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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer
Autoren: Colin Greenland
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fahren, schloss Tabea sie in die Arme.
    Käpt’n Gillespie blickte auf den Monitor. Zwei Gesichter, zwei Frauen, einander so ähnlich: Die eine lächelte mild, die andere war durch den Wind, verblüfft. Sie gab ein kurzes, ironisches Glucksen von sich, das mehr nach einem asthmatischen Husten klang. »Ach du lieber Himmel«, sagte sie und wandte sich an den Cherub. »Angela Jute.«

    Xtaska brummte leise. Lichter hüpften über ihre Untertasse. »Wir haben keine Aufzeichnungen über eine Angela Jute«, sagte sie.
    Dodger sah auf die große weiße Tür. Die Katze strich vorsichtig über die Schwelle. »Jede Familie hat eins«, sagte Dodger. »Das schwarze Schaf.«
    Der Cherub suchte weiter. »Schaf?«
    »Über den man nicht spricht«, sagte Dodger. »Der auf die schiefe Bahn geraten ist.« Sie verengte die Augen vor dem Rauch ihrer Zigarette. »Wie du«, setzte sie hinzu.
    Xtaska ging nicht darauf ein. Ihre Äugelchen glommen nur schwach, während sie das Material verarbeitete. »Alice wird sie kennen«, sagte sie.
    Dodger nahm die Zigarette aus dem Mund und zeigte damit auf den Cherub. »Über Alice wird erst geredet, wenn wir von Johanna hören.«
    Der Cherub sauste durch die große Tür in das ausladende Zimmer mit nur einem Möbelstück, zwei Frauen und Odin.
     
    Käpt’n Jute saß neben der Frau namens Angela. Sie forschte in ihrem Gesicht. »Woher kommst du?«
    Angela hob die Hand und lächelte ein glückseliges Lächeln. »Vom Heiligen Gral.«
    »Es muss über der Venus gewesen sein«, sagte Xtaska, die eine Hyperbel um die Couch beschrieb. »Sie kann nur aus der Seraph Kajsa kommen.«
    »Der K-Körper ist b-begraben«, murmelte Angela glücklich. »Der Geist ver-v-v-vielfältigt sich bis in alle Ewigkeit!«
    Dodger Gillespie kam dazu und stellte sich in Tabeas Blickrichtung. Sie war sich nicht sicher, wie viel Tabea noch verkraften konnte.

    »Diese Kirche ist eine Art Brückenkopf der Seraphim«, erinnerte Dodger sie. »Der Gral - was ist das überhaupt?«
    »Der Heilige Gral der Erweiterten Neurosphäre«, sagte Angela.
    Sie sahen Angela an. Angela sah sich mit gläsernen Augen um und segnete sie mit ihrer Liebe. Sie hätten Gäste ihrer Geburtstagsfeier sein können.
    »Was hast du mit meinem Schiff gemacht?«, fragte Tabea heiser.
    »Viele Fäden k-knüpfen das Heilige Netz«, erwiderte die Jüngerin zufrieden.
    »Was hast du mit Alice gemacht?«
    Angela Jute lächelte ein Lächeln heiterer Leere.
    »Es ist durchaus möglich, dass sie gar nicht weiß, was sie gemacht hat«, sagte der Cherub. »Eine so komplexe Operation erfordert vielleicht die vollständige Unterdrückung der höheren …«
    Tabea unterbrach. »Können wir sie zurückholen?« Als wolle sie prüfen, ob ihre Schwester Temperatur hatte, hielt sie die Hand an ihre Wange. Sie sah zu Dodger und Xtaska auf.
    Dodger Gillespie hätte beinahe einen Flunsch gezogen. Haben wir dich denn schon zurückgeholt?, dachte sie. Sie warf einen Blick auf den Cherub.
    »Na ja«, sagte der kleine seraphische Abweichler und legte zwei Finger an seinen Knospenmund. »Eine Entprogrammierung wäre zeitaufwändig, aber durchaus möglich. Die Frage ist, ob sie zu einer wiedererkennbaren Identität führt …«
    Angela Jute seufzte und reckte sich, wie jemand, der frisch ausgeruht erwacht. Behutsam trennte sie die dünnen Kabel von ihren Schläfen und ließ sie in den unscheinbaren Anhänger schnurren. »Tabea«, sagte sie, nahm die Hand, die an ihrer
Wange gewesen war, und tätschelte sie. »Du b-bist im Netz. Es trägt dich. Es l-lässt dich nicht im Stich.«
    Tabea blickte in diese verzückten Augen. Die elektronische Evangelistin sollte wissen, warum sie, Tabea, ihren grenzenlosen Optimismus ganz und gar nicht teilte. »Sieh mal, Angie, vor uns steht nicht Proxima, sondern irgendeine andere Sonne. Und alles, aber auch alles geht den Bach runter. Und ich darf nicht mal mein eigenes Schiff steuern.«
    Xtaska schwirrte von der einen in eine andere übermannshohe Position. »Das ist die Frau, die alles hintertrieben hat, Käpt’n«, stellte sie klar.
    Mit einem lauten Zischen sog Dodger Luft durch die Zähne. »Nicht jetzt, Xtaska«, murmelte sie.
    Xtaska öffnete und schloss ihre rundlichen Händchen. »Wie soll man«, bemerkte sie, »ein Problem lösen, wenn wichtige Informationen unterschlagen werden?«
    »Untersteh dich«, sagte Dodger Gillespie.
    Angela herzte Tabeas Arm. »Das Netz ist Licht«, sagte sie. »Das N-Netz ist Fleisch. Das Netz ist
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