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SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)
Autoren: Thomas Tuma
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Zahnbürsten oder eben eimerweise Kartoffelsalat. "Mein Herz schlägt für das Unternehmertum", sagt sie. Irgendwann will sie auch Familie, "aber die Firma, das klingt jetzt hochtrabend, ist so etwas wie der Sinn meines Lebens". Zurzeit lebt sie in einer Drei-Zimmer-Mietwohnung, fährt einen Dreier-BMW und ist meist bis sieben oder acht Uhr abends im Büro, direkt neben dem ihres Vaters. Wer sich junge, blonde Unternehmertöchter anders vorstellt, lebt in einer Klischeewelt.
    "Aus einem Land der hungrigen Gründer sind wir zu einem Land der reichen Erben geworden", bilanziert Christian Rickens, Autor des Buches "Ganz oben". "Dieser Wandel führt dazu, dass die reichen Deutschen von heute vergleichsweise dezent auftreten. Der hemdsärmelige Neureiche, der mit Protzvilla und gekauftem Konsultitel seinen frisch erworbenen Wohlstand unter Beweis stellen muss, wird immer seltener."
    Mit Gunter Sachs starb 2011 der ohnehin einzige Berufs-Playboy, den sich Nachkriegsdeutschland erlaubt hatte. Und selbst Sachs hat sein einstiges Erbe eher vermehrt als verbrannt.
    Marie-Christine Ostermann wurde als Kind manchmal gehänselt für den Wohlstand ihrer Eltern. Aber das hat keine Narben hinterlassen. Ihr Erbe empfindet sie als "großes Glück", was auch nicht jeder in ihrer Situation sagen würde.
    Viele andere leiden darunter, den Ansprüchen der eigenen Eltern nicht gerecht zu werden. Andere haben Angst vor der Verantwortung für oft Tausende Jobs. Wieder andere werden einfach nicht ran-gelassen, streiten sich mit den Altvorderen um den richtigen Kurs der Firma oder sind entnervt von den ewigen Vorwürfen, in gemachte Betten geboren worden zu sein. Und dann gibt es noch jene, die schlicht keine Lust haben, sich ihr Leben mit Arbeit zu versauen.
    "Große alte Industrievermögen kann man heute an einer Hand abzählen. Die wenigsten Familien schaffen es, ihr Geld über drei Generationen zu bewahren", sagt der Vermögensverwalter Christian Freiherr von Bechtolsheim, der gern dabei hilft. Sein eigener Stammbaum reicht zwar bis zu den Fuggern, aber seine Adelsfamilie hat in zwei Weltkriegen und den unsicheren Zeiten dazwischen viel Geld verloren. "Darüber habe ich mich immer geärgert. Deshalb wollte ich es auch besser machen." Fünf Millionen Euro liquide Mittel sollte mitbringen, wer bei Bechtolsheim vorbeischaut. Das Gros seiner Kunden sind Erben, teils mit dreistelligen Millionenvermögen. Manche von denen sind schrecklich verunsichert, was die ungewisse Krisen-Zukunft bringen mag. Als Angstthemen ganz oben: eine neue Reichensteuer oder gar eine Währungsreform. Bechtolsheim fühlt sich da nicht nur als Berater seiner Kunden, sondern auch als Vertrauter, Seelsorger, manchmal womöglich gar als Dompteur. Es gibt viele Reiche, die zwar mit großer Zielstrebigkeit ein Unternehmen aufgebaut haben, aber nicht mit Geld umgehen können.
    Was erben bedeuten kann, zeigt der Fall Wella. Rund neun Jahre ist es her, dass der traditionsreiche Darmstädter Kosmetikkonzern an den US-Konkurrenten Procter & Gamble verkauft wurde. Fünf Familienstämme teilten sich 3,2 Milliarden Euro. Allein der in der Schweiz ansässige Familienzweig beherbergt jede Menge lustiger Vögel: Da wurde mal Popmusik gefördert, mal eine Mineraliensammlung gepflegt oder eine Frachtfluglinie in die Pleite begleitet.
    Die Darmstädter Wella-Stämme sind ähnlich bunt. Sylvia Ströher, mit rund 25 Prozent einst die größte Wella-Aktionärin, ist mit einem gelernten Krankenpfleger verheiratet und macht in Kunst. Gisa Sander war ein paar Jahre lang Teilhaberin bei Wolfgang Joops Mode-Label Wunderkind, was für beide Seiten in einem Fiasko endete. Ihre Wella-Miterbin Claudia Ebert hat sich derweil im Süden Sylts für 50 Millionen Euro den Traum eines eigenen Luxushotels samt 18-Loch-Golfplatz in die Dünen betoniert. Ob sich "Budersand" irgendwann rentiert oder nicht, ist bei einem Vermögen von 400 Millionen Euro keine allzu drängende Frage.
    Noch komplexer ist der Haniel-Clan. Haniel, das bedeutet Macht und Einfluss in Konzernen wie Metro und Celesio, aber auch über 600 übers ganze Land verstreute stimmberechtigte Familienmitglieder, die mit großer Ausdauer immer neue Generationen von Anteilseignern zeugen.
    Da hat es Marie-Christine Ostermann einfacher, schon weil es in ihrer Familie weniger an wenige zu verteilen gibt. Ihre jüngere Schwester ist angehende Ärztin und lebt in Brüssel. Sie hat es auch mal mit einer Banklehre versucht, gab aber wieder auf.
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