Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
243 - Das namenlose Grauen

243 - Das namenlose Grauen

Titel: 243 - Das namenlose Grauen
Autoren: Michelle Stern
Vom Netzwerk:
»Fuck!« Dirty Buck zeigte seine schneeweißen Zähne und katapultierte den Kontroller in Richtung Fernseher. Der kabellose, schwarzgraue Gegenstand mit den vier verblassten Bedienungsknöpfen sauste durch den Raum. Das Geschoss drohte den Bildschirm zu zerschmettern, als es im letzen Moment von der Hand eines bleichen Hünen aufgehalten wurde. Der schwarzhaarige Mann war fast so groß wie Dirty Buck selbst. Er warf den Kontroller wortlos zu den anderen Kids der Spielrunde. Eine Frau mit hellbrauner Haut, braungrünen Augen und kurzen knallroten Haaren fing ihn auf.
    »Hey, Bucki, was soll der Scheiß?« Marisar sah verärgert auf den flügelförmigen Kontroller in ihrer Hand. »Du machst uns noch den Flimmerkasten kaputt, und wenn der erst im Arsch is, kriegen wir so schnell keinen neuen!«
    Trashcan Kid grinste selbstgefällig. Er saß auf einem gepolsterten Sessel, der große Ähnlichkeit mit denen im Keller der Capitolruine hatte, und zeigte Buck den Stinkefinger. »Buck kann eben nicht ordentlich abloosen.«
    »Halt doch dein Maul«, protestierte Buck missmutig und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Trashcans Grinsen wurde breiter. Er hob seinen Arm mit der Holzprothese. »Loost gegen einen Krüppel ab, Alter. Das würd mich auch anfucken.«
    Buck ignorierte Trashcans Worte und zog seine Magnum .357 hervor, um sich ganz der Reinigung der Waffe zu widmen. Er wischte mit seinem zerrissenen weißen Hemdsärmel immer wieder über Flecke auf dem Lauf.
    »Könnt ihr nich ’n bisschen leiser sein?«, meinte Loola genervt. Sie lag ausgestreckt neben ihrer Axt auf einem Sofa und versuchte sich zu entspannen.
    Die Kids waren zu sechst in dem geräumigen Keller einer Hochhausruine am Rand des Pershing Parks, den sie erst vor kurzem zu ihrem Domizil erklärt hatten. Die Bezeichnung Domizil kam von Trashcan, der als Anführer der Kids-Gang meinte, ihre vorübergehende Bleibe verdiene einen anständigen Namen.
    In den vergangenen Wochen hatte es unter den Gangs vermehrt Ärger gegeben und Trashcan Kid hatte sich wie so oft eine neue Unterkunft gesucht. Im Keller des Hauses hatten sie eine noch verpackte Spielekonsole gefunden und sie wieder flott gemacht. Seitdem spielten sie, als ginge es um ihr Leben.
    Auf dem Bildschirm war ein großes wabbeliges Monster mit zahlreichen Tentakeln in der Bewegung eingefroren. Die Spielfigur des Helden stand mit einem erhobenen Langschwert neben dem Untier. An ihrer Seite lag eine Leiche – die Spielfigur Dirty Bucks. Sie war vor wenigen Sekunden von einem Tentakel niedergestreckt worden.
    »Ich will auch mal!« Little Rock grabschte nach dem Kontroller in Marisars Hand. Zwischen den beiden entbrannte ein heftiger Streit, wer als nächster an die Reihe kam.
    Die dunkelhaarige Loola zog sich ein Kissen über die Ohren, das sie kurz darauf zornig auf Marisar warf. Die Frau mit der hellbraunen Haut quiekte auf. Little Rock nutzte den Moment, um ihr den Kontroller aus der Hand zu reißen.
    Trashcan hatte inzwischen einen neuen Spielstand geladen. Er grinste Davie Gun auffordernd zu, dem weißen Hünen, der sich neben dem Kaminfeuer auf den Boden gesetzt hatte. In seinen kräftigen Händen hielt er eine Flasche von Bürgermeister Stocks selbst gebranntem Schnaps.
    »For heavens sake«, murmelte der Hüne und warf die Flasche zu Trashcan. Der fing die Flasche mit seiner gesunden Hand und öffnete den Verschluss mit den Zähnen. Den Deckel spuckte er achtlos zur Seite.
    »Geiles Zeug«, meinte er nach einem kräftigen Schluck.
    Die rothaarige Marisar schmiss das Kissen zu Loola zurück, und einen Moment keiften beide so heftig aufeinander ein, dass kein anderes Wort mehr im Raum zu verstehen war.
    Little Rock winkte mit dem Kontroller. »Könnt ihr nich mal die Klappe halten, Mädels?«
    »Nenn mich noch mal Mädel und es setzt was mit meiner Axt!« Loola sprang beleidigt auf. »Du bist nur hier, weil du in den letzten Tagen eine Schleimspur um Trashcan gelegt hast, die dicker ist als Stocks Wampe!«
    »Loola…«, versuchte Trashcan zu beschwichtigen.
    »Ist doch wahr!«, begehrte die Dunkelhaarige im schwarzen Lederanzug auf. »Davie hat sich wenigstens bewährt! Wie der Erik eins verpasst hat… das hatte es in sich. Der hat sich den Platz in der Clique echt verdient. Aber unser Milchgesicht hier verbreitet nur heiße Luft und geht mir auf die Eierstöcke!«
    Little Rock zog wie ein geprügelter Hund den Kopf ein und sah bettelnd zu Trashcan Kid. Der Anführer der Gang seufzte. Er hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher