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SPIEGEL E-Book: Gutenbergs neue Galaxis: Vom Glück des digitalen Lesens (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Gutenbergs neue Galaxis: Vom Glück des digitalen Lesens (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Gutenbergs neue Galaxis: Vom Glück des digitalen Lesens (German Edition)
Autoren: Hilmar Schmundt
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bei der ich mich beschweren kann. Keine Möglichkeit, mir ein neues Passwort anzufordern. Ich schicke diverse E-Mails, bekomme aber keine Antwort. Ich sehe meine Bücher sauber aufgereiht auf dem virtuellen Regal, alle ganz legal, alle teuer bezahlt, aber sie sind unerreichbar wie hinter einer kugelsicheren Glasvitrine. Ich fühle mich, als sei ich kalt enteignet worden, geschlagen mit einer nicht angeborenen Leseschwäche namens „Digital Rights Management“ – Rechtemanagement.
    Trotzig mache ich mich nach ein paar Tagen des vergeblichen Wartens auf Hilfe selbst auf die Suche in schmuddeligen Seitengassen des Internet, um mir eine unautorisierte Kopie des Buchs zu besorgen, das ich längst bezahlt habe. Ich klicke mich durch zwielichtige Torrent-Dienste mit blinkender Pornowerbung. Wenn sich ein Anwalt bei mir meldet, um so besser, dann hätte ich endlich einen Ansprechpartner für mein Problem.
    Und dann die Überraschung. Nach einer Woche beschwere ich mich persönlich bei einem leitenden Mitarbeiter des E-Books-Ladens. Und bekomme die Antwort: Auch er halte den Kopierschutz für einen Fehler, aber viele Verlage forderten ihn. Nicht aus Gier oder Bosheit, sondern aus Unsicherheit und Unwissen. Und genau aus diesem Grund sei er an einem flüssigeren Funktionieren der Kopierschutzfunktion gar nicht weiter interessiert. Denn je schmerzhafter der Kopierschutzes sei, desto schneller werde dieser Spuk zu Ende sein. So kann man das auch sehen.
    Fast jeder E-Book-Leser kann von eigenen Abenteuern im Formatedschungel erzählen. Tim Renner zum Beispiel, selbst Buch-Autor („ Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm “), hat Ähnliches erlebt wie ich. Er hat früher bei dem Musiklabel Universal gearbeitet, bevor er sich mit Motor Music selbstständig gemacht hat.
    Als Renner vor einiger Zeit durch Südamerika reiste, wollte er auf seinem Lesegerät einen Roman von Gabriel García Márquez laden. Es gelang ihm aber nicht, das Buch in elektronischer Form und legal zu erwerben. Also besorgte er ihn sich in einer illegalen Tauschbörse. Schlecht habe er sich dabei nicht gefühlt, sagt Renner.
    Renner erzählte das im September 2012 bei einer Podiumsdiskussion in der Akademie der Künste in Berlin. Das Bundesjustizministerium hatte zum „ Zukunftsforum Urheberrecht “ geladen. Der Buchpirat Renner bekam Applaus für seine Geschichte. Ich musste an meine Reise nach Kuba und den zerteilten Zauberberg denken. Aber ich sehne mich nicht zurück. Eher nach vorne.

Der Bücherhacker
    „Der Bücherbranche geht es so wie der Musikbranche Ende der Neunziger mit den Tauschbörsen, sie erlebt gerade ihr Napster“, sagt Henrik Berggren, einer der Gründer von Readmill. Berggren, ein schmaler Mann Anfang dreißig, sitzt auf einem Sofa in der Kulturbrauerei in Berlin, und klappt seinen bunt beklebten Laptop auf. Sein Bücherregal.
    Berggren ist Schwede, er lebt derzeit in Berlin, bei einem Umzug müsste er keine Bücherkisten packen. In seiner Wohnung gibt es nur ein einziges Buch aus Papier – ein Kochbuch. Es war ein Geschenk, sagt Berggren.
    „Ich bin kein Bücher-, sondern ein Lesefreund, ich will verlinken, teilen, diskutieren, hacken“, sagt Berggren.
    Wenn sich Berggren ein E-Book kauft, crackt er es erst einmal. Er befreit es aus dem Käfig des Kopierschutzes, etwa mit Hilfe der Software Calibre , für die es außerordentlich praktische Plugins gibt. Ob das legal ist, weiß keiner so genau. Sicher ist nur, dass es verboten wäre, den Text auf eine Tauschbörse zu laden.
    Aber darum geht es bei Readmill nicht, sondern um das Tauschen von Zitaten und Anmerkungen. Um an die Zitate zu kommen, muss man an den Text kommen. Man will schließlich nicht alles abtippen.
    Readmill ähnelt einem Karteikartensystem und greift damit das alte Hypertext-Anliegen auf, das einst auch Vordenker wie Paul Otlet und Tim Berners-Lee hatten, den Traum von der „gigantischen Maschinerie für die geistige Arbeit“. Social Reading führt zurück zu den Wurzeln des Internets. Und des Buchdrucks.

Die Zukunft: Lesen am Handy
    „Es ist schon komisch, dass eine Plattform wie Readmill ausgerechnet in Deutschland entwickelt wird“, sagt Ansgar Warner, der das Blogs „ E-Book-News “ betreibt.
    Warner ist Germanist, er hat ein Büro in der Nähe vom Alexanderplatz, allerhand Start-Up-Firmen haben sich hier angesiedelt, der Hackerverein c-base hat seine Räume gleich um die Ecke, dort wurde die deutsche Piratenpartei gegründet.
    Der deutsche Buchmarkt
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