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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind
Autoren: Carola Clasen
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Stirn und blickte angestrengt nach oben gegen das Markisendach, als stehe dort ihre Liebesgeschichte geschrieben.
    »Von seiner Ehefrau Melinda habe ich Ihre Telefonnummer bekommen.«
    »Ach ja. Jetzt weiß ich, wen Sie meinen. Es ist nur so, ich habe ihn damals als Harald Klinkhammer kennen gelernt, deswegen kam ich nicht gleich drauf. Er hatte wohl viele Namen.«
    Sonja nickte. »Wissen Sie, was aus ihm geworden ist?«
    Frau Melzer schlug ein paar Mal mit der Fliegenklatsche gegen den Tischrand. »Er hat sich umgebracht.«
    Sonja hielt die Luft an. »Woher wissen Sie das?«
    »Warten Sie«, sagte ihre Gastgeberin, erhob sich und verließ die Terrasse.
    Sonja fühlte sich plötzlich unwohl auf dem gepolsterten Gartenstuhl. Sie stand auf und wanderte über die Pflastersteine auf die Wiese. Der Rasen war sattgrün und ohne Unkraut und klassisch kurz geschnitten. Sonja näherte sich den gepflegten Beeten, die in schwungvollen Formen entlang des Zaunes verliefen. Frau Melzer musste einen Gärtner haben, wenn sie nicht ebenso gut pflanzen wie backen konnte. Die Farben der Blumen bildeten eine durchdachte Komposition.
    »Sehen Sie!« Gisela Melzer stand plötzlich neben ihr. Schritte hatte Sonja auf dem weichen Rasen nicht hören können. Drei Fotos hielt die Frau in der Hand und gab sie Sonja eines nach dem anderen. »Das ist er doch, oder?«
    Auch wenn das Foto unscharf war, Krux war deutlich zu erkennen. Er saß zusammengesunken und schlaff wie eine Puppe auf einem Autositz, dem Sitz des Fahrers, ein Ausschnitt des Lenkrades direkt vor sich.
    Das nächste Foto.
    »Das ist doch sein Bus und sein Autokennzeichen, oder?«
    »Ja«, bestätigte Sonja.
    »Und so hat er sich umgebracht.«
    Das dritte Foto zeigte die Rückseite seines Busses. Am Auspuffrohr war mithilfe einer Schelle ein Schlauch befestigt, der durch die leicht geöffnete Heckklappe ins Innere führte. Die so entstandene Lücke war mit einer Plastikplane luftdicht verklebt.
    »Als wir den Bus fanden, war diese Konstruktion entfernt und Krux ausgeflogen«, sagte Sonja. »Ein paar junge Männer haben gestanden, dass sie ihn tot vorgefunden, herausgezerrt und an ein Windrad gebunden haben.«
    »Wer?«, fragte die Melzer schnell.
    »Das tut hier nichts zur Sache.«
    »Wieso an ein Windrad?«
    »Weil er Geld für Windräder kassierte und nicht lieferte.«
    »Typisch.«
    »Das Geld, um das es ging, hatte Krux aber nicht mehr bei sich, und es ist auch auf keinem Konto.«
    »Wie viel waren es?«
    »120.000 Euro.«
    Gisela Melzer zog anerkennend die Augenbrauen hoch. »Die jungen Männer haben es nicht?«
    »Nein.«
    »Sicher?«
    »Wir haben das überprüft«, griff Sonja vor. »Wer hat denn diese Fotos hier gemacht?«
    Die Melzer zierte sich, sie wandte sich von Sonja ab.
    »Wer hat sie Ihnen gegeben?«
    Die Frau entfernte sich.
    »Nun sagen Sie schon!«, rief Sonja ihr nach.
    Sie drehte sich um. »Muss ich wirklich?«
    »Natürlich müssen Sie. Es gibt Gesetze, wissen Sie, die …«
    Gisela Melzer winkte ab. »Gehen Sie mir weg mit Gesetzen.« Die Fotos in ihrer Hand mischte sie wie Karten und blickte Sonja mit großen, treuherzigen Augen an. »Kümmern sich die Gesetze auch um betrogene Frauen?«
    »Kommt drauf an«, sagte Sonja. »Auf jeden Fall aber um Mörder! Also, wer war es?«
    »Ich werde nicht darüber sprechen. Es ist gegen den Vertrag.«
    »Welchen Vertrag?«
    »Den ich mit einem …«, Sie überlegte kurz, »mit einem Unternehmen gemacht habe. Sie wollen ihn wahrscheinlich trotzdem sehen?«
    »Selbstverständlich.«
    Sie seufzte. »Also gut. Augenblick bitte.«
    Sonja folgte ihr über den Rasen und die Terrasse ins Haus. Zwischen Wohn-und Esszimmer stand ein Sekretär an der Wand. Ein antikes Modell. Aus einer der Schubladen zog Gisela Melzer ohne langes Suchen eine Plastikmappe. »Hier! Lesen Sie selbst. Es hat alles seine Ordnung. Und jemanden observieren zu lassen ist doch nichts Schlimmes, oder?«
    Gisela Melzer und eine Firma namens
HIOB Security
hatten am 20. April einen Vertrag abgeschlossen, dessen Inhalt die Observation eines Herrmann Krux für einen Zeitraum von maximal fünf Monaten war. Diskretion wurde von beiden Parteien zugesichert. Monatlichen Rapport eingeschlossen, kostete der Spaß die Auftraggeberin 50.000 Euro.
    20. April, rechnete Sonja nach, das war zehn Tage vor Peter Reiners Tod. Und wieder sah sie die Ähnlichkeit der beiden Gesichter deutlich vor sich, dazu brauchte sie das Passfoto nicht aus der Tasche zu ziehen. Harry und der
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