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SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)

SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)

Titel: SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)
Autoren: Thomas Tuma
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Marie-Christine blieb.
    Nach Abitur, Lehrjahren bei der Commerzbank, Studium in St. Gallen und einem Trainee-Programm bei Aldi trat sie neben ihrem Vater in die Rullko-Geschäftsführung ein und verströmt dort nun eine ansteckende Euphorie – ganz egal, ob sie über ihre geplante neue Kühllagerhalle redet, die Konkurrenz mächtiger Konzerne wie Rewe oder den Schuldenschnitt für Griechenland.
    Ostermann ist seit 2009 auch Vorsitzende des Verbandes "Die Jungen Unternehmer". Als solche ist sie gegen Euro-Bonds, höhere Erbschaftsteuern und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Mindestlöhne findet sie natürlich auch nicht gut.
    Am Schwarzen Brett der Firma in Hamm hängen Zeitungsartikel mit Interviews von ihr. Einen Betriebsrat gibt es bei Rullko nicht. Man könne mit ihr doch über alles reden, sagt Ostermann, die weiß, dass sich jenseits ihrer Backsteinmauern durchaus Unmut zusammenbraut. Auch wenn das Land von einem Exportrekord zum nächsten eilt, ist in den Jahren der Finanzkrise etwas kaputtgegangen.
    Selbst Marie-Christine Ostermann macht sich Sorgen, "dass die Leute wegen einiger schwarzer Schafe anfangen zu denken, die ganze soziale Marktwirtschaft sei schlecht. Tatsächlich ist nicht die Marktwirtschaft das Problem, sondern dass Risiken angeblich systemrelevanter Unternehmen bei den Steuerzahlern abgeladen werden. Wo hingegen Arbeitsplätze geschaffen werden, geht es den Menschen ja gut". Deshalb sei ihr am allerwichtigsten, "dass die Firma läuft".
    Sie ist jetzt 34. Bis 40 darf sie bei den Jungen Unternehmern mitagitieren. Dann muss sie zum Verband "Die Familienunternehmer" wechseln. Die Argumente sitzen schon.
    Station 8
Wo die gewaltigsten Vermögen zu Hause sind
    Hamburg, Melsungen, Hanau – je weiter man finanziell nach oben kommt, umso stiller wird das deutsche Geld: unauffällig, bescheiden, besorgt.
    Auf der Reise durch die Welt des deutschen Reichtums sind jetzt die Gipfelpunkte in Sichtweite, dort, wo die Vermögen jedes Jahr ohne große Anstrengungen um dreistellige Millionensummen wachsen können. Wo Unternehmen Zehntausende Beschäftigte haben und die Millionen endgültig von Milliarden abgelöst werden. Wo Family Offices oder gleich die eigene Bank das Geld verwalten. Wo man anfängt, die Großgrundbesitzerin Gloria von Thurn und Taxis zu verstehen, wenn sie sagt: "Wer weiß, was er besitzt, ist nicht wirklich reich."
    Die Unternehmerfamilie Quandt konnte sich vergangene Woche allein aufgrund ihres BMW-Aktienpakets über eine Dividende von 650 Millionen Euro freuen. Aber wer kennt noch die Familie Kreke, die von Hagen aus das Milliardenreich von Douglas kontrolliert? Es gibt viele solcher Clans in Deutschland. Die äußerst zurückhaltende Familie von Ludwig Georg Braun zum Beispiel beliefert die Welt aus dem hessischen Städtchen Melsungen heraus mit Medizintechnik. Jahresumsatz 2011: 4,6 Milliarden Euro. Die Hanauer Familie Heraeus dirigiert noch immer den gleichnamigen Konzern, der 22 Milliarden umsetzt mit Hightech-Produkten, die kaum jemand versteht.
    Und die Otto Group kontrolliert heute 123 Unternehmen in 20 Ländern. Vom Versandgeschäft, dem weltgrößten hinter Amazon, über die amerikanische Einrichtungskette Crate and Barrel bis zu den sehr deutschen Studienratsspielzeugen, die Manufactum verkauft. Fast 50   000 Beschäftigte erwirtschaften 2010/2011 einen Jahresumsatz von 11,4 Milliarden Euro.
    Irgendwo läuft in so einem riesigen Imperium immer etwas schief. Zuletzt erwischte es Ottos Postdienstleister Hermes, dem vorgeworfen wurde, seine Boten auszubeuten. Nun gibt es bei der Tochterfirma einen Ombudsmann, die Einhaltung eines Verhaltenskodex wird überwacht.
    Aufsichtsratschef dieses gewaltigen Handelskonglomerats ist Michael Otto, dem solche Schlagzeilen sehr unangenehm sind. Er gilt als einer der Guten. Seit er von seinem Vater den Konzern übernahm, hat er nicht nur die Umsätze enorm ausgebaut, sondern auch das gesellschaftliche Engagement. Seit 1993 dirigiert er seine eigene Stiftung, die viele Millionen für nachhaltigen Handel, Umwelt- und Naturschutz überall auf der Welt ausgibt. Der Mann gilt dem "Forbes"-Magazin als drittreichster Deutscher. Ein Titan, ein Master of the Universe?
    Dann kommt man in den konsequent langweiligen Hamburger Stadtteil Wandsbek in Ottos Waschbeton-Konzernzentrale. Ein Eckbüro öffnet sich, Hydrokulturen stehen herum. Der Mann mit der randlosen Brille hat keine Yacht und keinen Jet, selbst die Sicherheitsleute draußen sind
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