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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Autoren: Franziska Steinhauer
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worden war. Behutsam, Schritt für Schritt, pirschte sie sich näher heran. Elstern flogen auf, trugen große Brocken im Schnabel davon. Nüsse? Doch nicht nur Vögel waren an dieser Extrafütterung interessiert.
    Fliegen summten herum. Heerscharen. Die Luft war direkt erfüllt von ihrem Gebrumme. Auch Wespen schienen nicht abgeneigt. Zu ihren Füßen bemerkte Anette eine Ameisenstraße. Interessiert beobachtete sie, wie die kleinen Insekten winzige Beutestücke davonschleppten. Holomorphe Insekten, dachte sie automatisch.
    Einige Brummer landeten klebrig auf der nackten Haut ihrer Arme und Beine. Anette verscheuchte sie mit mäßigem Erfolg. Ein paar verfingen sich in ihren Haaren und versuchten wild zappelnd, sich wieder zu befreien.
    »Was zum Kuckuck ist denn da drin?«, fluchte die junge Biologin und kam näher. Eine heftige Böe trieb den Wind plötzlich in ihre Richtung und brachte einen schier umwerfenden Gestank mit.
    »Der hat einen Tierkadaver benutzt! Das ist ja nicht zu fassen!«, empörte sie sich und erinnerte sich an Bilder aus ihrer Kindheit. Obstbauern hatten tote Katzen in die Bäume gehängt – zur Abschreckung! Das funktionierte natürlich überhaupt nicht. Ist das heutzutage eigentlich endlich verboten?, schweiften ihre Gedanken ein bisschen ab.
    »Los!«, kommandierte sie sich selbst. »Nur weil der Bauer ein halbes Schwein ins Feld stellt, musst du dich nicht gleich wie eine Mimose anstellen. Du willst eine berühmte Biologin werden!«
     
    Drei Sekunden später verloren sich all ihre ehrgeizigen Träume unter heftigem Würgen.
    Nie, ganz sicher nie, könnte sie den Anblick wieder vergessen. Nie!

3
    »Eine Leiche in einem Feld! Glaubst du wirklich, das ist ein Mordopfer?«, fragte Albrecht Skorubski skeptisch. »Wahrscheinlich doch eher Drogen. Ein Bett im Kornfeld und dann eine zu hohe Dosis …«
    »Der Arzt hat deutliche Anzeichen für einen nicht natürlichen Tod gefunden, meinte der Kollege vor Ort. Wir werden es ja gleich sehen.« Peter Nachtigall blickte seinen Freund besorgt an.
    Die unnatürliche Blässe des anderen war ihm schon seit einigen Tagen aufgefallen.
    »Geht es dir nicht gut?«
    »Wie kommst du auf so was? Nein, alles in Ordnung. Nur schlecht geschlafen. Ist ja eigentlich ganz normal, bei der Hitze!«
     
    Der Wagen holperte neben der Bahnstrecke entlang.
    »Im Grunde kann der Tote noch nicht lange dort liegen.« Skorubski schob das Basecap auf dem inzwischen völlig kahlen Schädel hin und her. »Der Bauer kommt doch sicher regelmäßig vorbei. Und wenn jemand ins Feld läuft, bleiben die Spuren noch lange sichtbar.«
    »Wenn er nicht vermisst wurde, kann die Leiche dort womöglich schon eine ganze Weile liegen«, murmelte Nachtigall nachdenklich. »Es sind noch Ferien.«
    »Sag mal, Peter, ist dir nicht viel zu heiß in deinem schwarzen Outfit? Also ich könnte das gar nicht ertragen!«
    »Mir ist nicht zu warm.« Nachtigall band seinen sommergekürzten Zopf wieder neu. »Es ist nur eine Frage der Gewöhnung!«
    Michael Wiener, der jüngste Kollege in Nachtigalls Team, trat ruhelos von einem Fuß auf den anderen. »So was habt ihr noch nicht gesehen!«, begrüßte er die beiden aufgeregt.
    »Ach komm! Was wir schon gesehen haben, ist doch gar nicht zu übertreffen!«, widersprach Albrecht Skorubski entschieden.
    Nachtigall warf einen forschenden Blick in Wieners Gesicht. »Nicht schon wieder!«
    Wiener grinste schief. Er wusste, sein Chef konnte den Anblick von Toten nur schwer ertragen und hatte – seiner Meinung nach – ein generelles Problem mit der Vorstellung, dass Menschen sterben konnten, besonders dann, wenn jemand nachgeholfen hatte.
    »Teilweise skelettiert. Der Schädel ist eindeutig menschlich. Viel ist nicht mehr übrig. Jemand hat eine Leiche als Vogelscheuche aufs Feld gestellt«, erklärte er knapp.
    Es dauerte einige Sekunden, bis sich diese sperrige Information verarbeiten ließ.
     
    Wenige Schritte später starrte Peter Nachtigall entgeistert auf das, was die Tiere übrig gelassen hatten. Wiener hatte wirklich nicht übertrieben.
    Eifrige Krabbeltiere überall, beleidigte Krähenvögel, die von den Strommasten und den näher gelegenen Bäumen Bosheiten in ihre Richtung schrien.
    Einen hysterischen Moment brauchte er, um sich darüber klar zu werden, dass das hartnäckige Kribbeln an seiner Wade nur Einbildung war. Es kostete ihn alle Selbstdisziplin, die er aufzubringen vermochte, nicht einfach kehrtzumachen und wegzufahren.
    »Das meiste
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