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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind
Autoren: Carola Clasen
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Mann im Müll.
    »Wirklich sehr nette Leute«, raunte die Melzer. »Kann ich nur empfehlen. Auch wenn das Unternehmen nur aus zwei Personen besteht. Der eine spricht ein bisschen mit Akzent, aber das heißt ja nichts. Sie sind absolut diskret und zuverlässig. Und dafür, dass Herrmann Krux sich selbst umbringt, dafür können sie schließlich nichts.«
    »Zwei Leute, sagen Sie?«, fragte Sonja.
    Die Melzer nickte stolz, als wären es ihre Söhne.
    »Wie treten Sie auf?«
    »Das habe ich sie auch gefragt. Unsichtbar, haben sie gesagt.« Sie lächelte verschwörerisch.
    »Schwarz wie die Nacht?«, fragte Sonja.
    »Ja, ich glaube, so etwas Ähnliches haben sie auch gesagt.«
    Ruben Graf und Sebastian Böhm hatten also nichts als die Wahrheit gesagt, wunderte sich Sonja.
    Gisela Melzer kam näher und flüsterte. »Unter uns: Es hat mir richtig gut getan, Krux tot zu sehen, er war ein Mistkerl.«
    Sonja schluckte. Niemand wusste das besser als sie. »Aber 50.000 sind sehr viel Geld für eine simple Beschattung.«
    »Finden Sie?«, fragte ihr Gegenüber harmlos.
    »Allerdings.«
    »Mir war es das wert. Ich wollte eben wissen, was er so trieb.«
    »Warum haben Sie ihn nicht einfach vergessen?«
    Die Frau rümpfte die Nase, presste die Lippen aufeinander und stieß ein einziges Wort hervor: »Nein.«
    Sonja seufzte. Jeder verarbeitete Schicksalsschläge auf seine Weise. Manche machte die Rache zufriedener. »Deswegen haben Sie auch seine Frau mobilisiert?«
    Sie lächelte schief. »Wir Frauen müssen doch zusammenhalten. Und ich kann es mir leisten, ich beziehe eine gute Rente.«
    »
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hat sich die Gage nicht bei Krux geholt?«
    »Nein!«, protestierte die Melzer entrüstet. »Ich kann meine Rechnungen selbst bezahlen.«
    »Wir werden das prüfen. Jedenfalls muss ich diesen Vertrag zu den Akten nehmen.«
    Gisela Melzer zog die Augenbrauen zusammen.
    »Sie bekommen ihn zurück, sobald ich eine Kopie für uns gemacht habe. Ein seltsamer Vertrag. Da stimmt was nicht. Für 50.000 kriegt man schon bald einen Mord.«
    Die Melzer versteifte sich.
    Sonja nahm die Blätter aus der Plastikmappe, faltete sie und wollte sie in die Tasche ihres Blazers stecken, als sie auf einen Widerstand stieß. Jetzt war der Moment gekommen. Behutsam legte sie das kleine Passfoto von Peter Reiners auf den schönen, dunklen, staubfreien Esstisch.
    Die Melzer beugte sich darüber. »Ja«, seufzte sie wehmütig. »Er war ein schöner Mann.«
    »Das ist nicht Herrmann Krux«, sagte Sonja.
    Eine Schrecksekunde. Das Gesicht war plötzlich verändert. Sie presste zwei Finger auf ihren Mund. Die Mundwinkel hingen herunter, die Augen wurden von tiefen Falten umschattet, die Stirn war zerfurcht. Die Haut schien dünn wie Papier. Sie schwankte und hielt sich an der Tischplatte fest.
    »Das ist Peter Reiners«, sagte Sonja. »Nicht Herrmann Krux, und das wissen Sie genau.«
    Ein Ruck ging durch die Frau.
    »Wie ähnlich sie sich sehen, nicht wahr?«
    Kaum wahrnehmbares Nicken.
    Sonja fuhr fort: »Sie könnten Brüder sein. So ähnlich sehen sie sich, dass
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Peter Reiners für Herrmann Krux halten konnte.«
    Die Melzer schwieg.
    »Peter Reiners starb unschuldig.«
    »Was habe ich damit zu tun?«, entrüstete sich die Frau.
    »Sie haben mir nicht richtig zugehört, Frau Melzer. Er starb, weil sie einen Mord bestellt haben, und das werde ich Ihnen beweisen.«
    »Aber dieser Mann hat mir doch nichts getan. Ich habe
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eine Szene gemacht, als ich in der Zeitung gelesen habe, wer der tote Mann in der Mülltonne wirklich war. Nicht diesen Mann sollten sie umbringen, sondern …« Sie unterbrach sich und schlug beide Hände vor den Mund.
    »Danke«, sagte Sonja. »Das wollte ich von Ihnen hören.«
    Sie ließ zufrieden ihr Kinn auf die Brust fallen und stieß mehr Luft aus, als sie in den letzten Stunden eingeatmet hatte. Das war der Moment, für den sie arbeitete. Sie hatte ihr Geständnis. Sie hatte es. Sie trat hinaus ins Freie und blickte auf Gisela Melzers kleines Paradies.
    »Was wird nun werden?«, rief die Melzer vom Wohnzimmer her.
    »Sie hören von uns.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie und steckte den Kopf durch die Terrassentür.
    Aber da hatte Sonja das Paradies schon durch den Garten verlassen.
    Sultan Özdemir nahm sie in Empfang. Sah er es ihr an, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, die Geschichte seines geliebten Fußballklubs weiterzuerzählen, oder war er immer noch beleidigt, weil Sonja es gewagt hatte, im Zusammenhang
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