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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand
Autoren: Ina Bruhn
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Porscheschlüssel wedeln, während sie Tussis mit ausladendem Goldschmuck und einem ebensolchen Vorbau Drinks spendieren. Die Clubs in der Kødbyen sind bisher nicht von unerwünschten Typen aus den Vororten überlaufen. Hier geht es noch ein bisschen rauer zu. Ein bisschen anders. Hier macht man sich eher lächerlich, wenn man zu viel Geld hat (oder zumindest, wenn man es zeigt) oder sein Selbstbewusstsein auf Silikonbrüste gründet.
    Nick verschwindet blitzschnell in der Menschenmenge und Rasmus bahnt sich seinen Weg zur Bar, um Getränke zu holen. Ich streife ein wenig zwischen den Tischen umher und beobachte die Szeneleute dabei, wie sie Mojitos in sich hineinkippen. Ein paar Typen diskutieren die Kritiken zu einem Film, bei dem einer von ihnen Regie geführt hat. Ich fühle mich wie ein kleiner Schuljunge, der sich verirrt hat, und im Prinzip bin ich das ja auch.
    „Noch eine Runde“, sage ich zu Rasmus, als er mit dem Bier zurückkommt, „dann bin ich weg.“
    „Hier ist es doch total geil.“
    Ich schüttele den Kopf und sage nichts mehr. Habe trotz allem keine Lust, zuzugeben, wie unterlegen ich mich hier fühle.Hier gibt es haufenweise tolle Frauen, die aber garantiert einen Lachanfall bekämen, wenn sie hörten, dass ich aufs Gymnasium gehe und immer noch zu Hause wohne. Nick hat es da leichter. Er geht problemlos für über zwanzig durch. Und wahrscheinlich macht er gerade irgendeiner Trulla weis, er würde Ole-Victor heißen und auf die Filmhochschule gehen.
    Auch Rasmus sieht älter aus als achtzehn. Sein braunes Haar ist an den Seiten kurz und oben verwegen. Er sieht aus wie ein Achtzigerjahre-Mischprodukt aus Spandau Ballet und Junge Union. Ich habe den Verdacht, dass er sich seine Stirnlocke jeden Morgen akkurat zurechtföhnt. Rasmus hält nie länger als fünf Minuten am Stück die Klappe und hat immer tausend Projekte gleichzeitig am Laufen. Manchmal wünschte ich, ich wäre ein bisschen mehr wie er. Irgendwie bin ich in mehrfacher Hinsicht hängengeblieben, seit Jonathan verschwunden ist. Denn wenn er jemals wieder nach Hause kommt, soll er denselben Freund vorfinden, den er damals zurückgelassen hat, nicht einen fremden Menschen.
    Wir haben unsere Biere fast geleert, als Nick mit panischem Blick auftaucht: „Ich habe gerade Rie gesehen.“
    „DIE Rie?“
    „The same.“
    „Und hat sie dich auch gesehen?“
    „Ich glaube schon.“ Nick sieht sich hastig um. „Ich muss abhauen.“
    „Nein, glaubst du wirklich …“
    Nick hört das Ende meines Satzes nicht mehr. Er schiebt sich bereits durch die Menschenmenge in Richtung Ausgang.
    Rasmus hebt seine Augenbrauen. „Wer ist denn Rie?“
    „Mit der hatte er letzten Sommer mal was. Und sie war ziemlich davon überzeugt, dass die beiden ein Paar wären.“
    „Ach, war das die, die behauptet hat, sie wäre schwanger?“
    „Ja, aber das war falscher Alarm. Oder sie hatte es sich schon von Anfang an ausgedacht.“
    „Du meinst, um ihn an sich zu binden? Das ist ja wie in den Fünfzigerjahren!“
    „Mhm …“, sage ich und recke den Hals, um Nick dabei zu beobachten, wie er sich geduckt und im Eiltempo aus der Tür schleicht, wie eine Rothaut auf der Flucht vor General Custer.
    „Du da?“ Plötzlich steht Rie drei Meter von mir entfernt und zeigt mit dem Finger auf mich. „Du kennst doch Nick.“
    „Wen?“
    „Vergiss es. Ich kann mich noch genau an dich erinnern. Und er ist gerade hier vorbeigelaufen, oder?“
    „Er wollte nach Hause gehen“, antwortet Rasmus grinsend. „Seine Freundin hatte gerade angerufen.“
    Rie drängt sich an uns vorbei und spurtet zur Tür.
    „Wollen wir woandershin?“, frage ich.
    „Warum denn?“
    „Hier ist es doch doof.“
    „Okay. Ich kenne da was in der Nähe der Strøget.“
    Eigentlich ist alles, was in der Nähe der Strøget liegt, ein richtiger Abturn. Hässliche Konzeptbars und sogenannte Irish Pubs, in denen die Gefahr groß ist, auf einen der anfangs beschriebenen Deppen aus den Vororten zu treffen.
    „Und was ist das so für ein Laden?“, frage ich, als wir unsere Fahrräder die Vesterbrogade entlangschieben.
    „Nur ein Café, aber sie haben auch nachts auf.“
    „Gehst du da oft hin?“
    „Ja, ich war ein paar Mal da. Es heißt Close .“
    „Nie gehört.“
    „Das gibt es auch erst seit einem halben Jahr. Vorher war dortein Thai-Restaurant, aber dann wurde einer von den Hells Angels da drin erschossen und die Kundschaft blieb aus.“
    „Klingt charmant. Kommen die Rocker denn
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