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Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Titel: Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Autoren: Paul McAuley
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auf die dunstigen karamell – und pfirsichfarbenen Bänder warf und an den Stellen, wo sie sich am Rand des Gasriesen vorbei auf die winzige Sichel eines der inneren Monde zubewegte, wie ein Diamant funkelte. Er hatte das Gefühl,
als würde er über all das herrschen, was er vor sich sah. Der einzige Betrachter dieser reinen, unheimlichen Schönheit. Und zum ersten Mal in seinem kurzen und merkwürdigen Leben war er Herr seines eigenen Schicksals.
    Vor seiner Geburt war er künstlich geschaffen worden und hatte während seiner Kindheit eine umfassende Ausbildung und Indoktrination erfahren. Dann hatte man ihn vor Beginn des Krieges nach Dione geschickt, um Paris zu infiltrieren, seine Infrastruktur zu sabotieren und die Stadt auf die Invasion der Streitkräfte Großbrasiliens vorzubereiten. Er hatte diese Mission mit Hilfe seiner beachtlichen Fähigkeiten bravourös gemeistert, aber der Aufenthalt unter den Außenweltlern hatte ihn verändert. Er hatte sich verliebt und langsam begriffen, was es wirklich bedeutete, ein Mensch zu sein. Und dann hatte er die Frau, die er liebte, für seine Mission verraten. Doch nun war er von jeder Schuld und Verpflichtung gegenüber Gott, Gaia und Großbrasilien befreit. Endlich konnte er tun und lassen, was er wollte. Und Zi Lei finden, um sie vor den Nachkriegswirren zu beschützen.
    So eilte er in überschwänglichen Kängurusprüngen weiter und verfolgte seinen langen Schatten über die Ebene. Mehrmals schätzte er die Landung falsch ein, stürzte in den aufwirbelnden Staub und verrenkte sich die verletzte Schulter. Doch das spielte keine Rolle. Er sprang wieder auf und eilte weiter, eifrig und glücklich, bis er am späten Nachmittag etwa sechzig Kilometer von seinem Landeplatz entfernt eine Schutzhütte erreichte.
    Hunderte dieser winzigen, unbemannten Stationen waren über die Oberfläche der unbewohnten Monde verteilt. Es handelte sich um isolierte Fullerenhüllen, die im Eis vergraben und von Feldern mit hohen silbrigen Blumen umgeben waren, die Sonnenlicht in Elektrizität umwandelten. Die
Hütten boten Wanderern und anderen Reisenden eine einfache Unterkunft für die Nacht. Der Spion nahm hastig eine Mahlzeit ein und fütterte den halblebendigen Verband, der die Schussverletzung in seiner Schulter bedeckte, mit etwas Zuckerlösung. Dann tauschte er den militärischen Druckanzug mit den Insignien Großbrasiliens, den er getragen hatte, gegen den Anzug aus, den er in der Hütte vorfand. Er passte sich besser seiner schlaksigen Gestalt an, und das Lebenspack hatte eine größere Reichweite. Dann füllte er eine Umhängetasche mit Vorräten und wanderte weiter zu einem Kraterrand, der vor dem Horizont aufragte. Er stieg die lange Anhöhe des abgesackten Grats hinauf und in der Nähe des Kamms fand er ein gutes Versteck in einer tiefen Spalte zwischen zwei hausgroßen Felsblöcken, die durch einen Einschlag vor Urzeiten zerschmettert und umgeworfen worden waren. Er rollte einen isolierten Kokon aus, kroch hinein und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Sechzig Stunden schlief er, während Diones langer Nacht und einem Großteil des darauffolgenden Tages. Als er erwachte, machte er sich auf den Weg zur nächsten Schutzhütte. Dort duschte er, aß, lud die Batterien seines Anzugs auf und füllte seine Luftvorräte nach, bevor er weiterwanderte.
    Auf diese Weise war er mehr als vierzig Tage unterwegs.
    Die Landschaft fiel in einer Reihe von breiten Terrassen zum Latium Chasma hin ab, einer langen, geraden Rinne, die durch eine gewaltige Flut ammoniakhaltigen Schmelzwassers in der Frühzeit Diones entstanden war, bevor der kleine Mond bis auf den Kern gefroren war. Er folgte der breiten Ebene am Grund des Chasmas, wanderte von einer Schutzhütte zur nächsten und schlief in flachen Spalten oder in den tiefen Schatten von Ausbuchtungen in der zerfurchten und gefältelten Oberfläche der steil aufragenden
Ostwand der Rinne. Er war sich sicher, dass er immer noch gesucht wurde, aber obwohl Dione nur etwas mehr als tausend Kilometer im Durchmesser maß, hatte der Mond eine Oberfläche von vier Millionen Quadratkilometern – halb so groß wie Australien. Und die Streitkräfte Großbrasiliens waren nicht besonders zahlreich und hauptsächlich in der Nähe von Paris im Einsatz. Dennoch bemerkte er hin und wieder sich rasch bewegende Lichtpunkte am schwarzen Himmel, die von Westen nach Osten flogen. Und dann fühlte er sich so ungeschützt wie ein Käfer, der über den Objektträger
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