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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd
Autoren: Jack Higgins
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Prolog

    Im Juli 1940 wurde Walter Schellenberg, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei, von Hitler nach Lissabon geschickt, um den Herzog und die Herzogin von Windsor zu entführen, die damals, nach ihrer Flucht aus dem von den Nazis besetzten Frankreich, in einer Villa in Estoril lebten. Der nun folgende Bericht ist ein Versuch, die Ereignisse zu rekonstruieren, die mit jener abenteuerlichen Episode verbunden waren. Er basiert weitgehend auf historischen Fakten - nur gewisse Abschnitte müssen, der Natur der Sache entsprechend, fiktiv bleiben. Eine Persönlichkeit, deren Verdienste im Lauf der bizarren Geschehnisse besonders deutlich hervortreten, ist der Herzog von Windsor selbst. Deshalb möchte ich das Buch als einen Tribut an diesen tapferen und ehrenwerten Mann verstanden

    1

      Kurz nach Mitternacht begann es zu regnen, und der junge portugiesische Polizist holte ein Cape aus seinem Schilderhaus und legte es der Frau wortlos um die Schultern.
      Es war kühl geworden, und sie ging die Straße ein Stück hinauf, um warm zu bleiben, hielt dann inne und blickte zurück zur Tejomündung, wo in der Ferne die Lichter von Lissabon leuchteten.
      Ein weiter Weg; nicht so weit wie Berlin oder Paris oder Madrid, aber jetzt war sie endlich hier, vor der rosa Stuckvilla in Estoril, am Ziel ihrer Mission. Und müder, als sie jemals in ihrem Leben gewesen war, wünschte sie sich plötzlich, daß alles vorbei sein möge.
      Sie ging zurück zu dem Polizisten am Tor. »Bitte«, sagte sie auf englisch, »wie lange noch? Ich warte nun schon fast eine Stunde.« Es war unsinnig, weil er sie nicht verstand.
      Sie hörte das Motorengeräusch eines Autos, das den Hügel heraufkam, Scheinwerfer blitzten durch die Mimosenbüsche, und dann stoppte ein schwarzer Mercedes nur wenige Meter von ihr entfernt. Der Mann, der hinten ausstieg, war breitschultrig und kräftig. Er hatte keinen Hut auf, trug eine Brille und hatte die Hände in den Taschen eines dunklen Regenmantels vergraben. Er sagte auf portugiesisch etwas zu dem Polizisten, wandte sich dann an das Mädchen. Sein Englisch war ausgezeichnet.

    »Miss Winter, nicht wahr? Miss Hanna Winter?«
    »Ja.«

    »Würden Sie mir Ihren Paß zeigen?«
    Als sie ihn schnell aus der Tasche holte, erschauerte sie wegen der Kälte, so daß ihr das Cape von den Schultern glitt. Er legte es ihr höflich wieder um, nahm dann den Reisepaß. »Aha - Sie sind Amerikanerin.«
      »Bitte«, sagte sie, eine Hand an seinem Ärmel. »Ich muß den Herzog sehen. Es ist dringend... sehr dringend.«
      Er schaute einen Moment lang stumm auf sie hinab und nickte dann dem Polizisten zu, der das Tor öffnete. Der Wagen rollte näher. Er hielt ihr die Tür auf, und sie stieg ein. Er folgte ihr nach.

      Der Mercedes machte einen jähen Satz nach vorn, der Chauffeur riß das Steuer herum, wendete und fuhr wieder den Hügel hinab nach Lissabon.
      Sie war in die Sitzecke gepreßt worden, und mit einer beinahe rohen Handbewegung half er ihr, sich wieder aufzurichten, und knipste dann die Wagenbeleuchtung an. In der anderen Hand hielt er immer noch ihren Paß.

      »Hanna Winter - Amerikanerin? Das glaube ich nicht.« Er zerriß das Dokument und warf die beiden Hälften zu Boden. »Ich glaube, das hier ist authentischer.«

      Der Ausweis, den er ihr gab, war ein deutscher. Wie hypnotisiert vor Entsetzen starrte sie darauf. Das Bild in dem Dokument war ihr eigenes. »Fräulein Hanna Winter«, sagte er. »Geboren am neunten November neunzehnhundertachtzehn in Berlin. Wollen Sie das bestreiten?« Sie klappte den Ausweis zu und gab ihn zurück, wobei sie sich krampfhaft bemühte, ihre innere Panik unter Kontrolle zu bekommen. »Ich heiße zwar Hanna Winter, aber ich bin amerikanische Staatsbürgerin. Die Botschaft der Vereinigten Staaten wird das bestätigen.«
      »Das Reich gesteht seinen Bürgern nicht das Recht zu, ihre Nationalität nach Belieben zu wechseln. Sie sind als Deutsche zur Welt gekommen, und ich bin ziemlich sicher, daß Sie auch als Deutsche von uns gehen werden.«
    Die Straßen waren verlassen, und sie fuhren sehr schnell; sie hatten bereits die Stadt erreicht und näherten sich dem Fluß. Er sagte: »Eine interessante Stadt, dieses Lissabon. Um beispielsweise in eine ausländische Botschaft zu kommen, muß man sich bei einem portugiesischen Polizeiposten ausweisen. Wenn Sie also versucht hätten, die britische oder amerikanische Botschaft zu betreten, hätten wir Sie
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