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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Autoren: Franziska Steinhauer
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haben wohl die Vögel angerichtet. Die Witterung der letzten Tage spielt natürlich auch eine Rolle. Wäre es feuchter gewesen, würden Sie hier nur noch Maden finden – aber so. Sie sehen ja …«, plapperte ein Gesicht, das Nachtigall völlig fremd war. »Die Maden haben unter der Kleidung Schutz gesucht.«
    »Peter Nachtigall, Kriminalpolizei Cottbus. Und wer sind Sie?«
    »Dr. Brand. Arzt vom Dienst. Todesursache kann der Rechtsmediziner vielleicht noch irgendwie ermitteln, aber ich könnte mir vorstellen, nur mit größten Schwierigkeiten.« Dr. Brand neigte sich näher zu Nachtigall hinüber und flüsterte vertraulich: »Ich bin ja von Haus aus Ophthalmologe. Und Augen sind ja … tja. Aber ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass es hier keinen Zweifel daran geben kann, dass dieser Mensch tot ist. Ich habe wenig Erfahrung damit, den Tod festzustellen, das gehört nun mal nicht unbedingt in mein Fachgebiet. Und es wäre ja schon mehr als peinlich, wenn ich behaupte, jemand sei verstorben und am Ende treffe ich ihn zwei Wochen später im Blechen Carré beim Einkaufsbummel. So was Ähnliches ist einem Kollegen von mir tatsächlich passiert.«
    Peter Nachtigall atmete tief durch.
    Und bereute es sofort. Der Gestank war beinahe unerträglich.
    Er presste sich ein Taschentuch fest auf Mund und Nase.
    Dieser Arzt ging ihm auf die Nerven. So sehr, dass er sich schon beinahe Dr. Manz, den jungen Notarzt, dem er gelegentlich an Tatorten begegnete und mit dem es auch nicht immer einfach war, an den Fundort wünschte.
    »Wenn er ein sich schnell abbauendes Gift bekommen hat, wird man wohl einen Mord gar nicht mehr nachweisen können. Weichteilverletzungen wird der Gerichtsmediziner auch nicht mehr identifizieren können.« Der Augenarzt wiegte bekümmert den Kopf. »In diesen amerikanischen Serien …«
    »Sie gehen also davon aus, dass der Körper völlig intakt war, als er hier«, Nachtigalls Adamsapfel hüpfte nervös, während der Ermittler nach einer passenden Formulierung suchte, »zur Schau gestellt wurde?« Dieser Fundort war ein einziger Albtraum.
    Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn Dr. Pankratz, der Rechtsmediziner, vorbeikommen könnte, um sich dieses Arrangement anzusehen, überlegte der Hauptkommissar und winkte Michael Wiener heran, der sich mit einer blassen, jungen Frau unterhielt.
    »Wer ist das?«
    »Anette Faun. Sie hat die Leiche gefunden.«
    »Gefunden? Zufällig?« Das konnte eigentlich nicht stimmen, wurde Nachtigall sofort klar. Vom Weg aus war nicht zu erkennen, dass ein Skelett im Anzug der Scheuche steckte. »Das klären wir noch.« Er drehte sich zu Albrecht Skorubski um. „Ruf bitte bei der Staatsanwaltschaft an. Erzähle Dr. März, was wir hier gefunden haben und bitte ihn, Dr. Pankratz zu informieren. Ich glaube, er sollte sich das ansehen, bevor wir den Toten abtransportieren.«
    Zum Arzt gewandt fragte er: »Noch wichtige Informationen?«
    »Jemand hat der Leiche ein stabiles Holzkreuz in den Rücken geschoben. Die Ärmel halten auf diese Weise die Arme in der ausgebreiteten Position. Der Kopf wurde mit einer Stoffbahn fixiert, damit er nicht vornüberfällt.«
    »Die Augen?«, würgte Nachtigall.
    »Gefressen. Sehen Sie, Krähenvögel sind nicht sehr wählerisch und immer hungrig. Eine Hand ist abgefallen, ein Fuß fehlt ganz. Den haben bestimmt kleine Räuber mitgenommen.«
    Neben der grotesken Vogelscheuche lag etwas, das unter einer dichten Ansammlung grauer Asseln begraben war.
    »Und das?«, wollte Nachtigall mit dumpfer Stimme wissen und hoffte, er müsse sich nicht doch noch übergeben.
    Dr. Brand bückte sich etwas vor und betrachtete das Gewimmel eingehender. »Aha. Das wird wohl der rechte Fuß sein.«
     
    Aus der Hose ragten Schien- und Wadenbein hervor. Auf der rechten Seite lagen die Knochen völlig frei, an der linken waren noch Gewebereste auszumachen. Einzelne Fingerglieder der rechten Hand waren verschwunden, die Weichteile von Elle und Speiche bis zum Übergang in den Ärmel gründlich abgepickt. Peter Nachtigall streifte Latexhandschuhe über.
    Streckte zögernd seine Hände aus, um die Taschen des Anzugs abzuklopfen, doch das unerwartet herrische »Nein!« von Dr. Brand ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten.
    »Finger weg!«, setzte der Augenarzt grinsend hinzu.
    »Warum? Vielleicht finden wir eine Brieftasche oder etwas anderes, das uns seine Identität verrät.«
    »Auch wenn ich bei einer frischen Leiche so meine Schwierigkeiten habe – nicht
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