfacher. Ich werde das gleich erklären.
    Ihr Freund hieß Roy, war aber kein Amerikaner, sondern Ost-Berliner. Roy hatte einen Job als Schlosser oder Mechaniker, ich weiß es nicht mehr genau. Vor allem aber war Roy sehr schön, Roy war nebenbei Model.
    Ich lernte Suse über einen Freund kennen, ich fand sie gut und ein paar Wochen später dann sehr gut.
    Vor allem aber war sie schwer zu kriegen. Wegen Roy. Das fand ich mit 25 anstrengend und völlig überflüssig. Heute, mit 39, weiß ich: Es geht nicht anders. Es muss anstrengend sein. Das ist schrecklich dumm, aber ich habe diese Dummheit zusammen mit anderen Dummheiten für mich akzeptiert.
    Eine Frau, die sich sofort in mich verliebt, so wird das nichts. Ist nie was geworden. Immer nur andersherum.
    Ich muss mich in sie verlieben. Das ist der erste Schritt. Dann muss sie mir das Gefühl geben von: Mal sehen. Sie muss mich ein bisschen zappeln und schmachten lassen und meine Würde in den Staub treten oder, sagen wir, in Semmelbrösel wälzen wie ein Schnitzel.
    Die Vielleichtphase wird von vielen Frauen leider unterschätzt. Dabei lieben Männer die Vielleichtphase. Und das Schmachten. Wir brauchen das. Es macht uns angenehm gierig. Ich kenne keinen Mann, der freiwillig darauf verzichten mag. In der Vielleichtphase zeigt sich der Wert einer Frau. Ihr Preis steigt, ihre Kostbarkeit. Ich weiß, ich klinge wie ein Autohändler aus dem Wedding. Aber so ist es nun mal. Ich habe das Freundinnen oft versucht zu erklären. Die
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