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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi
Autoren: Bastei Lübbe
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mit einem Haken hochheben, der in den Lukendeckel eingelassen war.
    »Hallo«, rief er nach unten.
    »Schnell, schnell«, schrie Magnús. »Das Feuer kann jeden Augenblick ausbrechen.«
    Gunnar betrachtete skeptisch die steile Holztreppe, die in den Keller führte. »Ich komme«, sagte er und setzte sich auf den Rand der Öffnung. Er tastete mit dem Fuß nach der ersten Stufe und begann, rückwärts hinunterzuklettern.
    Auf der vierten Stufe traf ihn ein neuer Hexenschuss. Es fühlte sich an wie ein Messerstich, und Gunnar konnte weder vor noch zurück.
    »Au, mein Rücken«, stöhnte er.
    »Schnell, schnell«, rief Magnús.
    Gunnar schloss die Augen und biss die Zähne zusammen. Er hielt sich mit den Händen fest, nahm die Beine von der Stufe und rutschte auf dem Bauch nach unten. »Aua, aua, aua, aua«, ächzte er bei jeder Stufe.
    Unten angekommen spürte er, wie ihm der Schweiß am ganzen Leibe ausbrach.
    »Mach die Kerze da aus«, rief Magnús.
    Gunnar drehte sich um und sah eine brennende Kerze in einer Schale mitten auf dem Boden.
    »In der Schale ist Petroleum, und der Docht führt in das Benzinfass da hinten.«
    Im gleichen Augenblick knisterte die Kerze, und Feuer flammte in der Petroleumschale auf.
    »Der Docht, er brennt schon«, schrie Magnús.
    Auf allen vieren kroch Gunnar wie ein überdimensionaler Kakerlak zu der Schale hin. Er bekam den brennenden Docht zu fassen und riss ihn zu sich herüber. Als sichergestellt war, dass keine Gefahr mehr bestand, sank er stöhnend und schnaufend auf den Bauch.
    »Dem Himmel sei Dank«, ächzte Magnús.
    Gunnar hob ganz langsam den Kopf und blickte sich um. Magnús saß mit flach ausgestreckten Beinen auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken gegen einige Düngersäcke. Seine Hände waren mit starkem Klebeband zusammengebunden, die Füße ebenfalls. Um den Hals trug er eine Schlinge, die hinter die Düngersäcke reichte. Beim geringsten Versuch, sich zu bewegen, hätte Magnús sich erwürgt.
    Arngrímur saß in der anderen Ecke, ihm hatte man einen Eisenring an einer dicken Kette um das Bein gelegt, der an einem schweren Bolzen im Boden befestigt war. Neben ihm lag eine kleine Handsäge, und aus einer schmalen Wunde am Bein blutete es. Der Mann stand unter Schock und starrte auf sein Bein, ohne ein Wort herausbringen zu können.
    »Als er merkte, dass die Säge nichts an der Kette ausrichten konnte, wollte er sich den Fuß absägen«, sagte Magnús. »Aber das ging nicht, er hat sich bloß diese Schramme zugefügt. Dem Himmel sei Dank, dass du noch rechtzeitig gekommen bist.«
    Gunnar kroch auf allen vieren zu der Tonne, um sich an ihr hochzuhieven, aber sie stürzte scheppernd um.
    »Die ist ja völlig leer«, sagte er. »Da war gar kein Benzin drin. Hier wäre kein Feuer ausgebrochen.«
    Magnús fing an zu lachen, ein gezwungenes, unheimliches Lachen, das bald in ein Wimmern umschlug. »Sie haben uns angelogen, diese verfluchten Schweine«, stammelte er schluchzend. »Sie wollten, dass wir Todesängste ausstehen, wir sollten glauben, dass wir hier unten verbrennen würden.«
    15:20
    Es war ein mühsames Unterfangen für Gunnar, aus dem Keller herauszukommen, denn es gab nur den Weg über die Leiter, auf der er nach unten gelangt war. Erst als der Arzt aus Borgarnes eingetroffen war und ihm zwei Spritzen in den Hintern verpasst hatte, war er in der Lage, dort wieder hochzusteigen. Die eine Spritze enthielt Morphium, was in der anderen war, wusste Gunnar nicht. Als die Wirkung der Spritzen eingesetzt hatte, gelang es ihm, aufzustehen und Stufe für Stufe die Leiter zu erklimmen. Zwei besorgte Sanitäter sahen ihm dabei zu und versuchten, ihm nach besten Kräften zu helfen.
    Die Polizei aus Borgarnes war zehn Minuten nach Gunnars Abstieg in den Keller eingetroffen. Feuerwehr und Krankenwagen kamen einige Minuten später. Die Polizisten befreiten Arngrímur und Magnús von den Fesseln und halfen ihnen aus ihrem Gefängnis hinauf. Die Sanitäter verarzteten die Wunde an Arngrímurs Bein. Anschließend wurden die beiden im Streifenwagen zur ärztlichen Untersuchung und Vernehmung nach Reykjavík gebracht.
    Oben in der Küche angekommen, schaffte Gunnar es aus eigener Kraft, zum Krankenwagen zu humpeln. Er ließ sich auf die Bahre fallen und bat darum, nach Reykjavík gefahren zu werden. Allerdings nicht ins Krankenhaus, sondern direkt ins Hauptkommissariat.
    »Im Krankenhaus geben die einem nichts Ordentliches zu essen«, sagte er zur Erklärung.
    Ein Sanitäter fuhr
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